Lay my Body down | 4

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Die Akte „Jordan" wurde geschlossen. Endgültig. Cohens Team wurde von allen Seiten dafür beglückwünscht.

Vincent widerte das an, aber er wusste, dass sie keine Ahnung hatten. Jetzt, wo alle Bomben gefunden und der Herrscher unschädlich gemacht worden war, erhielt jeder von ihnen erst einmal Urlaub.

„Sie sollten Zeit haben die Ereignisse der letzten Wochen zu verarbeiten", hatte Alton Webb gesagt und sich dabei weniger auf Jordans als auf Holly Barrons Tod und Ross Kingstons Kündigung bezogen.

Für Nash waren diese Dinge, so schlimm es auch klingen musste, in den Hintergrund gerückt. Jordans Tod überschattete einfach alles.

Doch er war nicht der einzige, dem es so ging. Dean hatte ihr Tod schwer getroffen und auch Cohen bemühte sich seine Professionalität aufrecht zu erhalten. Vincent hatte seine Unvoreingenommenheit ihr gegenüber immer bewundert. Schon von Anfang an hatte er geahnt, dass er wusste, wer sie wirklich war. Schließlich war er ihr Teamchef und Alton Webb hätte ihn über etwas so wichtiges nicht im Dunkeln gelassen.

Vincent hätte nie gedacht, dass diese großspurige, unverschämte, eigenwillige Frau ihm so fehlen würde. Sie war permanent in seinen Gedanken und das quälte ihn. Die Was-wäre-wenn-Fragen. Immer wieder kam ihm in den Sinn, dass er nur eine einzige Sache hätte anders machen müssen, damit Jordan jetzt noch am Leben wäre, obwohl er wusste, dass er sich nur selbst peinigte. Und er war sich ziemlich sicher, dass es den anderen genauso ging.

Es gab noch so viele ungesagte Dinge zwischen ihnen, doch dafür war es jetzt zu spät. Vor diesem einen Tag hatte er nicht sagen können, ob er froh darüber war sie getroffen zu haben oder nicht. Doch jetzt...

Sie hatte ihn verändert. Nicht nur zum Guten, aber darum ging es nicht. Er hatte das Gefühl, dass er jetzt mehr er selbst war. Sie hatte ihm gezeigt, dass er sein konnte, wie er war, egal ob die Gesellschaft das akzeptierte oder nicht. Er war nicht nur der FBI-Agent, der sich an die Gesetzte hielt. Da war noch etwas anderes. Etwas, das er sich nie hatte eingestehen wollen. Der Teil von ihm, der damals Donald Pittson umgebracht hatte und der für sein dunkelstes Geheimnis verantwortlich war.

Es gab keine guten oder böse Menschen. In jedem steckte sowohl ein Engel, als auch ein Teufel. In wirklich jedem. Manche hatten ihren Teufel nur besser im Griff als andere und andere... andere wollten gar keine Engel sein. Nash hielt sich für einen guten Mann, aber manchmal schlug sogar er über die Strenge. Jordan hatte ihn dafür nicht verurteilt und ihm dadurch gezeigt, dass das vollkommen in Ordnung war.

Drei Tage später war es als könnte sich das Wetter an diesem Tag nicht entscheiden. Die Sonne schien zwar, aber ab und zu kam Nieselregen und etwas Wind hinzu. Vincent stand in Anzug und mit Mantel, an dem ein Knopf fehlte, etwas abseits der schwarzen Trauergemeinschaft und starrte auf den Sarg aus dunklem Holz. Seine Sonnenbrille verdeckte seine Augen, da er Angst hatte was die Leute darin lesen konnten und seine geballten Fäuste lagen in seinen Manteltaschen.

Das Bild, auf das er starrte, war fast unerträglich. Er hatte lange überlegt ob er kommen sollte. Genau wegen der kalten Hand, die sich um sein Herz schloss und zudrückte. Es fiel ihm schwer zu atmen, aber er hatte das Gefühl, dass er es ihr schuldig war hier zu sein. Trotzdem schaffte er es nicht unter die Trauergemeinschaft zu mischen. Zwei Beerdigungen in weniger als drei Wochen waren zwei zu viel. Er ertrug die Menschen, die Jordan nahe gestanden hatten, nicht um sich herum. Schon von hier aus war es hart die gesenkten Köpfe ihrer zwei Brüder und ihres Vaters zu sehen und auch sein Partner, der etwas weiter hinten stand und dem es schwer zu fallen schien nicht einfach schreiend wegzulaufen, machte es nicht besser.

Nolan hatte schon immer etwas für Jordan übrig gehabt. Er war es gewesen, der Jordan von Anfang an wie einen Menschen behandelt hatte und ihn davon überzeugt hatte sie so zu nehmen wie sie war.

Auf einmal tauchte neben ihm eine blonde Frau auf. Sie trug ebenfalls einen langen schwarzen Mantel, deren Kragen sie aufgestellt hatte. Genau wie Vincent starrte sie einfach geradeaus, die behandschuhten Hände vor ihrem Körper gefaltet. „Es sind mehr gekommen als ich erwartet hatte", sagte sie schließlich.

Criminal 2 - Das Spiel des TeufelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt