Knockout | 6

340 30 3
                                    

„Jordan", sagte auf einmal Vincent. Er hatte sich von der Wand abgedrückt und schüttelte jetzt den Kopf. „Tu das nicht."

„Ach, jetzt auf einmal soll ich Rücksicht nehmen? So wie ihr auf mich Rücksicht genommen habt? Ich mache dieses kleine Spielchen nur fair." Ich war zu sehr in Rage, um die Konsequenzen zu überdenken. Kingston war etwas gelungen, was nicht viele Menschen schafften. Ich verlor die Beherrschung. Deshalb richtete ich mich auf und spürte die Macht, die ich über sie hatte. Und verdammt, es tat so unglaublich gut ihnen endlich zeigen zu können, dass ich ihnen überlegen war. Denn ich musste nicht verstecken welches Monster ich war.

Sie wollten die skrupellose Kriminelle? Sie sollten sie bekommen.

„Sie wissen gar nichts!" Kingston ballte die Fäuste und auf meine Züge legte sich ein teuflisches Grinsen.

„Glauben Sie, ich habe mich nicht informiert? Keine Nachforschungen angestellt? Ich versichere Ihnen, ich recherchiere sehr gründlich." Ich sah die Angst in seinen Augen. Es war ironisch, dass er das schlimmste Geheimnis von allen hatte. Aber das würde ich mir bis ganz zum Schluss aufbewahren.

Ich rieb mir die Hände. „Fangen wir doch mit Ihnen an, Agent Nash." Ich ging zu Vincent und stellte mich vor ihn. Unverhohlen blickte er mich an und ich wusste nicht, ob er furchtlos oder vor Angst gelähmt war. „Der strahlende Engel mit den makellosen, weißen Flügeln." Ich nahm seine Krawatte und richtete sie. Er ließ es zu und erwiderte meinen Blick. „Weißt du, mir gefällt diese Metapher. Wo sie doch so ein wunderbares Gegenstück zu der meinen gibt. Ein Krieger. Vielleicht ein wenig frech, aber herzensgut. Hält sich selbst für gerecht und gibt viel darauf, dass er auf der guten Seite steht und etwas aus seinem Leben gemacht hat."

Ich ging einmal um ihn herum. „So wie dein Vater?" Er kniff die Augen zusammen. „Er war ein Cop, nicht wahr? Trotzdem musstest du während deiner gesamten Ausbildung um Anerkennung und gegen Vorurteile kämpfen. Und das, nur weil dein Vater ein Dieb war. Beziehungsweise ein Polizist, der von Tatorten gestohlen hat. Ein Schmuckstück hier, ein bisschen Geld da. - Er wurde unehrenhaft entlassen, kam ins Gefängnis und ist jetzt wieder frei. Deine Mutter und er haben sich getrennt. Und du? Du redest immer noch nicht mit ihm und versuchst verzweifelt, nicht wie er zu werden."

„Hör auf", sagte Vincent leise, doch ich dachte nicht mal dran. Ich kam gerade erst richtig in Fahrt.

„Seit er verhaftet wurde, hast du dafür gekämpft nicht für das Verbrechen deines Vaters verurteilt zu werden. Ein Verbrechen, dass du gar nicht begangen hast." Unsere flammenden Blicke trafen sich. Ich hielt ihm stand, dann drehte ich ihm den Rücken zu und ging weiter zu Nolan.

„Dean. Bei dir wissen wir ja, dass du gerne mal über die Strenge schlägst. Macht Spaß, stimmt's? Da ist so ein verlockender Reiz, wenn man etwas verbotenes tut. Genau wie beim Glücksspiel. Das Adrenalin, das durch den Körper gepumpt wird, das Kribbeln in den Fingern, das Hoffen, dass man gewinnt. Nur leider tut man das zu selten."

Seine Nasenflügel blähten sich auf.

„Ich bin mir sicher du weißt das, Dean. Aber dann ist da dieser eine Gewinn. Mal ist er kleiner, mal ist er größer. Und er weckt etwas grauenhaftes, das sich Hoffnung nennt. Ihr könnt über dieses Wort denken, was ihr wollt. Viele würden mir widersprechen, aber Hoffnung ist etwas schreckliches. Weil es sehr, sehr lange braucht, bis dieser kleine Funke erlischt. Währenddessen setzt man alles darauf, dass man noch mehr gewinnt. Ob es Gier, Dummheit oder eben diese hinterhältige Hoffnung ist, sei mal so dahingestellt. Das alles geht immer so weiter, bis man kein Geld mehr hat. Aber kein Problem, man kann ja immer noch welches gewinnen, man muss nur hartnäckig genug sein. Auf einmal ist man in einer Situation, in der man nie landen wollte: Man ist süchtig und hat 30 Tausend Dollar Schulden bei einem Kredithai."

Criminal 2 - Das Spiel des TeufelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt