Es war schön warm.
Ich ließ mich einige Zeit von den sanften Wellen gleiten und spürte immer noch Lukes Hand in meiner. Über meinen Atem dachte ich gar nicht nach. Nie hatte mich ein Junge in eine so derartige Actionszene hineingezogen, vor der ich sonst weggelaufen wäre, und doch liebte ich es. Dieses Gefühl mit unseren Händen ineinander verschlungen im Wasser zu treiben war unbeschreiblich. Er nahm mir meine Angst. Ich hatte mir geschworen, nie wieder ins Wasser zu gehen, doch bei Luke fühlte ich mich sicher.
Plötzlich wurde ich jedoch an die Oberfläche gezogen. Ich strich mir meine nassen Haare nach hinten und rieb mir die Augen. Dann blinzelte ich und sah ihn, ganz dicht vor mir. Mein Tanktop hing schlaff an meinem Körper und meine Jeans lag schwer an meinen Hüften.
Ich schaute geradewegs in die unglaublich schönen Augen von Luke. Die grünen Sprenkel glitzerten in der Sonne golden und sein dunkles Haar klebte zerzaust an seiner Stirn. Kurz und knapp, er sah so verdammt heiß aus!
Er hob seine Hand und strich mir eine nasse Strähne hinters Ohr, ohne dabei den Blick von meinen Augen zu wenden. Sein Blick durchbohrte mich.
"Du bist wunderschön!", flüsterte er mit seiner rauen Stimme.
Ich antwortete gar nichts, sondern schaute ihn durchdringlich an. Mein Blick sollte sagen: JA, bitte ja. Küss mich jetzt einfach!
Und es schien zu funktionieren. Sein Gesicht kam immer näher. Er sah mir abwechselnd in meine Augen und dann wieder auf meine Lippen. Ich wusste, dass er mich jetzt küssen würde. Und ich musste mir eingestehen, wie lange ich dies doch schon wollte.
"HEY! Geht es Ihnen gut?", schrie eine unbekannte Stimme von den Klippen.
Lukes Lippen streiften meine ganz kurz, doch die Stimme ließ ihn innehalten. Och ne.. Das konnte doch echt nicht wahr sein! Er entfernte sich wieder und schaute auf den Abgrund über uns. Ich ließ meine angespannten Schultern sinken und atmete einmal tief ein.
"Alles in Ordnung!", schrie er zurück, "Keine Sorge"
Ich sah, wie der fremde Störenfried sich umdrehte und davon ging. Luke drehte sich zu mir.
"Vielleicht sollten wir wieder zum Auto gehen", meinte er und sah mich entschuldigend an.
"Ja, du hast wahrscheinlich recht!", nuschelte ich zurück und kämpfte mich durch das Wasser.
Links sah ich einen schmalen Weg, der direkt hoch zum Parkplatz führte und steuerte an ihn zu. Luke folgte mir schweigend.Gemeinsam kletterten wir den steilen Weg hinauf. Als wir es endlich geschafft hatten, lief ich schnell zu Lukes schwarzen Range Rover und riss eine Hintertür auf. Ah ja, ein Handtuch. Auf dem Rücksitz lag ein Handtuch. Da hatte ich mich vorhin doch nicht verguckt.Ich wickelte mich in ihm ein und drehte mich um, um zu schauen, ob Luke schon bei mir war. Und da stand er, klatschnass. Durch sein nasses T-Shirt zeichneten sich deutlich seine Bauchmusteln ab, die wirklich unglaublich groß waren. So einen schönen Bauch hatte ich noch nie zuvor gesehen, wenn man mal davon absieht, dass ich allgemein noch nie einen Bauch so betrachten konnte.
"Ist unter dem Handtuch noch Platz?", fragte er mich zögerlich. Ohne ein Wort ging ich zu ihm hinüber und streckte meinen rechten Arm aus, damit ich ein Stück des Handtuches um seinen Körper wickeln konnte. Er duckte sich leicht, da er um Einiges größer war, als ich. Also legte ich meinen Arm um seine Schultern und hielt mich fest. Das alles war allerdings sehr unbequem, was auch Luke bemerkte. Durch seine geduckte Haltung war es für ihn bloß unbequemer, als für mich.
"Setz dich hin!", forderte er mich auf.
Ich ließ das Handtuch los und setzte mich auf das Gras. Er ließ sich direkt neben mir fallen, legte das große Handtuch zur Seite und zog mich an sich. Nun lehnte ich an seinem kräftigen Körper, wie ja nicht das erste Mal, und schloss meine Augen. Luke nahm vorsichtig wieder das Handtuch auf und wickelte es um uns beide. Zusammengekauert saßen wir auf dem Parkplatz und schwiegen.
"Warum bist du plötzlich so nett zu mir?", brach ich nach einigen Minuten das Schweigen und hob meinen Kopf, um ihn ansehen zu können.
"Ich weiß nicht. Vermutlich mag ich dich", gab er kleinlaut zurück.
"Magst du denn nicht alle deine Mädchen?",fragte ich.
"Nein. Du bist anders", meinte er und schaute in den Himmel.
"Kannst du bitte immer so sein?", ich hatte Hoffnung, dass er doch nicht so war, wie ich immer dachte.
"Mal sehen", antwortete er knapp. Wieder schwiegen wir und ich reckte meinen Kopf zur Sonne.
"Bist du Surfer?", brach ich erneut unser Schweigen, da ich einiges über ihn erfahren wollte.
"Nein. Das ist nicht so meine Welt. Du weißt doch, dass ich in der Footballmannschaft bin", erklärte Luke mir," Aber du surfst!"
"Ich habe gesurft. Jetzt nicht mehr", erzählte ich traurig.
"Warum nicht?", fragte er.
"Ich habe Angst!", wimmerte ich. Der Schmerz um Ellie saß noch zu tief.
"Sie war deine beste Freundin, hab ich Recht?", plötzlich schnitt er meine Wunde erneut auf und ich fing an zu weinen.
"Das stimmt!", gab ich unter Tränen zurück.
"Das tut mir so leid!", flüsterte Luke und strich mir über die Haare.
"Du kannst es nicht ändern. Hätte ich doch bloß nicht mein dummes Handy vergessen, dann wäre sie nicht alleine ins Wasser gegangen. Ich habe immer sehr lange gebraucht zum Umziehen. Sie hätte auf mich gewartet und wäre nicht ins Wasser gegangen!", die Trauer floss nur so aus mir heraus.
"Du kannst gar nichts dafür, Kylie! Gar nichts!", versuchte er mich zu beruhigen.
Luke schlang seine starken Arme um mich und hielt mich fest. So vergingen viele Minuten, in denen wir einfach dasaßen, ich weinte und er mich tröstete. Alles was vorhin zwischen uns passiert war, oder besser, fast passiert war, war in diesem Moment vergessen. Wir waren wie zwei Vertraute, wie beste Freunde und so verrückt sich das auch anhören mag, ich glaubte an seine gute Seite. Ich glaubte fest daran, dass er doch anders war, als er immer vorgab. Ich musste es bloß noch aus ihm herauslocken.
Luke war meine neue Mission!
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One Wave
Teen FictionKylie Evans' Leben ist toll. Oder es war toll. Nachdem sie eigentlich alles richtig gemacht hat, will das Schicksal es ihr trotzdem nicht gönnen, ein unbeschwertes Leben zu führen. Verluste und neue Bekanntschaften machen dem schüchternen Mädchen da...