Sympathy for the Devil | 3

331 29 0
                                    

Unten stieg ich in sein Auto und er fuhr los. Ich fragte nicht, wohin wir fuhren, und er sagte es mir auch nicht. Gedankenverloren sah ich aus dem Fenster. Gerade wäre ich an jedem anderen Ort lieber als bei ihm. Ich wollte nicht mehr, ich konnte nicht mehr. Dieses ständige Hin und Her und die Hoffnung, die ich mir trotz allem immer wieder gemacht hatte, dass alles am Ende doch noch gut werden würde. Inzwischen hatte ich akzeptiert, dass es das nicht würde. Es war dumm das zu denken. Dafür war zu viel schief gelaufen. Es gab nunmal Dinge, die man nicht wieder gut machen konnte.

Wir schweigen die gesamte Fahrt über. Die Häuser der Stadt zogen an uns vorbei und es wurden immer weniger, bis wir ganz aus der Stadt draußen waren. Felder zogen sich über die Landschaft, die man in der Dunkelheit nicht voneinander unterscheiden konnte, und der Wald ragte wie ein dunkler Koloss vor aus auf. Und genau darauf fuhr Vincent zu, bis er schließlich an einer einsamen Stelle am Waldrand hielt.

Ich sah ihn an. Sogar im fahlen Licht der Innenbeleuchtung sah ich, dass Vincent leichenblass geworden war. Es musste ihn viel Überwindung kosten hier zu sein. Trotzdem stieg er aus und ich tat es ihm nach. Er ließ die Scheinwerfer des Audis brennen und sie erhellten einen Teil des dunklen Waldes, während Vincent geradewegs in das Unterholz ging. Nach der zweiten Baumreihe blieb er schließlich stehen. „Das, Jordan, ist mein dunkles Geheimnis."

Ich trat neben ihn und folgte seinem Blick, der auf den Waldboden vor uns gerichtet war. Zuerst fiel mir nichts besonderes auf. Die Stelle war von Laub bedeckt und hier und da lagen einige Äste und Zweige herum, wie im gesamten restlichen Wald auch. Doch wenn man genauer hinsah, konnte man erkennen, dass sich der Boden an einigen Stellen abgesenkt hatte. Genauer gesagt an einer bestimmten Stelle und wenn mich nicht alles täuschte, war diese Stelle rechteckig. Ich hatte eine schreckliche Vorahnung.

Gräber. Gräber senkten sich nach einer Weile ab, da der Körper, der unter der Erde vergraben lag, verweste. Er fiel in sich zusammen und die Erde darüber versackte nach einer Weile.

„Wer?", fragte ich lediglich.

Vincent sah mich nicht an. Er hatte seine Hände in seinen Jackentaschen vergraben und starrte einfach auf das Grab vor uns. Erst nach einer halben Minute antwortete er. „Donald Pittson."

Donald Pittson. Der Mann, der indirekt daran schuld war, dass der Mord an meiner Mutter so wenig Aufmerksamkeit bekommen hatte. Er war ein Menschenhändler von der übelsten Sorte gewesen, für den Menschen nur Gegenstände gewesen waren, um Geld zu verdienen. Er hatte sein Kapital über alles gestellt und einige der grausamsten Morde, die man sich nur vorstellen konnte, gingen auf sein Konto. Er hatte mit den Träumen und der Verzweiflung der Leute gespielt und sie gnadenlos ausgenutzt. Pittson hatte ihnen ein besseres Leben in den USA versprochen und ihr Geld mit dem Versprechen genommen, sie ins Land zu schmuggeln. Stattdessen hatte er sie als Sklaven verkauft. Und die, die ihm lästig geworden waren, hatte er umgebrach. Man hatte seinen Mörder nie gefunden. Jetzt wusste ich warum.

Ich fragte nicht nach. Ich wartete bis er es mir von alleine erzählte, denn das würde er zweifellos tun. Sonst hätte er mich nicht hier her gebracht.

„Ich war damals 24 und ziemlich neu beim FBI. Ich selbst hatte den Fall nicht, aber es wird geredet. Ich kannte die Akten. Wir hatten sie in der Ausbildung studiert. Ich wusste, was er getan hat. Jeder wusste das, aber keiner konnte ihm wirklich etwas anhaben."

Er schluckte, bevor er fortfuhr. „Ich hatte das damals nicht geplant. Ich weiß selbst nicht, was ich mir dabei gedacht habe ihm zu folgen. Ich war gerade auf dem Weg nach Hause und sah ihn aus einer Bar torkeln. Er hat gelacht und ich konnte nicht verstehen, wie man nach all dem, was er getan hat, noch fröhlich sein konnte. Er hatte nicht das Recht dazu."

Vincent fuhr sich über das Gesicht und bedeckte es mit seinen Handflächen. „Ich habe angehalten. Gott, das war so dumm. Ich kann nicht mehr sagen, was ich ursprünglich von ihm wollte, aber das nächste, woran ich mich erinnern kann, ist, dass ich meine Waffe in der Hand halte. Der Schuss hat mich aus meiner Trance gerissen und in Zeitlupe wurde mir bewusst, was ich gerade getan hatte."

Criminal 2 - Das Spiel des TeufelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt