Kapitel 2.2

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Kapitel 2.2

„Jetzt sofort", stimmte Mister Diabolus zu. „Dein Büro auf Zeit wird im Vorraum sein und deine erste Aufgabe wird es sein, mir ein paar Dokumente zu bringen", erklärte er, zog einen Zettel hervor und schrieb einen Namen auf diesen. „Alle Dokumente über diesen Mann. Du findest das Dokumentarchiv im Stockwerk fünfzehn. Mit dieser Karte kannst du es heute betreten", fügte er hinzu und schob ihr einen Ausweis über den Tisch.

Alles ging so schnell, dass sich Sera irgendwie erschlagen fühlte.

Und trotzdem wollte sie ihr Bestes geben und diesem Mann beweisen, dass sie dazu fähig war, seine Sekretärin zu werden.

Aufmerksam las sie den Zettel durch und nickte dann. „In Ordnung", war alles, was sie sagte, bevor sie sich erhob und sein Büro verließ, um zum Fahrstuhl zu gehen.

Sie kannte sich hier nicht aus, doch sie würde sich schon zurechtfinden.

Es schien, als würde das gesamte Hochhaus der Kanzlei gehören, was sie durchaus überraschte. Gleichzeitig war es auch irgendwie passend.

Während sie im Fahrstuhl die zwei Stockwerke nach oben fuhr, überlegte sie, was für Arbeiten sie hier wohl verrichten würde. Sie kannte das Klischee der Sekretärinnen und hoffte, dass es nicht stimmte.

Als sie das Dokumentarchiv erreicht hatte, nahm sie den Geruch von Papier und Kartons wahr.

Sie musste sich mit ihrer Karte an einem Öffner ausweisen, bevor sie durch das Gittertor eintreten konnte. Es gab riesige Metallgestelle, die alle mit Kartons zugestellt waren. Das überraschte sie, denn sie hatte mit mehr Digitalisierung gerechnet. Allerdings bemerkte sie auch einen Computer, bei dem sie wohl den Namen eingeben konnte, um zu erfahren, wo sich die Dokumente befanden.

Auch hier wurde der Ausweis nötig, um ihn überhaupt benutzen zu können.

Mehrmals schrieb sie den Namen, den Mister Diabolus aufgeschrieben hatte, doch der Computer spuckte kein Ergebnis aus. Ob der Name falsch geschrieben war?

Sera überlegte und beschloss dann, eine ungenaue Suche durchzuführen. Tatsächlich wurde sie fündig und sie fand die Dokumente. Allerdings wollte Sera auf Nummer sicher gehen und verließ das Archiv, um in den Verwaltungsstockwerk zu fahren und nachzufragen. Da sie keinen Menschen im Archiv angetroffen hatte, würde sie einfach dort nachfragen.

Sie hatte die Dokumente mit dem ähnlichen Namen bei sich und trat mit diesen unter dem Arm in den Verwaltungsbereich. Sofort hob die Frau, die sie gestern auch schon begrüßt hatte, den Kopf. „Guten Tag Miss Taylor. Kann ich Ihnen behilflich sein?"

Die junge Frau nickte und zeigte der Empfangsdame dann den Zettel von Mister Diabolus und den Dokumenten, die sie gefunden hatte. „Ich möchte gerne wissen, wo ich die Dokumente dieses Herren finden kann. Der Computer spuckt keine Daten dazu aus", sagte Sera freundlich.

„Dann sind sie wohl noch nicht archiviert", erklärte die Frau und blickte kurz in ihren Computer, bevor sie nickte. „Ja, sie sind noch nicht archiviert. Die Abteilung, die das macht befindet sich im zehnten Stock. Dort sollten Sie fündig werden."

Sera begann zu strahlen. Vielleicht hatte Mister Diabolus etwas Falsches aufgeschrieben, weil er mit seinen Gedanken woanders gewesen war. „Vielen Dank", sagte Sera freudig und machte sich auf den Weg zu der richtigen Abteilung.

Nicht einmal zehn Minuten später hatte sie die Dokumente mit dem anderen Namen und Sera beschloss, ihm einfach beide zu bringen. Er würde schon das Richtige aussuchen.

Sie klopfte vorsichtig an seine Tür und trat danach ein. Er schmunzelte. „Sie müssen nicht klopfen", erklärte er und legte den Stift zurück. „Haben Sie die Dokumente?"

Sera legte ihm beide auf den Tisch. „Ich klopfe lieber an, als einen peinlichen Moment heraufzubeschwören. Ich weiß ja nicht, was Sie gerade tun", bemerkte sie trocken und erklärte ihm dann, dass sie zwei Dokumente geholt hatte, weil der eine nicht im Archiv zu finden gewesen war.

„Ich arbeite hier", meinte Mister Diabolus belustigt. „Es wird also nichts Peinliches geben", versicherte er und sah sich die Dokumente an, bevor er nickte. „Sehr gut. Ich würde Sie jetzt darum bitten, alle Termine, die hier in dieser Liste stehen, einen Monat später einzuplanen. Bitte rufen Sie die Leute an und fragen Sie nach einem neuen Termin."

Mit einem Blick auf die Liste stellte Sera fest, dass es zwei Seiten voller Namen samt Telefonnummern waren. „Wird erledigt", sagte sie, nahm sich den Zettel und verließ dann sein Büro. Auf seinen Kommentar ging sie gar nicht erst ein, weil es durchaus peinliche Momente geben konnte.

Er hatte gesagt, sie würde das Büro im Vorraum benutzen und sie staunte, wie modern es eingerichtet war. Ein heller, großer Schreibtisch inklusive Laptop war vorhanden. Bei näherer Betrachtung bemerkte sie, dass dieser wohl für unterwegs sein würde, denn es gab auch einen Desktopcomputer. Nicht von der alten Sorte, sondern ein neuer, wie es aussah. Das Telefon, rechts von der externen Tastatur zeigte bereits einige verpasste Anrufe.

Als Sera sich auf dem bequemen Stuhl niederließ, sah sie, dass ein Zettel unter der Tastatur steckte. Auf diesem war Benutzernamen und Passwort notiert. Schließlich musste sie die verschobenen Termine irgendwo festhalten. Gut, dass Sera sich damit auskannte und nach kurzer Suche den Terminkalender von Mister Diabolus fand.

Dann begann sie, die ersten Klienten anzurufen. Die ersten waren noch ganz freundlich und hatten keine Probleme damit, dass die Termine verschoben wurden. Nach jedem Anruf strich Sera den Namen durch, um nicht durcheinander zu kommen und sie trug die neuen Termine ein.

Jedoch waren nicht alle sehr freundlich. Tatsächlich waren viele unhöflich, frech und ungeduldig, doch Sera bewies eine Engelsgeduld und erklärte immer wieder, warum der Termin verschoben wurde.

Sie wollten etwas von Mister Diabolus und somit mussten sie damit klarkommen. Was sie ihnen jedoch nicht sagte.

Sera telefonierte den ganzen Tag und langsam nervte es sie. Wurde die Liste denn nie weniger?

Mit manchen Klienten diskutierte sie eine Ewigkeit, doch manche verstanden sehr schnell, dass Sera nicht gewillt war, einfach Ja und Amen zu sagen. Bei einem Klienten, der wirklich unhöflich war und sie beschimpfte, hielt sie einen Moment inne und holte tief Luft. „Es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen. Wenn Ihnen der neue Termin nicht zusagt und Sie in solch einer Hektik sind, telefonieren Sie mit Mister Diabolus selbst oder suchen Sie sich einen anderen Anwalt", sagte Sera höflich, aber mit deutlicher Ansage. „Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, mir Ihre Vorwürfe anzuhören. Es gibt noch andere, wichtigere Fälle, die nicht so anstrengend sind wie Sie."

Der Mann am anderen Ende schwieg für einen Moment und fuhr sie dann an, dass er den nächstbesten Termin nehmen würde.

Sera grinste leicht und nannte dann das Datum, wann Mister Diabolus Zeit hatte. Ihre Stimme klang zuckersüß und so freundlich, dass sie sich sicher war, dass der Mann ihren Sarkasmus heraushörte.

Er schien nicht begeistert, doch da er der letzte war, war es ihr egal. Die Liste war mit ihm beendet.

Mit sich zufrieden legte sie schließlich auf und trug den neuen Termin ein. Noch einmal überprüfte sie die Liste und ob alle Termine eingetragen waren, bevor sie den Computer wieder sperrte und zu Mister Diabolus ging. Dieses Mal klopfte sie nicht, sondern öffnete lediglich die Tür, an der sie mit verschränkten Armen stehen blieb. „Ihre Liste ist fertig."

„Sehr gut", meinte dieser und lehnte sich zurück. „Sie denken mit und sind robust im Umgang mit schwierigen Klienten", begann er und musterte sie. „Das gefällt mir sehr."

Sera zuckte mit den Schultern. „Man muss sich zu wehren wissen", meinte sie leichtfertig. Sie hielt seinem Blick stand und fragte sich, was er wohl dachte. „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?"

„Danke, das war für heute alles", sagte er und musterte sie. „Sie werden von mir hören."

Ihre Verblüffung versteckte Sera hinter einem Nicken. „Schönen Tag noch", sagte sie und drehte sich auf dem Absatz um. War das wirklich alles gewesen? So richtig glaubte sie es nicht.

Ein teuflischer ChefWo Geschichten leben. Entdecke jetzt