Kapitel 59

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Benson

Der Tag war endlich gekommen. Ich hatte Elliot seit gestern Mittag nicht mehr gesehen, weil Ally uns beide in unterschiedliche Hotelzimmer in der Nähe der Location verfrachtet hatte und ich konnte es nicht erwarten, ihn nachher zu sehen. Trotzdem fuhr mein Magen Achterbahn. Noch nie in meinem Leben, war ich so nervös gewesen. Ally und Elliots Mutter hatten mir einige Stunden Gesellschaft geleistet und mir geholfen mich fertig zu machen. Gestern Abend waren Cabot, Amanda, Warner und auch Kathy hier gewesen und hatten auch nicht verhindern können, dass die Nervosität immer weiter zunahm.

Nick hatte mir heute morgen eine SMS geschrieben, dass ihr Flug Verspätung hatte, was auch nicht unbedingt dafür sorgte, dass ich ruhiger wurde. Immerhin würde er mich zum Altar führen.

Jetzt stand ich in meinem Hotelzimmer vor dem Spiegel und betrachtete mich. Ich musste zugeben, dass sich das stundenlange Kleider anprobieren gelohnt hatte. Schlussendlich trug ich ein schulterfreies, weißes Kleid mit ausladender Schleppe und Ally hatte meine Haare zu einem lockeren Knoten hochgesteckt, bevor sie einige Strähnen herausgezupft hatte, die mein Gesicht jetzt elegant einrahmten. Außer meinem Verlobungsring trug ich nur ein paar Ohrringe, die Elliots Mutter mir geschenkt hatte.

Ich sah meinem Spiegelbild in die Augen und wieder hatte ich das Gefühl, als hätte ich Steine im Magen. Mir war leicht übel. Das war mein Hochzeitstag. Meine letzten Minuten als Single. In dieser Zeit sollten einem eigentlich die Eltern den Rücken stärken. Der Vater sollte einem sagen, wie stolz er auf einen war, während die Mutter Tränen in den Augen hätte. Ein harter Zug erschien um meine Lippen. Wenn mein Vater hier auftauchen würde, wäre Stolz das Letzte, was ich bei ihm sehen wollen würde. Und meine Mutter... Nun, die wäre vermutlich betrunken. Ich presste meine Lippen aufeinander. Ich war immer allein gewesen. Mein ganzes Leben lang. War ich überhaupt dazu fähig, Teil einer Familie zu sein? Mich gänzlich zu öffnen?

Ein Klopfen an der Tür unterbrach meine düsteren Gedanken. Eine Sekunde später streckte Rafael Barba seinen Kopf ins Zimmer und seine Augen weiteten sich, als er mich entdeckte. Barba trug einen dunkelblauen Anzug mit passender Krawatte und wirkte, falls das überhaupt noch möglich war, sogar eine Spur schicker, als sonst vor Gericht. Er zog die Tür hinter sich zu und griff sich geschockt ans Herz, bevor ein Lächeln sein Gesicht überzog: "Liv, du siehst... wunderschön aus!"

Ich versuchte mich an einem Lächeln, was mir kläglich misslang. Sofort erschienen steile Falten auf Rafaels Stirn: "Was ist denn mit dir los? Ich hab' Ally doch gesagt, dass du nicht wissen musst, dass Noah auf seinen kleinen Smoking gespuckt hat..."

Ich drehte ich von ihm weg: "Ich weiß nicht, ob ich das kann, Rafael."

Er schwieg einen Augenblick, während ich auf die Tapete starrte. Dann erklang seine Stimme ganz sanft und leise neben mir: "Weißt du noch als ich vor zwei Jahren das erste Mal einen Fall für euch übernommen habe?"

Ich hob sachte einen Mundwinkel und sah ihn an: "Es kommt mir vor, als wäre das schon länger her."

Er nickte ein paar Mal nachdenklich: "Die Welt war wie in einem Film. Einfach nur schwarz und weiß. Ich war mir absolut sicher wer ich war. Wer die Guten waren und wer die Bösen."

Er sah mir fest in die Augen: "Und dann... dann hast du... hast du dich einfach in mein Leben gedrängelt und schwarz und weiß wurden nach und nach zu verschiedenen Graustufen."

Solche Worte kannte ich sonst gar nicht von ihm. Ich wusste, dass ich mich immer auf ihn verlassen konnte, aber so poetisch war er sonst nicht. Er hob einen Finger, als ich schon belustigt den Mund aufmachen wollte: "Nein, sag' jetzt nichts."

Auch er grinste leicht, aber dann fuhr er ganz ernst fort: "Und ganz plötzlich... war da blau. Und grün. Und gelb. Rot."

Er sah mich voller Wärme an.

Law & Order SVU -Obsession- (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt