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༺💘✹              ROMY               ✹💘
»Ich hab es geahnt«, hört sie Carters Stimme wie durch eine Nebelwand leise neben sich.

Sowieso nimmt Sie um sich rum beinah nichts mehr wahr. Es ist als hätte sich ein Loch vor ihr aufgetan, in das sie fällt und fällt, aber unten nicht ankommt.
Jemand hält die Fäden in der Hand und sie ist die Marionette, die sich führen lässt.
Es kann doch alles nicht sein.

Romy ist zu einem Eisblock erstarrt, den Blick aus das Seitenfenster des Autos gerichtet, ohne zu wissen, wie sie auf den Beifahrersitz gekommen ist.
Auch als sie ihre Wohnung erreichen ist es als sei sie auf dem Sitz festgewachsen.
Sollte jetzt nicht der Moment sein, wo man mit Glücksgefühlen überströmt wird?
Aber da ist nichts außer riesige Backersteine in ihrem Bauch.

Carter öffnet ihren Anschnaller mit einem leisen klicken. Seine kalte Hand an ihrer Wange lässt sie zusammen zucken. Sie schaut ihn an, kann seinen Blick nicht einfangen, sieht durch ihn hindurch, als sei er gar nicht da.

»Alles wird gut», zu gerne würde sie seinen Worten Glauben schenken.

Schwanger. 12. Woche. Taylor.

Diese Gedanken sind die einzigen, die sie in der Lage ist zu denken. Sie drehen sich in ihrem Kopf und finden kein Ende. Romy kann doch jetzt keine Mutter sein, wo ihr Leben ein reinster Scherbenhaufen ist.

»Wie konnte das passieren?«
Sie haben immer verhütet. Wieso ist ausgerechnet sie der eine Prozent der trotz Pille schwanger wird?
Das ist einfach nicht fair.

«Du solltest am besten wissen wie das passiert ist», Carter lächelt leicht, doch Romy ist nicht nach Lachen zumute. Sie steht unter Schock und die Wahrheit kommt nicht in ihrem Kopf an.

Schwanger. Niemals.
Bestimmt hat der Arzt einen Fehler gemacht, wahrscheinlich kommt gleich der erlösende Anruf, dass all das nur ein übler Scherz ist.

«Lass uns reingehen.»
Wie in Trance steigt sie aus dem Auto und folgt Carter die Treppe nach oben.

Ihre Bewegung ist mechanisch, gleicht die eines Roboters, als wäre sie nicht in ihrem Körper, sie steht neben sich und steckt in einem üblen Traum.
Romy setzt sich auf die Couch, zieht die Beine an, sodass sie Ihren Kopf auf die Knie legen kann und starrt Löcher in die Luft.
Carter geht in die Küche und macht ihnen einen Tee.
Seine besorgten Blicke, als er zurückkommt stechen wie Nadelstiche auf Ihrer Haut.

»Ich schaff das nicht allein. Ich werde eine grauenhafte Mutter sein», sie schlägt die Hände vors Gesicht und beginnt zu schluchzen.
Sie ist mit sich selbst nicht im reinen.
Es kann einfach nicht funktionieren.

Die Tränen fließen wie im Sturzbach und hinterlassen dunkle Flecken auf der Couch.
Immer noch wartet sie auf diesen Anruf das alles eine Lüge war, aber natürlich kommt er nicht.

»Du bist nicht allein. Ich bin da. Und Taylor mit Sicherheit ebenso, wenn Du ihn lässt?»
Bei dem lauten aussprechen seines Namens zieht sich ihre Brust schmerzhaft zusammen.
Das Loch wird immer größer.

