Ich saß zwischen den geöffneten Heckklappen des Krankenwagens und starrte vor mich hin. Mein Kopf war so leer wie mein Blick oder er war so voll, dass ich keinen klaren Gedanken fassen konnte. Ich wusste nicht, was davon auf mich zutraf, aber das war auch völlig egal.
Das Geschehen zog an mir vorbei ohne dass ich wirklich daran teilnahm. Seit der Explosion surrte ein unangenehme Ton in meinen Ohren und alles hörte sich dumpf an, als wäre ich unter Wasser. Um mich herum waren noch weitere Krankenwägen, Polizisten liefen zwischen den Schaulustigen oder Zeugen herum und ich war mir sicher, dass auch ein paar FBI-Agenten darunter waren. Aber was spielte das schon für eine Rolle?
Nolan stand etwas weiter entfernt und sprach mit einem Cop oder einem Kollegen. Er sah ähnlich aus wie ich. Seine Haare waren zerzaust, seine Haut und Kleidung mit Ruß befleckt und er hatte Schürfwunden von dem Aufprall auf die Straße im Gesicht, an den Händen und Unterarmen. Vorhin waren wir zusammen verarztet worden, doch ich war seit der Explosion in eine Art Schockstarre verfallen. Er hatte immer wieder auf mich eingeredet, dass es nicht meine Schuld sei und dass ich nichts weiter hätte tun können, aber ich war da anderer Meinung. Wenn ich nur eine Sache anders gemacht hätte, wäre der Teenager vielleicht noch am Leben.
Ohne es wirklich wahrzunehmen, sah ich wie der Polizist Nolan letztlich zunickte und davonging. Stattdessen nahm Vincent seinen Platz ein, der auf seinen Partner zugeeilt kam. Sie sprachen miteinander und ab und zu sahen sie zu mir herüber.Ich bekam das kaum mit. Noch immer war ich beinahe unfähig mich zu bewegen. Der Schock saß zu tief. Jede kleinste Bewegung schien anstrengend zu sein und mich daran zu erinnern, dass das hier kein Traum war aus dem ich einfach erwachen konnte. Also bewegte ich mich nicht.
Zumindest so lange, bis ich es musste. Ich drehte den Kopf und sah eine Frau, die sich unter dem Absperrband hindurch duckte und sich durch die Polizisten durchkämpfte, die versuchten sie aufzuhalten. „Wo ist sie? Wo ist mein meine Tochter?" Verzweifelt sah sie sich um und als sie mich entdeckte, kam sie zu mir.Automatisch stand ich auf.
„Wo ist mein meine Tochter?", wiederholte sie mit zittriger Stimme.
Ich wusste sofort, dass es die Mutter der Jugendlichen war. Sie hatten die gleichen Augen, weshalb ich nach unten sah. Ich konnte es nicht länger ertragen in diese Augen zu sehen.
Allerdings hörte ich wie sie sich die Hand vor den Mund schlug. „Nein...", murmelte sie ungläubig, „Nein." Aus Ihrem Mund kam nur ein erstickter Laut und ich sah sie wieder an, obwohl mich ihr Anblick quälte.
„Es tut mir so leid", brachte ich hervor.
Der Schrei der Frau löste in mir Höllenqualen aus. Es fühlte sich an, als würde jemand meinen Brustkorb aufreißen und mein Herz eigenhändig zerquetschen. „Ich habe versucht, sie zu retten, aber... Sie war tapfer. Ich versichere Ihnen, sie hat nichts gespürt." Ich war mir nicht sicher ob sie mich hörte, aber selbst wenn, begriff ich, dass es nichts gab, was sie trösten könnte. Keine Worte und keine Tat der Welt. Aber ich konnte es versuchen. Das war das mindeste, was ich tun konnte.
„Und... Und ich soll Ihnen von Madison ausrichten, dass sie sie liebt."Die Mutter sackte vor mir auf die Knie.
Ich wollte sie auffangen, irgendetwas tun um ihr zu helfen, aber ich bewegte mich keinen Millimeter. Stattdessen kamen weitere Polizisten und fingen sie auf, brachten sie weg. Woher kamen denn die vielen Cops? Ich war völlig überfordert.
Verloren stand ich da, bis ich zwei warme Hände auf meinen Schultern spürte, die mich sanft aber bestimmt dort weg manövrierten bis wir zurück bei dem Krankenwagen waren.Schließlich trat Vincent vor mich und drückte mich vorsichtig nach unten, damit ich mich hinsetzte. „Es war nicht deine Schuld." Später war ich ihm dankbar, dass er die dumme Frage, ob bei mir alles in Ordnung war, nicht gestellt hatte, obwohl es so offensichtlich war, dass es mir alles andere als gut ging.
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Criminal 2 - Das Spiel des Teufels
ActionNach ihrer Verhaftung geht Jordan einen Deal mit dem FBI ein und unterstützt es fortan bei ihren Ermittlungen gegen den Herrscher. Doch der erweist sich als harter Gegner. Er versteckt nicht nur Bomben in der Stadt, von denen er verspricht jede Woch...