Stille 6

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Alexander

Die Stille. Sie ist ein ganz eigenes Organ. Ein Organ welches die Kraft hat, Gefühle so präsent zu machen, das man sie nicht ignorieren konnte. Stille war etwas ganz feines, genießerisches. Es hatte ein Gesicht des Engels, in ihrer Hand hielt sie allerdings auch eine Maske des Teufels. Sie konnte da sein, wenn man sie nicht wollte. In ihrem Charakter fand man die Antworten, die man suchte. Für mich war sie eine Frau. So unscheinbar, das man oft an ihr vorbei lief. Erst wenn man sie berührte und sie ihre Hand schützend über uns legte, wurde uns die Stärke dieser Frau bewusst.

Sie reichte gerade der Liebe ihre Hand, die sie mit jedem neuen Augenblick mehr ergriff. In meinem Bauch flogen die Zitronenfalter, schwärmten in meinen ganzen Körper aus. Sie hinterließen die Schwerelosigkeit, die man nur glücklich spüren konnte.

Zwischen Magnus und mir lag kein Zentimeter mehr. Unsere Lippen streichelten sich mit Druck und Sanftheit. Mir wurde schwindelig dabei. Deswegen klammerte ich mich nur noch mehr an ihn. Ich würde mich nie wieder von ihm lösen können. Es war ein wahrhafter Kuss, der mir in Mark und Bein führte. Er erfüllte jede Zelle und jede Zelle fühlte ich.

Durch den Körperkontakt spürte ich wie er erzitterte. Sein Körper bebte für mich. Er war mein Vulkan, der jede Zeit ausbrechen könnte und ich wäre dafür bereit. Zart streife ich meine Zungenspitze über seine befeuchtete Unterlippe. Magnus öffnete seinen Mund leicht, begrüßte meine Zunge mit seiner eigenen.

Die Luft wurde immer weniger und gern würde ich jetzt auf diesen lebenswichtigen Sauerstoff verzichten aber ich habe diesen mann erst jetzt gefunden. Ich brauchte viel mehr Zeit mit ihm. Kleine Schmetterlingsküsse hauchte ich wie vor diesem atemberaubenden Kuss auf seine Wange und seine Stirn. Dabei ließ er seine Augen geschlossen. Seine Hände waren in mein Revers gekrallt, hielten mich ganz nah bei ihm.

Ich beobachtete meine Schönheit, während ich mit der einen Hand durch seine Harre fuhr. Mit meinen freien Daumen küsste ich erneut seine Lippen. "Ich glaube ich bin verliebt." Ich laß die Worte, wie Buchstaben in einem Buch. Nur verinnerlichen konnte ich sie nicht. Verführerisch sah er zu mir auf und mit meinen Lippen formte ich ein "Ich auch." Es war von keinem einzigen Ton begleitet. Lippen lesen war nicht immer so einfach. Es brauchte Konzentration und trotzdem war ich sicher, das er sie verstanden hatte. Ich selbst formte meinen Mund ungern zu Wörtern. Es fühlte sich ganz komisch an, wenn da gar nichts kam.

"Darf ich heute Abend wieder zu dir kommen?" Magnus Griff lockerte sich nur leicht. Mit einem Lächeln nickte ich. "Dann bis heute Abend, Darling." Das letzte Wort betonte er besonders, weswegen ich es auch verstand. Ein Kuss von mir auf die Schläfe, welcher aussagte das er auf sich aufpassen sollte. Magnus nickte mir ein letztes mal zu bevor er tänzelnd mein Büro verließ. Natürlich wieder mit dem Mundschutz. Nur kurz zwinkerte er mir an der Tür nochmal zu. Grinsend schüttelte ich mit dem Kopf.

Gerade als ich mich hingesetzt hatte, stand Izzy bereits im Zimmer. Sie wackelte mit ihren Augenbrauen, während sie ihren Mundschutz abnahm. Ich biss mir leicht auf meine Zunge um nicht zu grinsen aber es war nicht möglich. Meine Mundwinkel mussten sich heben.

Die gestandene Geschäftsfrau klatschte grinsend in die Hände. Wahrscheinlich machte sie noch irgendein Geräusch dazu, welches mir verborgen blieb. In dem Sinne war es vielleicht auch besser für die Ohren wenn man es nicht hörte.

Izzy bewegte schnell ihren Mund und ich schnappte nur die Worte "Kuss" und "Fangirl" auf. Eine Verbindung dazu konnte ich nicht aufbauen. Es ist lange her, das Izzy mal vergessen hat normal zu reden und nicht so schnell. Mit meinen Händen gab ich ihr zu verstehen, das sie ihre Worte bitte wiederholen sollte.

"Habt ihr euch geküsst? Wenn ja, werde ich euer größtes Fangirl." Stumm lache ich. Izzy tritt dabei schnell um meinen Tisch herum und legt ihre Hand auf meine Brust. Das hat sie sich von unseren Eltern abgeschaut. Ich lasse ihr diesen Augenblick bevor meine Hände den Satz "Dann darfst du jetzt wahrscheinlich das Fangirl sein" formen. Sie umarmt mich und setzt sich dabei auf meinen Schoß. Meine Arme umschlungen ihre Taille. Ich bin froh sie zu haben.

Am Nachmittag stehe ich mit meinen Mundschutz vor der Personalumkleide. Mit unfassbarer Ungeduld warte ich auf meinen Angebeteten. Als dieser dann in seinen Klamotten aus dem Raum tritt, reiche ich ihm meine Hand die er gerne ergreift. Den Abstand müssen wir wahrscheinlich nicht mehr einhalten. Ich meine, wir haben uns geküsst. Zudem darf ruhig jeder wissen, das er zu mir gehört. Auch wenn es noch nicht offiziell ist. Oder vielleicht doch?

In der Wohnung setzen wir zu aller erst den Mundschutz ab und atmen tief durch. Im Augenwinkel sehe ich, wie sich sein Mund bewegt. Auch Magnus scheint es zu bemerken und stoppt während sein Mund offen steht. Ich lächle ihn an. Er muss sich deswegen nicht schlecht fühlen. Selbst Izzy redet manchmal drauf los, obwohl ich gerade mit dem Rücken zu ihr stehe.

Nah trete ich an ihn heran und lege eine Hand an seine Wange, streichle dabei sanft die sensible Haut an seinem Hals. Durchdringend sehe ich ihn an, gebe ihm somit zu verstehen das alles ok ist. Für ihn und auch für mich ist das alles neu. Niemand hat gesagt, das wir beide sofort alles richtig machen.

"Ich habe eine Idee" sagt er dann so, das ich es ganz leicht von seinen rosafarbenen Lippen ablesen kann. Ich ziehe nur meine Augenbraue fragend nach oben. Aus seiner Tasche holt er Schutzhörer. "Ich möchte wissen wie es ist, ohne jegliche Geräusche." Schnell holte ich mein Tablet und schrieb nur "Sicher?" darauf. Magnus nickte und setzte sich dann die Hörer auf.

Ich ergriff seine Hand und lief dann mit ihm zur Musikanlage. Er sollte den Bass spüren. Ich wollte mit ihm tanzen. Auf das Tablet schrieb ich "Du musst jetzt genau hinhören." Magnus runzelte seine Stirn und formte seine Lippen. "Wie? Ich höre doch nichts." Schnell gab ihm einen Kuss bevor ich auf Play drückte.

...Fortsetzung folgt

Malec KurzgeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt