Ich sah ihn an.
Seine dunklen Haare waren lässig nach oben gegelt. Er sah verdammt sexy aus. Aber Halt!
-Du hast gerade die Trauerfeier deiner besten Freundin überstanden, bist totunglücklich und alles, woran du gerade denkst ist, wie sexy dieser fremde Typ ist, dem du bisher erst ein Mal begegnest bist.- verfluchte innere Stimme. Wie recht du doch hast!
Ich wandte mich ab und weinte weiter vor mich hin.
"Was ist nun? Willst du ein Taschentusch oder nicht?", fragte er gereizt.
Sehr einfühlsam von ihm. Ich dachte daran, ihn anzumotzen und zu schreien, aber ich kannte diesen Typen nicht. Ich wusste nicht mal, ob er überhaupt weiß, was mit mir los ist. Warum ich weinte. Also schwieg ich.
"Hey, komm schon. Was ist überhaupt los mit dir? Ist irgendwer gestorben oder was?", scherzte der Fremde.
Tja, leider hatte er recht. Er wusste also rein gar nichts. Sofort fing ich schrecklich doll an zu weinen. Er hatte in einen wunden Punkt getroffen und es auch noch als Scherz formuliert. Allerdings kam er zu dieser Erkenntnis auch alleine.
"Scheisse! OMG, das tut mir jetzt echt verdammt Leid! Ich konnte ja nicht wissen..."
Weiter kam er nicht, denn ich fand meine Stimme wieder: "Ich hätte gerne das Taschentuch!"
"Was? Ach ja, klar. Moment", er kramte in seinem Rucksack nach einer Packung Tempo's und reichte sie mir.
"Danke", wisperte ich knapp.
Wo war der Macho vom Strand geblieben? Plötzlich war er ganz nett zu mir, obwohl er mich nicht kannte. Er wusste ja nicht einmal meinen Namen. -Ach stimmt, du weißt seinen auch nicht, Kylie- hau ab, dumme Stimme in meinem Kopf!
Ich schnaubte kräftig aus und wischte mir mit meinem Handrücken Tränen aus den Augen. Aus meinen verheulten Augen konnte ich allerdings noch ziemlich gut beobachten, dass der Fremde mich ansah. Es war mir egal. Man sieht sich immer zwei Mal im Leben. Das war unser zweites Mal und da ich ihn noch nie hier in Grover Beach gesehen habe, halte ich an meiner These fest, dass er ein Tourist ist. Wahrscheinlich wollten seine Eltern langweilige Sachen unternehmen, weshalb er sich entschied alleine durch unsere kleine Stadt zu laufen. Das wäre dann zwar ein ziemlich langer Urlaub, da ich ihn bereits das erste Mal, an dem Tag, wo Ellie gestorben ist gesehen hatte, aber manche Leute verbrachten ihre Ferien vielleicht gerne in einem langweiligen Ort mit langweiligen Menschen und taten dort langweilige Sachen. Meine Stimmung war wirklich im Keller...
Er war die ganze Zeit stumm und überließ mich meinen Gedanken.
"Ich bin übrigens Luke", sagte er schließlich.
Ich hatte mich wieder etwas beruhigt und antwortete knapp: "Kylie."
Er nickte ich schaute mich wieder an: "Toller Name"
"Danke", dieser Moment lebte nicht von vielen Worten.
Das merkte er wohl auch und fragte: "Geht's wieder?"
"Mir geht's gut, danke", ich war noch nie ein Freund vieler Worte gewesen. Und was ich am wenigsten konnte, war lügen! Denn Luke wusste, dass es mir Ganz und Garnicht gut ging. Tränen rannten nur noch vereinzelt über meine nasse Wange. Ich hatte mich schon, so gut es eben ging ,eingekriegt und machte mich ans Aufstehen. Doch ich wurde zurückgehalten. Seine große Hand umfasste mein zartes Handgelenk und ich hatte Angst, er würde es gleich zerquetschen. Dann lockerte sich sein Griff und ich sah von meinem Handgelenk auf, direkt in sein wunderschönes Gesicht.
"Ich glaube, ich sollte dich lieber begleiten!"
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One Wave
Teen FictionKylie Evans' Leben ist toll. Oder es war toll. Nachdem sie eigentlich alles richtig gemacht hat, will das Schicksal es ihr trotzdem nicht gönnen, ein unbeschwertes Leben zu führen. Verluste und neue Bekanntschaften machen dem schüchternen Mädchen da...