Taylor.
Wie wird er darauf reagieren, wenn er es erfährt? Vielleicht denkt er es ist nicht von ihm, wo er glaubt sie hat einen anderen. Er wird sie weg schicken mit diesem zornigen Ausdruck im Gesicht und komplett mit ihr brechen.
Vielleicht aber auch nicht. Bei diesem Gedanken sieht sie seine Augen vor sich, voller Liebe und Hoffnung.
Sie haben sich geliebt, waren nicht stark genug sich für immer festzuhalten und rudern jetzt allein auf dem endlosen Wellen der Einsamkeit und Traurigkeit.
Was würde es ändern? Es kommt ihr mehr als falsch vor ein Baby zu nutzen, um ihn an sich zu binden, das wäre niemals eine Basis.

«Du wirst es ihm doch sagen Romy?« Sie beißt sich auf die Lippe.

Wie soll sie ihm etwas sagen, was sie selbst kaum begreifen kann?
«Ich weiß es nicht«, ihre Stimme bebt und sie ist erneut den Tränen nah.

Ein Baby wird ihn um Jahre zurückwerfen. Das ist bestimmt nicht das, was er sich zur momentanen Situation für sein Leben gewünscht hat, wo er doch jetzt erst richtig damit angefangen hat den richtigen Weg zu finden.
Sie muss es irgendwie allein schaffen.

«Er hat ein Recht darauf. Außerdem wirst Du es irgendwann nicht mehr verstecken können. Taylor ist nicht dumm«, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Seine Worte klingen wie eine Anklage.

Carter hat recht.
Allerdings braucht sie mehr Zeit, um die richtigen Worte für diese Nachricht zu finden.

«Ich werde es ihm sagen. Aber nicht sofort. Erst muss ich es selbst verstehen«, sie schluckt ihre Tränen herunter und schaut Carter mit verschleierten Blick an.

»Okay. Zwei Wochen nicht länger sonst verpasst er zu viel und das ist nicht fair.« Seine Worte lassen keinen Widerspruch zu und Romy möchte lieber gar nicht erst wissen, was geschieht, wenn sie es bis dahin nicht getan hat.

Diese Forderung fühlt sich ein bisschen wie Verrat an ihre Freundschaft an und trotzdem weiß sie, dass er sie damit nicht ärgern will, sondern nur ihr Bestes will.
Zwei Wochen also.

«Matty klärt alles, bevor Du zu ihm gehst.« Es erleichtert sie, dass das, indem Moment wo sie zu ihm geht nicht mehr zwischen ihnen stehen wird.

Ihr hat er ja nicht zugehört, als sie es klären wollte und mit Sicherheit würde er auch jetzt nicht zuhören, wenn sie zu ihm ging. Zu groß ist seine Enttäuschung.
Sie rollt sich wie ein kleines Paket auf dem Sofa zusammen und ihr bester Freund streicht ihr über den Kopf.
Der Arzt sagte, dass es ihr bald besser gehen wird, was die Übelkeit und ihren Schwindel betrifft. In der Regel dauert es drei Monate lang und dann sollten der Körper sich an die Veränderung gewöhnt haben.

Romy lauscht in sich hinein und legt ganz behutsam eine Hand auf ihren Bauch. Irgendwann wird dort eine große Kugel sein, jetzt ist da ein kleines Würmchen.
Ihr kleines Würmchen.
Und Taylors.

Wenn er es will wird er ein großartiger Vater sein, mit vielen Ecken und Kanten, aber echt.
Er würde sich bemühen, dass es seinem Kind tausendmal besser geht als es ihm früher ging und er würde es lieben mehr als alles auf dieser Welt.
Das Wesen in ihrem Bauch wird sie für immer miteinander verbinden, das Band, was sie zusammenhält, ist so stark, dass sie es fast flattern sehen kann.
Keine Schere auf der Welt wird je so scharf sein können, um es zu durchtrennen.

Mit etwas mehr Optimismus schaut sie in die Zukunft.
Egal ob es für sie und Taylor eine gemeinsame Zukunft geben wird, wenn er weiß, dass sie von ihm ein Kind erwartet würde er sie niemals im Stich lassen. Sie ist sich dessen mehr als bewusst und allein deswegen beginnt ihr Herz schneller zu schlagen.

Egal wie es ausgeht.
Alles wird wieder gut.

Only one Time - Ein einziges Mal (abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt