Der Teufel trägt Jordans | 1

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Zum zweiten Mal überhaupt betrat Vincent Nash das Penthaus von Jordan Everton. Die Frau, die er vor wenigen Tagen noch als seine Freundin bezeichnet hatte. Doch das war gewesen bevor er herausgefunden hatte, dass sie ein Verbrechergenie war, das den Großteil der organisierten Kriminalität dieser Stadt kontrollierte. Ihr Einfluss reichte sogar noch weit darüber hinaus und das waren nur die Dinge, die er und das FBI erahnten. Sie konnten ihr kaum etwas nachweisen, aber im Moment reichte es, dass sie sie auf frischer Tat dabei erwischt hatten wie sie Schwarzmarkt-Ware versteigerte. Dafür mochte sie vielleicht in den Knast wandern, aber für Vincent war es lange nicht genug.

Er fühlte sich verraten. Er war sich sicher, dass sie ihn nur ausgenutzt hatte um an Informationen zu kommen und das schmerzte. Er hatte ihr vertraut - mehr noch - aber sie war nicht diejenige, die sie vorgegeben hatte zu sein. Sein Magen verkrampfte sich schmerzhaft, wenn er daran dachte was er alles zu ihr gesagt hatte. Jedes Wort war ehrlich gewesen und es fühlte sich an als hätte sie ihm diese Worte gestohlen. Und obwohl er in der Zwischenzeit wusste, dass sie sie nicht verdient gehabt hatte, konnte er sie nicht mehr zurücknehmen.

Er gab es zwar nur ungerne zu, aber er hatte sich in sie verliebt. Jetzt war davon nur noch Hass übrig.
Vincent sah sich in dem weitläufigen Apartment um. Es hatte sich nicht verändert, trotzdem sah es anders aus. Vielleicht lag das aber auch nur an seiner neue Sichtweise. Als er das erste Mal aus den bodenhohen Fenstern über die Stadt gesehen hatte, war ihm der Vergleich mit einem König in den Sinn gekommen, der sein Blick über sein Reich schweifen ließ. Inzwischen war ihm klar wie passend sein Vergleicht tatsächlich gewesen war. Es gab kaum etwas in der Stadt, das nicht unter Jordans Einfluss stand und wenn sie wollte, dass etwas passierte, dann passierte es mit größter Wahrscheinlichkeit auch. Sie war die Königin und er verachtete sie dafür.

„Wow", entfuhr es Dean Nolan, als er neben seinen Partner trat, „Du musst leider zugeben, dass sie echt Stil hat."

Vincent zuckte mit den Schultern. Das Penthaus war geschmackvoll eingerichtet und er hatte ungefähr das gleiche gedacht, als er es das erste Mal gesehen hatte. Er wollte nicht wissen wie viel das alles hier wert war, aber das war es nicht, was ihn damals beeindruckt hatte. Es war Jordan an sich gewesen. Sie war erst siebenundzwanzig Jahre alt und hatte schon so viel Geld verdient gehabt, dass sie bis an ihr Lebensende ausgesorgt hätte. Trotzdem war sie erstaunlich bodenständig geblieben. Vermutlich bodenständiger als die meisten Normalverdiener.

Er ging einige Schritte hinein.

Nolan rieb sich die Hände als er ihm folgte. „Dann lass uns das alles mal auseinander nehmen."

Trotz allem wog der Durchsuchungsbeschluss, der in Vincents Tasche lag, schwer. Auf der einen Seite wollte er nicht in Jordans Privatsphäre eindringen. Die andere Seite, die nur darauf brannte ihre Leichen im Keller zu suchen, ärgerte sich darüber.

Schließlich gab er sich einen Ruck, schloss die Tür hinter sich, streifte sich die Handschuhe über und begann sich nach Verstecken umzusehen. Dabei suchten sie nach allem, was Jordan irgendwie mit dem organisierten Verbrechen in Verbindung bringen könnte. Dokumente, Briefe, gestohlene Gegenstände, Fotos. Egal was. Aber Vincent bezweifelte, dass sie überhaupt irgendetwas finden würden.

„Willst du das Schlafzimmer übernehmen? Oder soll ich?", riss Dean ihn aus seinen Gedanken. Sein Blick fiel auf den Flur, der neben ihrem Schlafzimmer in ihren begehbaren Kleiderschrank und ihr Bad führte. Nolans Feingefühl hielt sich meistens in Grenzen, aber immerhin besaß er genug davon, um beim Thema Jordan vorsichtig zu sein. Er konnte nur erahnen, dass es seinem Partner mit dieser Frau ernst gewesen war, aber seit er ihn kannte, hatte er ihn noch nie so erlebt. Und sie kannten sich schon lange.

Vincent zögerte. Es widerstrebte ihm in ihren Rückzugsort einzudringen, doch er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Dean in ihrer Unterwäscheschublade herumwühlte.

Criminal 2 - Das Spiel des TeufelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt