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Noah:

Was soll ich tun?

Dave sagen, dass ich sein Gespräch mit Cam belauscht habe oder die Wahrheit, die ich tief in meinem Inneren ohnehin schon kannte, einfach weiterhin verdrängen?

Was ist das Richtige?

Das alles war mir zu viel.

Also überließ ich Dave die Entscheidung dadurch, dass ich es davon abhängig machte, ob er mit mir darüber sprechen wollte. Was er nicht tat.

Nein, das Frühstück verlief still, ich fühlte mich beobachtet und so, als stünde ich vor einer Zielscheibe, war froh, als wir zur Schule aufbrachen, da ich hoffte, Cam würde etwas anderes zu tun bekommen als mich verzweifelt anzustarren.

Vor dem Haus wartete wieder Alec auf dem Bordstein, weil er mitfahren wollte.

Cam meinte, er würde Dave erst noch zum Bahnhof bringen und Alec war einverstanden mitzukommen.

Die Fahrt verlief still.

Irgendwie war jeder mit seinen Gedanken beschäftigt oder damit, den der andern einfach aus dem Weg zu gehen.

Als wir am Bahnhof ankamen, fragte ich Dave, ob er Geld für ein Ticket brauchte, während wir alle aussteigen.

Er lachte leicht. „Kein Ding, Noah, ich fahre schwarz"

Ich sah ihn vielsagend an, wollte ihm schon eine Ansage machen, dass ich es hasste, wenn er mit dem Gesetz in Konflikt kam, als jemand mit einem Fahrschein zwischen uns herum wedelte.

Cam drückte den Zettel an Daves Brust und dieser seufzte „Danke, Mann"

Nachdem, was ich heute Morgen im Bad beobachtet hatte, wunderte es mich nicht mehr, dass Cam Dave in den Arm nahm und ihm kumpelhaft auf den Rücke klopfte. „Kein Ding, Alter. Melde dich, wenn du was brauchst..."

Dave nickte, lächelte Cam dankbar an und schaute dann zu mir.

Ich wollte gerade nichts lieber als ihn zu umarmen, aber hatte auch Angst, ihn nie mehr loslassen zu können.

„Komm schon her, Flitzer", bat Dave mich, musste mir meine Gedanken ansehen.

Keine Sekunde später drückte ich mich an seine Brust, ließ mir von ihm über den Kopf streichen, während er mich festhielt.

„Halt durch, Kleiner", flüsterte er in mein Ohr und gab mir einen Kuss auf den Kopf. „Lass ihn dir helfen. Er liebt dich. Sei nicht so wie ich, stoß nicht alle weg, die dir irgendwie helfen können. Ich verspreche dir, noch ein bisschen durchzuhalten. Weil ich dich liebe, okay?" Er schob mich etwas von sich weg, um seine Hände auf meine Wangen zu legen.

Schniefend sah ich zu ihm hoch. Schon wieder weinte ich. War das gestern nicht genug gewesen?

„Ich dich auch", hauchte ich kraftlos, streckte mich und drückte ihm meine Lippen auf die kratzige Wange. „Ich glaube an dich" ... enttäusch mich nicht.

Ich wollte Dave gar nicht mehr loslassen, es war mir egal, dass wir zu spät zur Schule kamen, aber irgendwann da kam Daves Zug und er drückte mich Cam in die Arme.

Bevor ich das mal begriff, klammere ich mich auch schon an ihn, atmete seinen vertrauten Duft ein, spürte seinen Körper an meinem, fühlte seine Hand über meinen Rücken streichen und seine Lippen an meiner Schläfe.

Ohne ihn wäre ich verloren.

Ich konnte nicht anders als es zu genießen, bei ihm zu sein, bekam nur am Rande mit, wie Dave Alec die Hand gab, sich für das Gespräch gestern Abend bedankte, das anscheinend hilfreich gewesen war, und schließlich ging.

Und das einzige, was mir blieb, war zu hoffen, dass er irgendwann wieder zurückkam.


Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt