Kapitel 9.1

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Kapitel 9.1

Mit offenem Mund starrte Sera auf das Gebäude, in das sie gleich gehen würden. Unsicher und auch ein bisschen nervös rückte sie den roten Schleier und ihr Kleid, das tatsächlich nach dem guten Essen passte, zurecht. Ihr Make-Up war an das Kleid angepasst und Sera fühlte sich tatsächlich wie eine Frau aus dem Orient. Was wohl nicht nur an den ganzen anderen Gästen, die solche Kleider trugen lag, sondern auch an Astarot, der sich thematisch gekleidet hatte.

Er passte farblich zu ihr. Es schien egal zu sein, welche Kleidung er trug. Er sah immer gut aus. Doch heute besonders sexy, wie Sera fand. Zudem war er den ganzen Tag über überaus zuvorkommend zu ihr gewesen.

Gemeinsam betraten sie das Haus, das als Kunstgalerie umfunktioniert war.

Während sie den Flur entlang gingen, dachte Sera darüber nach, ob Astarot ihr lediglich schmeicheln wollte oder nicht. Sein ganzes Verhalten warf Fragen auf, die sie nicht beantworten konnte.

Mehrmals wurden sie aufgehalten und Astarot musste Smalltalk halten. Meistens stand Sera stumm, aber mit einem Lächeln daneben und sprach nur, wenn sie aufgefordert wurde.

Er stellte sie immer wieder vor und schien nie müde zu werden.

Endlich schafften sie es, den Hauptteil zu erreichen und Sera bemerkte, dass hier scheinbar Frauen und Männer getrennt Smalltalk hielten. Es gab einen Tisch mit Tee und Speisen, wo sich die Frauen versammelt hatten.

Tatsächlich ging es meist um die Ausstellungsstücke, die zahlreich vorhanden waren. Kunstwerke, von denen Sera noch nie etwas gehört hatte, doch sie musste zugeben, dass sie einen wunderschönen Charme enthielten, die einen in die orientalischen Ländern entführten. „Wir sollten uns trennen", flüsterte sie Astarot zu, da sie das Gefühl hatte, von den anderen angestarrt zu werden.

„Werden Sie es allein schaffen?", fragte er schmunzelnd und schien nicht abgeneigt von der Idee.

Sera hatte ganz vergessen, dass Ceciel sie eigentlich kennenlernen wollte. „Wird hoffentlich nicht schief gehen", murmelte sie, fühlte sich aber nicht ganz so wohl. Das lag daran, dass sie in solchen Kreisen nicht verkehrte und sie nicht wusste, wer die ganzen Menschen waren.

Ceciel war eine ältere und sehr auffällige Dame. Sie war knallbunt angezogen und sprach laut. Zudem hatte sie in ihren Haaren ganz viel Schmuck, der trotzdem irgendwie zum Thema passte.

Paradiesvogel hätte Seras Vater sie genannt. Bei diesem Gedanken zuckten ihre Mundwinkel. Das war durchaus die passende Bezeichnung für Ceciel. Noch unsicher, was sie machen sollte, blieb sie einfach stehen und beobachtete die anderen.

Es dauerte einige Zeit, bis Ceciel sie bemerkte und das auch nur, weil Astarot zu ihr getreten war, um sie zu begrüßen. Die Frau wandte Sera den Blick zu und strahlte, bevor sie Sera zu sich winkte.

In Gedanken verwünschte sie Astarot sogar, als sie auf Ceciel zutrat. Er gab ihr das Gefühl, vorgeführt zu werden. „Guten Abend", grüßte Sera den Paradiesvogel.

„Ah, wie schön Sie endlich kennenzulernen", gab Ceciel verzückt von sich. „Astarot hat so viel von Ihnen erzählt."

„Ich hoffe doch, nicht nur Gutes. Das wäre sonst gelogen", bemerkte Sera von sich. Nur mühsam unterdrückte sie das Bedürfnis, ihren Chef dafür zu stupsen.

Ceciel schmunzelte. „Er sagt nur gute Dinge", wehrte sie lachend ab.

„Er schmeichelt zu gerne", behauptete Sera und warf ihm einen vielsagenden Blick zu. „Ihre Galerie ist wirklich wunderschön und ich freue mich, Sie kennenzulernen."

Ceciel strahlte. „Sie gefällt Ihnen? Wissen Sie, ich habe darin sämtliche Eindrücke meiner Orientreise einfließen lassen."

Ceciels Worte weckten Seras Neugier und sie dachte an Belial, mit dem sie ab und zu Kontakt hatte. Meist schrieben sie sich SMS, die schon in Richtung Flirterei gingen. „Würden Sie mir zu gegebener Zeit mehr davon berichten?", fragte Sera hoffnungsvoll.

„Sehr gern", strahlte Ceciel und Astarot warf Sera einen Blick zu, der dafür sorgte, dass sie es fast schon wieder bereute.

Schon bald wusste sie, was Astarot gemeint hatte, dass Ceciel sehr gesprächig war. Sie sprach ohne Punkt und Komma und es war schwer, von ihr loszukommen. Mehrmals versuchte Sera, eine kleine Pause von Ceciels Redefluss zu bekommen, schaffte es aber nicht.

Erst, als ihr Smartphone klingelte, entschuldigte sie sich bei der Gastgeberin. Mit einem Blick hatte sie erkannt, wer anrief und das bedeutete nichts Gutes.

„Geht es Ihnen nicht gut?", fragte Astarot besorgt. Es schien, als hätte er bemerkt, dass sie blass geworden war.

„Ich muss rangehen", sagte sie entschuldigend und wandte sich ab. Sie ging auf eine Ecke zu, in der sie allein war und ungestört reden konnte.

Wenn ihr Bruder sie anrief, war immer etwas Schlimmes passiert. So auch dieses Mal. Entsetzt hörte sie zu und fluchte. Warum konnte ihre Schwester nicht endlich damit aufhören? „Ich fahre gleich los", sagte Sera und legte auf, bevor sie eilig auf Astarot zulief. „Es tut mir leid. Ich muss gehen", flüsterte sie ihrem Chef zu. Sie würde sich erst umziehen und dann losfahren. Bisher hatte sie ihr Auto gar nicht gebraucht und es stand in der Garage. Alles war gut zu Fuß erreichbar und Sera sah es nicht ein, deswegen das Auto zu nehmen.

Astarot musterte sie. „Ich sage meinem Fahrer, er soll Sie zu Ihrer Wohnung bringen", meinte er und schien damit an etwas zu denken, woran sie nicht gedacht hatte. Sie war gar nicht in der Nähe ihres Autos.

„Danke. Ich sehe Sie dann am Montag im Büro", sagte Sera und entschuldigte sich bei Ceciel, dass sie schon gehen musste. Aber sie hatte es eilig und sie war durch die Hiobsbotschaft blass geworden.

Kaum war sie hinausgetreten, fuhr ein Auto vor, das vor ihr hielt. Die Tür wurde geöffnet und ein bekannter Mann stieg aus. „Miss Taylor?"

„Ja. Bitte bringen Sie mich zu meiner Wohnung", bat sie kläglich und stieg ohne ein weiteres Wort ein. Sie hatte einfach ihren Chef stehen lassen und sie wusste, dass es nicht korrekt gewesen war. Doch es musste sein. 

Ein teuflischer ChefWo Geschichten leben. Entdecke jetzt