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Cameron:



Es war total süß, dass Noah auf dem Weg in die Schule im Auto einschlief.

Es tat mir total leid, dass ich ihn aufwecken musste, doch konnte ihn ja wohl schlecht hier liegen lassen.

Tief in meinem Inneren fühlte ich mich großartig, weil er eingeschlafen war. Das hieß doch, er vertraute mir oder? Immerhin war er die ersten Monate bei jeder Autofahrt immer mehr als angespannt gewesen. Doch nun schlummerte er wie ein süßes kleines Baby.

Ich fuhr mit den Fingern seine stopplige Wange entlang, damit er aufwachte, aber es brachte nichts anderes, als dass er vom Fenster zu meinem Arm kippte und sich an diesen kuschelte.

Oh Mann.

Ich wollte ihr gar nicht aufwecken.

Ich nutzte die Möglichkeit, mit geschlossenen Augen an seinen Haaren zu riechen, spürte, wie sich mein Herzschlag noch mehr beschleunigte.

Verrückt.

Ich seufzte und strich Noah mit dem Daumen über die Wange. „Hei, Kleiner. Glaub mir, das tut mir echt leid, aber du musst aufwachen"

Ich hörte ihn brummen, während er seine Wange an meinem Arm rieb, seine Stirn reindrückte und sich dann seufzend aufrichtete.

„Hast du heute Nacht nicht viel geschlafen?" Eigentlich beantworteten diese Fragen seine Augenringe schon...

Er schüttelte den Kopf, drehte das Gesicht zu mir.

Erst dann bemerkte er, dass er seinen Arm noch immer um meinen geschlungen hatte. Doch er ließ ihn liegen, sah dorthin, während er mit den Fingern sachte meinen Unterarm entlang strich und dann seine Finger mit meinen verflocht.

Er sah auf unsere Hände und ich hoffte einfach nur, er würde nicht bemerken, wie schwitzig meine Hand gerade war. Denn ja, machte mich verdammt nervös.

„Weißt du, ich hab die ganze Zeit nachgedacht", meinte er, nahm die Unterlippe zwischen die Zähne. „...Über dich", murmelte er dann.

Ich seufzte.

Ich verfocht einen Krieg im Inneren, um meine Hand aus seiner zu lösen, doch ich schaffte es.

Diese Nähe tat uns einfach nicht gut.

Er sah mir nun in die Augen, verletzt. „Es tut mir leid, dass ich dir gesagt habe, dass du nicht mein Bruder bist... Es ist einfach so, dass..."

Er riss den Blick von mir los, sah auf seine Knie.

Ich war froh, dass er nicht weitersprach.

Er war nicht dumm. Er wusste, dass wir nicht den Umgang hatten, den wir haben sollten.

Nur war er mutig genug, es auch anzusprechen. Ich nicht. Deshalb sagte ich nichts, sondern stieg einfach aus.

Kurz danach folgte er mir.

Wir gingen zu unserem Platz, wo Sandy, Max und Alec schon auf uns warteten.

„Gott, du siehst ja schrecklich aus!" Sandy rannte an mir vorbei und direkt in Noahs Arme.

Er tätschelte ihr auf den Kopf und schob sie dann von sich weg. „Danke. Ich höre das echt immer wieder gern", meinte er, lief weiter und setzte sich auf die Bank, um die wir immer herumstanden.

Während ich Max und Alec begrüßte, setzte sich Sandy neben Noah, räumte ihre halbe Tasche leer und hielt dann triumphierend ein Fläschchen in die Luft, mit beigem Inhalt.

Sie öffnete es und beugte sich zu Noah runter, aber er wich aus. „Was zum Teufel hast du vor?"

Sandy klang genervt. „Ich mache dich ansehnlich, Schätzchen, die Augenringe sind ja nicht auszuhalten"

Also ich fand das gar nicht so schlimm. Klar, sah man sie ziemlich deutlich, aber attraktiv war er trotzdem und sah dadurch irgendwie wo geheimnisvoll aus wie ein Vampir oder so, weil er auch so dunkele Haare und blasse Haut hatte.

Ich grinste leicht wegen der Vorstellung und auch, weil Noah sich gegen Sandys Angriffe wehrte. Oder er versuchte es, solange, bis er mit einem genervten Seufzen nachgab und sich die Augenringe von Sandy abdecken ließ.

Als sie fertig war, klatschte sie zufrieden in die Hände, küsste seine vermutlich total kratzige Wange und räumte den Abdeckstift wieder weg.

„Schau, er sieht doch schon viel besser aus. Was meinst du, Cammy?" Sandy sah auffordernd zu mir hoch und Noah unsicher.

Ich lächelte ihn an. „Ich fand, du sahst vorher auch schon gut aus."

Seine Mundwinkel hoben sich erleichtert, seine Wangen erröteten leicht.

„Oh Gott, der wird doch jetzt nicht verlegen oder?" Max klang ungläubig.

Ich warf ihm einen bösen Blick zu.

Ich mochte es, Noah verlegen zu machen. Ich mochte alles, solange er da war. Als die Glocke ertönte, wurde Max von meinen Todesblicken befreit und wir gingen in unsere Kursräume. Diesen hatte ich mit Sandy und Noah und konnte mit beiden zusammen gehen.

Ich saß neben Sandy, aber weil der Platz neben mir früher immer von Matt besetzt gewesen war, war das jetzt noch frei und ich zog Noah dorthin.

Etwas verwirrt setzte er sich neben mich, was mich innerlich freute. Aber als ich mich dann daran erinnerte, warum das so war, verging mir mein Grinsen und ich wollte meinen Kopf einfach nur solange auf den Tisch schlagen, bis ich diese Stimme loswurde, die mir vorhielt, geradewegs in mein Unglück zu rennen.


Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt