Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)

36

Noah:

Ich hatte Kate dabei geholfen aufzuräumen.

Das hatte ziemlich lange gedauert, deshalb war mein Zimmer wieder leer, als ich zurückkam.

Aber wahrscheinlich war das auch besser so.

Ich hatte keine Ahnung, was Cameron vorhin vorgehabt hatte. Mich zu küssen schloss ich aus.

Vielleicht hatte er mir in die Nase beißen wollen oder eine Kopfnuss geben.

Aber dieses Händchenhalten mit ihm und diese intensiven Blicke, die verwirrten mich.

Ich verstand nicht, wie er mein Herz mit einem Blick dazu bringen konnte, viel zu schnell zu schlagen oder wie er es schaffte, dass ich total aufgeregt war, wenn er in der Nähe war. Wie er mich zum Lachen brachte und dieses Gesicht von meiner Brust nahm, als sei es nichts, wobei es mich aber immer erdrückte, wenn er nicht bei mir war.

Ich brauchte ihn, das wusste ich. Aber nicht auf die Art wie ich Dave brauchte.

Mitten in der Nacht rief ich meinen Bruder an. Ich wollte einfach seine Stimme hören, aber er nahm nicht ab.

Klar, vermutlich pennte er, sowie ich es eigentlich auch tun sollte, vor allem weil morgen Schule war.

Ich lag eigentlich die ganz Nacht nur wach und dachte nach.

Aber das war nicht so schlimm, ich hatte schon schlimmere Nächte gehabt.

Früh am Morgen gönnte ich mir eine kalte Dusche, damit ich wach wurde.

Da ich den wenigen Schlaf gewohnt war, würde ich so klarkommen, nur erschlug mich mein Blick in dem Spiegel fast.

Ich sah verdammt kacke aus.

Mein Bart stoppelte, meine Augen hatten tiefe Ringe und ich war total blass.

Toll. Mal wieder ein super Tag in meinem Leben aus super Tagen.

Ich entschied, mich nicht zu rasieren, weil ich einfach keine Lust hatte und mich doch eh keiner anschaute und selbst wenn, dann nur um etwas zu finden, über das sie lästern konnten, also wieso nicht neuen Gesprächsstoff liefern?

Sonst war das Leben all der anderen ja so verdammt langweilig.

Ich war erleichtert, dass Cam von meinen Narben wusste, denn deshalb musste ich mich nicht immer in mein Zimmer schleichen, sondern konnte wie ein normaler Mansch durch den Flur gehen.

Ich machte gerade die Badtür auf und trat raus, als die Tür zu Camerons Zimmer aufging und ich ihm am Abstand von 2 Metern gegenüberstand.

Er musterte mich, schluckte.

Als sein Blick viel zu weit unten hängen blieb, fiel mir auf, dass ich nur ein Handtuch um die Hüften trug.

Ich fragte mich, wieso er mich so anschaute, als wollte er mich vernaschen.

Ich meine, sein Körper war wow und meiner war so schrecklich normal. Alles an mir war normal und durchschnittlich, nur meine Psyche, die war am Arsch.

Nachdem ich auch Cam eine Weile gemustert hatte, fiel mir auf, dass er fast so fertig aussah wie ich.

Zwar hatte er keine Augenringe, aber ich sah es in seinem Blick, dass es ihm nicht gut ging.

„Was ist los?", fragte ich ihn daher.

Sein Blick sprang hoch in meine Augen, er schüttelte den Kopf. „Nichts. Du... Du bist hübsch, das ist alles" Dann drängte er sich an mir vorbei ins Bad, schloss die Tür und ließ mich verwirrt davor stehen.

Das hatte ich zwar gerade nicht gemeint, aber gut. Gegen Komplimente hatte ich nichts und das war mir wirklich ehrlich vorgekommen.

Ich ging in mein Zimmer, um mich anzuziehen und machte danach mein "Frühstück".

Dad war heute schon aus dem Haus, also saß ich mit Kate alleine am Tisch. Aber das war nicht schlimm. Wir verstanden und besser als zuvor, was unteranderem daran lag, dass ich auf ihre Gesprächsversuche einging und ihr Lächeln erwiderte, wenn auch zaghaft.

„Sag mal, Noah" Sie legte ihr Besteck weg und sah mich nervös an.

Ich setzte meine Tasse ab und sah sie fragend an.

„Wenn dein Dad und ich... Wenn wir heiraten würden..." Sie sprach den Satz nicht zu ende, weshalb ich nicht verstand worauf sie hinaus wollte.

Ich fand es sowieso total seltsam, dass sie nicht verheiratet waren, immerhin hatten sie ein Kind zusammen und waren seit 20 Jahren liiert.

„Was ist dann?", fragte ich also.

Sie schluckte. „Wäre das okay für dich?"

Ihr ernst? Ich war nur das Produkt eines Seitensprungs und sie fragte mich, ob sie ihren Freund heiraten durfte?

Musste ich das verstehen? War das sowas wie Logik, die nur für Frauen reserviert war?

Ich musste lächeln.

Trotzdem gab sie mir das Gefühl, dass meine Meinung etwas wert war. Dass ich das war. Dass ich wichtig war. Das mochte ich.

„Klar. Ich wüsste nicht, was dagegen spräche", meinte ich.

Kate atmete erleichtert auf. „Das freut mich"

Ich glaubte ihr das, denn ihre Augen strahlten förmlich.

Ich hoffte, auch mal jemanden zu finden, der mich so glücklich machte, wie mein Dad Kate, obwohl auch ich sicherlich Fehler machen und haben würde. Aber gerade diese schweißten wohl zusammen.