Psycho-Tricks | 1

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Am nächsten Morgen wachte ich früh auf. Durch meine Zeit im Gefängnis hatte ich einen bestimmten Schlafrhythmus angenommen und das Wort »Ausschlafen« war nicht im Vokabular der Wärterinnen vorhanden gewesen. Wenn sie nicht ausschlafen durften, warum sollten die, mit denen sie sich tagtäglich herumschlagen musste und von denen die meisten Mordgelüste gegen sie pflegten, ausschlafen dürfen? Wahrscheinlich würde ich es nicht anders machen, wenn ich eine von ihnen wäre.

Obwohl ich rein aus Prinzip noch liegen blieben wollte, quälte ich mich aus meinen eigenen, weichen Laken und machte mich fertig. Meine Schulter war bereits besser geworden und ich ließ die Schlinge weg. Die Kaffeemaschine ächzte und ich trat kurz darauf mit einer dampfenden Tasse an das Fenster. Von dem Rauch gestern Abend war nichts mehr zu sehen, aber es würde nur eine Frage der Zeit sein bis Nolan oder Kingston anrufen würden, um mich zu einer Adresse in dem Stadtteil, in dem die Bombe explodiert war, beordern würden.

Ich nahm noch einen großen Schluck von der Flüssigkeit, die gestresste Geschäftsleute am Leben erhielt, und griff dann nach meinem Handy. Catalina war bereits wach. Sie war eine Frühaufsteherin und hatte ihren Freund Cole damit fast in den Wahnsinn getrieben. Zumindest als er noch gelebt hatte... Sie litt noch immer sehr unter seinem Tod, doch seit sie Lucy Heavens erschossen hatte, hatte sie sich verändert. Ob zum Guten oder zum Schlechten konnte ich noch nicht sagen.

„The boss is back in town", sagte sie mit einem Grinsen in der Stimme. Alleine die Tatsache, dass ich von meinem Handy aus anrief, verriet ihr, dass ich nicht mehr im Gefängnis war.

„Worauf du dich verlassen kannst." Ich musste ebenfalls lächeln.

„Sag schon, wie hast du es hingekriegt?"

„Nennen wir es Verhandlungsgeschick. Ich habe jetzt einen Chip im Arm, über den sie mich jederzeit orten können und die 27 Millionen haben sie beschlagnahmt, aber von mir aus können sie die haben. Hauptsache ich habe keine Gitterstäbe vor den Fenstern."

„Und wie geht die Sache weiter?"

Ich zuckte mit den Schultern, obwohl sie mich nicht sehen konnte. „Ich wohne wieder in meinem Apartment, habe einen drei Kilometerradius und spiele Beraterin."

„Sie wollen, dass du deine eigene Organisation zerstörst?"

„Wollen, ja. Aber sie wissen, dass ich das nicht tun werde. Schließlich bin ich nicht bescheuert. Aber mittlerweile haben sie verstanden, dass es größere Bedrohungen in dieser Stadt gibt, als ich es bin."

„Deshalb sollte ich also..." Ihr wurde so einiges klar.

„Genau."

„Und weshalb rufst du an?", fragte sie mit Vorfreude in der Stimme.

Ich tat ihr den Gefallen: „Schmeiß die Maschine wieder an und schicke die dreckigen Aasgeier zurück in die dunklen Löcher, aus denen sie gekrochen kamen. Sie haben in meiner Stadt nichts verloren."

Cat lachte. „Mit dem größten Vergnügen."

Ich legte auf und auf einmal fiel mein Blick auf den schwarzen Steinway-Flügel. Jemand hatte die Rose, die in einer Vase darauf gestanden hatte, herausgenommen und wahrscheinlich weggeworfen. Ich seufzte. Dann ging ich zu meinem Tresor. Er war geöffnet und die Sachen darin durchwühlt worden. Ziemlich neugierig, dieses FBI. Doch das beunruhigte mich nicht im geringsten. In diesem Tresor hatte ich lediglich banale Dinge eingeschlossen, die jeder andere Mensch auch einschließen würde. Wichtige Dokumente, etwas Bargeld, ein wenig Schmuck. Die wirklich interessanten Sachen, waren in meinem zweiten, wesentlich besser versteckten und gesicherten Tresor.

Es war eine Spezialanfertigung und in einer der Kommoden eingebaut. Eine falsche Wand verdeckte ihn, aber selbst wenn man ihn finden sollte, was schon sehr unwahrscheinlich war, musste man noch den achtstelligen Code und den Fingerabdruckscanner umgehen. FBI-sicher war er schon mal.

Criminal 2 - Das Spiel des TeufelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt