Spaziergang 6

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Alexander

Ich bin müde. Erst gegen drei Uhr in der nacht bin ich nach Hause gekommen und stehe nun Punkt um sechs wieder in der Küche der Familie Bane. Das Chaos ist zwar recht klein. Trotzdem weiß ich nicht wirklich wo ich anfangen soll. Im Esszimmer steht noch dreckiges Geschirr, was ich erstmal in die Spülmaschine einsortiere. Danach decke ich den Tisch neu und räume anschließend den ganzen Rest auf. Als ich fertig bin schaue ich wieder auf die Uhr. Es ist halb acht. Wo bleiben die anderen beiden? Als hätten sie meine Gedanken gehört kommt eine zerstreute Clary in die Küche. Hinter ihr ist Simon, der sich während des Laufens seine Krawatte bindet. "Oh Gott Alec. Es tut uns so leid. Wir waren beide einfach nur erledigt." Ich nicke und reiche den beiden Tassen mit Kaffee. "Alles gut. Ich hab alles geschafft und die Bane's sind auch noch nicht wach." Tatsächlich warten wir drei ganze zwei Stunden bevor sich etwas im Haus regt. In dieser Zeit hatten wir das komplette Erdgeschoss geputzt. Mrs. Bane kommt zusammen mit ihrem Mann die Treppe herunter und verlangt sofort ihren Tee. Magnus lässt sich die ganze Zeit nicht blicken und ganz automatisch frage ich mich, ob bei ihm alles ok ist. "Sie können für meinen Sohn wieder abdecken. Er wird sicherlich noch schlafen." Ich nicke Mrs. Bane nur zu und räume das Geschirr wieder ordentlich weg. Ich möchte gerade in den Keller gehen als die Tür aufgeht und die dunkelhäutige Frau das Haus betritt. Ihr Blick fällt sofort auf mich. "Guten Tag, soll ich ihren Mantel nehmen?" frage ich höflich. "Gern." Sie reicht ihn mir, wendet sich allerdings nicht von mir ab. "Ist Magnus schon wach?" Mit einem Kleiderbügel hänge ich den Mantel fein säuberlich auf. "Das weiß ich leider nicht. Soll ich ihnen einen Tee machen?" Kritisch sieht sie mich aus verengten Augen ab. „Ich helfe ihnen gleich." Ich widerspreche nicht. Wenn sie dem Wasser umbedingt beim kochen zu sehen möchte. Zu zweit gehen wir in die Küche. „Sie halten ziemlich lange durch." stellt die Frau fest während sie sich auf die Arbeitsfläche neben mir setzt. „Wie meinen Sie das?" frage ich, wende mich allerdings nicht von den Tassen ab. „Er vergrault eigentlich alle in den ersten Tagen. Dafür hat er ein Talent." Sie lächelt leicht und es scheint so als würde sie in Erinnerungen welken. „Die anderen haben wahrscheinlich keinen zweiten Blick riskiert." Fast überrascht sieht sie auf und dieses mal schaue auch ich ihr in die Augen. „Ich bin Cat." Ohne auf meine Reaktion zu warten ergreift sie meine Hand und schüttelt diese. „Alec." Sie lächelt und ich stelle fest, das ich sie wahrscheinlich mögen werde. Aber das behalte ich für mich. „Ich mag dich. Du redest so förmlich und bedacht. Aber es klingt so leicht und nicht gezwungen." Wir reden noch eine kleine Weile. Ich habe mich auf die Arbeitsplatte gegenüber von ihr gesetzt. „In den ganzen Jahren wo ich ihn kenne, war er immer der Magnus den ich kenne. Bis zu diesem Tief. Plötzlich hat er jeden fremden von sich gestoßen. Wo er doch so leicht Herzen erobern konnte. Seine Anwesenheit kann durch aus anstrengend sein, aber..." Ein Scheppern lässt uns herum fahren. "Können sie nicht aufpassen, Lewis." patzt eine bekannte Stimme und unterbricht unser Gespräch. „Lightwood. Helfen sie dem Butler. Und was halten sie meine Gäste auf. Können sie überhaupt etwas außer doof rum sitzen und ihre Uniform zu versauen?" Cat möchte schon dazwischen gehen aber ich halte Sie auf. „Entschuldigung, wir wussten nicht ob sie bereits erwacht sind. Ihr Tee ist aber schon fertig und ich habe ihn dieses mal heißer gekocht." Bei dem Wort ‚heißer' blitzen seine Augen kurz auf. Es interessiert mich kein Stück. Obwohl die Spaziergänge bis jetzt immer schön waren und mir Magnus gezeigt hat das er nicht so ist, wie er sich gibt, habe ich auch keine Lust mehr auf diese Art. Vor allem nicht wenn er andere damit verletzt. „Ich werde die Tassen hoch bringen." Er stellt sich plötzlich vor mich und so kleckere ich mit den Tassen. Das heiße Wasser tropft an meiner Hand herunter. Mir entfährt ein zischen. "Doch kein Profi im Kellnern." Mich überrascht es nicht, das er weiß das ich vorher in dem Restaurant meiner Eltern gearbeitet habe. Schließlich steht das auf der Internetseite, er ist der Sohn des Bürgermeisters und ich werde in den Rezessionen erwähnt. Mit einer neutralen Ausdruck sehe ich ihn an. "Kellnern war auch keine Voraussetzung für diesen Beruf." Damit gehe ich an ihm vorbei. In der Eingangshalle kniet Simon vor einen Scherbenhaufen. Überall sind kleine Pfützen. Das waren dann wohl mal Flaschen. An einem Finger kann ich eine kleine Schnittwunde ausmachen. "Warte ich helfe dir." Noch bevor ich irgendetwas tun kann, kommt wieder Magnus. Im Schlepptau Chat die Simon und mich mitleidig mustert. "Nein, sie schaffen erst die Tassen hoch." Langsam reicht es mir. Aber ich gebe ihm nicht Genugtuung. Ich behalte meine Emotionen für mich. "Ich kann die auch nehmen." wirft Cat ein, aber natürlich ist Mr. Bane anderer Meinung. "Nein kannst du nicht. Lightwood wird dafür bezahlt." Herausfordernd sieht er mich an. „Ich weiß nicht ob Tassen hoch tragen in meinem Arbeitsvertrag steht aber selbstverständlich werde ich das tun, wenn sie so nett gefragt haben." Ich drehe mich und schaffe die Getränke in das Wohnzimmer. Im Erdgeschoss helfe ich Simon und verbinde gleichzeitig seinen Finger. „Heute hat er einen schlechten Tag." Mit einem Lappen wische ich über den Boden. „Das rechtfertigt nichts. Man muss niemanden verletzten nur, weil man keinen guten Tag hat." Ich ringe den Lappen über dem Eimer aus. „Deine Probezeit ist morgen zu Ende." Ich sehe Simon in die Augen. Daran habe ich nicht gedacht. Wahrscheinlich stehe ich bald wieder in dem Restaurant meiner Eltern, die immer noch hoffen das ich es übernehme. „Ich hoffe du bleibst, einen besseren wird er nicht finden." Dankend nicke ich ihm zu. Nachdem das Chaos beendet ist, reinige ich noch die Sauna und lasse mir dabei viel Zeit. Ich denke nach und gehe mich danach auch schon umziehen. Als ich wieder nach oben ankomme sitzt Magnus auf den letzten Treppenstufen. Seine Arme stützen auf seinen Beinen. Sein Blick ist auf dem Boden gerichtet. So leise wie möglich versuche ich zu der Haustür zu gelangen aber er bemerkt meine Anwesenheit sofort. „Lightwood, würden sie mich wieder begleiten." Ernst sehe ich ihn an. „Es tut mir leid, Mr. Bane. Aber ich habe heute leider keine Zeit für sie." Ungeschickt steht er auf und kommt auf mich zu. „Ich wusste nicht das du nachtragend bist." sagt er leise. Dieser Mann ist ein Rätsel für mich. „Ich bin nicht nachtragend. Nur loyal. Mr. Lewis ist ein Freund und ich fand ihr Verhalten heute unangemessen und das ist eine Untertreibung." Ich war schon immer eine ehrliche Haut und viele Menschen kamen damit nicht zurecht das ich immer irgendetwas zu sagen hatte. Aber das war mir egal. Ich konnte genau so gut schweigen, obwohl das immer viel schmerzvoller als die ausgesprochene Wahrheit selbst ist. „Ach ja? Wollen sie noch mehr sagen?" Ich sehe die goldenen Sprenkel in seinen Augen und spüre den heißen Atem auf meinen Lippen. Es bildet sich eine Gänsehaut auf meinen Körper. Fast hätte ich es genossen. Aber eben auch nur fast. Mein Kopf war schneller. „Ich finde es schrecklich das sie die Angestellten immer so herablassend behandeln. Mrs. Fray und Mr. Lewis geben ihr bestes. Tee zu verschütten gehört zu ihren Stärken genau so wie die Menschen um sie herum zu demütigen. Ich weiß, das das nicht ihr wahres Gesicht ist. Aber schon allein das sie so etwas spielen ist einfach nur... schade. Sie sind ein so viel besserer Mensch. Ich weiß nicht, was mit ihnen passiert und ich weiß immer noch nichts über sie. Muss ich auch nicht. Aber wir stehen auf der selben Stufe auch wenn ich ihr Butler bin. Denn wir sind beides Menschen. Da sollte es keinen Unterschied geben." Magnus weicht immer mehr zurück. Ich sehe ihm an das er wütend ist. „Und was ist mit Ihnen Mr. Lightwood? Jedes Mal habe ich das Gefühl, das ich mit einem Stein rede. Mir kommt es nicht so vor als empfinden sie etwas. Wahrscheinlich sind sie dazu gar nicht fähig. Von ihnen kommt keine einzige Regung. Ein Mensch muss doch auch mal wütend werden. Aber nein, sie bleiben sachlich und das regt mich so ungemein auf. Sie tragen genau so ein zweites Gesicht wie ich, auch wenn es Ihnen vielleicht nicht auffällt. So etwas schreckt Menschen ab." Während er redet gestikuliert er mit seinen Händen. „Nicht alles glitzert bei dem ersten Blick." Schon sehr früh habe ich gelernt immer einen zweiten Blick zu riskieren. „Wir halten wahrscheinlich beide unsere Mitmenschen auf Distanz. Aber wenigstens trete ich niemanden mit Füßen." Ich sehe wie verletzt er ist. Trotzdem wende ich mich ab und verlasse das Haus.

...Fortsetzung folgt

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