Kapitel 20.1

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Kapitel 20.1

Mit klopfendem Herzen stand Sera zwei Wochen später vor dem Vorlesungssal der Universität und sprach sich Mut zu. Knapp eine Woche später als vorhergesehen, weshalb sie wohl einiges nachzuholen hatte.

Sie war extra früher aufgestanden und hatte Sienna einen Zettel hingelegt, dass sie bereits weg war. Nach einigen Tagen hatte Astarot sie wieder zurück gefahren.

Am frühen Morgen hatte Sera Zeit gehabt, den wunderschönen Garten der Universität und das Gebäude von außen ein wenig zu betrachten.

Sie fand, dass die Universität wunderschön war. Vor allem mit ihrem Springbrunnen in der Mitte des Gartens. Hier würde sie sich wohlfühlen und fleißig lernen, um in ein paar Jahren Anwältin zu werden.

Noch einmal feuerte sie sich in Gedanken an und betrat dann den Saal, in dem bereits einige Studenten saßen.

Es war ein riesiger Vorlesungssaal. Fast, wie ein kleines Stadion, doch man konnte gut nach unten zur Tafel sehen.

Noch war der Professor nicht eingetroffen. Das kam Sera gerade Recht, denn sie wollte Kontakte schließen, damit sie sich informieren konnte, wie es bisher gewesen war. Zielstrebig ging sie in die letzte Reihe, in der ein paar Frauen und Männer über zwei Reihen hinweg sprachen und sich amüsierten.

„Hallo, ich bin Sera", grüßte sie die kleine Gruppe mit einem Lächeln.

Eine junge, blonde Frau schenkte ihr ein Lächeln. „Hallo, ich bin Isabella."

Die andere, ebenfalls blonde und etwas rundere Frau, stellte sich als Tanja vor. Sie trug eine Brille, die ihre grünen Augen gut zur Geltung brachten.

Einer der Männer, Ray, trug einen langen, dunkelbraunen Zopf, den Sera an einen chinesischen Film erinnerte.

Der letzte im Bunde stellte sich als Oliver vor. Auch er trug eine Brille, die ihm beim Aufstehen von der Nase rutschte und nur dank seiner schnellen Reaktion nicht auf den Boden fiel. Daraufhin lachten die anderen drei. Seine kurzen, schwarzen Haare waren sorgfältig nach hinten gekämmt und gaben ihm einen ernsten Ausdruck.

Sera lächelte und reichte ihnen die Hand. Die Gruppe war unterschiedlich und sie schienen sich gut zu verstehen. Das gefiel Sera und sie hoffte, dass sie hier gute Freunde finden konnte.

„Bist du neu in dem Kurs?", fragte Isabella und deutete auf den Stuhl neben sich.

Dankbar ließ sich Sera darauf fallen und legte ihre Umhängetasche auf den Tisch. „Ja. Ich wäre schon letzte Woche gekommen, aber ich war krank. Habe ich viel verpasst?", fragte sie zögernd und warf den anderen einen Blick zu.

„Es geht", meinte Isabella abwinkend. „Es ist viel Theorie gewesen. Ich kann dir gern die Mitschriften geben."

Erfreut lachte Sera und meinte, dass das sehr nett wäre. „Ich gebe sie dir in den nächsten zwei Tagen zurück", versprach sie ihr und bemerkte, dass sie sich jetzt schon wohlfühlte. Sera freute sich darauf, die Zeit in der Universität zu genießen.

„Du kannst sie dir auch abfotografieren", bot Isabella an. „Das macht es wohl leichter."

Das Angebot war sehr nett, aber Sera meinte, dass es ihr leichter fiel zu lernen, wenn sie etwas abschrieb. Dabei war sie in Bewegung und animierte ihr Gehirn, mitzudenken. Bei einem Foto geschah das irgendwie nicht.

„Das kannst du ja dann von den Fotos machen, aber da musst du dich nicht so sehr beeilen", erklärte Isabella lachend. „Sonst machst du dir Stress, damit ich meine Dokumente zurückbekomme."

„Einverstanden", willigte sie ein und unterhielt sich mit den vieren ein wenig. Dabei stellte sich heraus, dass Isabella und Ray ebenfalls Anwälte werden wollten. Auf die eine oder andere Art.

Tanja war bereits seit einigen Jahren Sekretärin in einer großen Firma, die nichts mit Anwaltskanzlei zu tun hatte, aber das Thema interessierte sie enorm, weshalb sie sich für die Sommerkursen entschieden hatte. Bei Oliver standen hingegen die Eltern dahinter, obwohl er Computerspezialist war. Doch seine Eltern wollten, dass er nebenher Jura studierte.

Sera hörte interessiert zu und musste gestehen, dass die Gruppe ganz freundlich war. Das Gespräch war angenehm und es machte ihr Spaß, mit ihnen zu plaudern, bis der Professor kam.

Die Vorlesung begann und der Professor stieg gleich direkt ein. Sie setzten das Thema fort und Sera konnte anfangs kaum folgen.

Trotzdem strengte sie sich an, denn sie hatte sich vorgenommen, den Sommerkurs mit guten Noten zu bestehen.

Das war auch der Grund, warum sie ihre gesamte Freizeit anfangs fürs Lernen opferte. Nach knapp einer Woche hatte sie aufgeholt und begann, mit Isabella, Tanja, Ray und Oliver mehr Zeit zu verbringen.

Es war angenehm mit ihnen und sie kannten sich in Los Angeles sehr gut aus. Clubs, Cafés und Bars. Alles wurden gern von ihnen besucht.

Außerdem lenkten sie Sera damit gut ab, denn sie vermisste Astarot. Seitdem sie wieder in ihrer Wohnung mit Sienna lebte, hatte sie keinen Kontakt mehr mit ihm gehabt. Zumindest nicht persönlich. Dafür sprach ihre Schwester tagtäglich von ihm, sodass Sera vor ihr floh, weil die Erzählungen einen Stachel der Eifersucht in ihr heraufbeschworen und sie Astarot noch mehr vermissen ließ.

Es war alles gar nicht so einfach. Zudem rang sie mit sich, ihn anzurufen.

Warum sie plötzlich Hemmungen verspürte, eine einfache Frage vorzubringen, verstand sie nicht und sie starrte minutenlang in den Spiegel, bevor sie ihr Diensthandy hervorzog, seine Nummer aufrief und anschließend wählen drückte. Ihr Herz klopfte aufgeregt und sie hoffte, dass er trotz Sienna Interesse daran hatte, wie es mit dem Studium voranging.

Es hupte und dann hörte sie, wie Astarot abnahm. „Hallo Sera", sagte er scheinbar erfreut sie zu sprechen.

Im ersten Moment brachte Sera es nicht fertig, etwas zu sagen, da sie seine erfreute Stimme darauf bezog, dass Sienna da war. Ihre Schwester war im Hintergrund zu hören, wie sie lachte. Es war Mittag und sicherlich machten sie gerade Pause. „Hallo, Astarot", sagte sie schließlich und sah aus dem Fenster der Universität, um sich abzulenken. „Ich wollte fragen, ob du Lust hast, Essen zu gehen."

„Wie geht es dir? Was macht die Uni?", fragte er und wirkte irgendwie gestresst. „Heute leider nicht. Aber sonst sehr gern."

Seras Herz rutschte in die Hose und sie brachte es irgendwie fertig, zu sagen, dass es bisher gut ging. Ihr war klar, dass sie enttäuscht klang, aber sie versuchte nicht, es zu verbergen. Stattdessen wünschte sie Astarot noch einen schönen Tag, meinte, dass sie sich wieder melden würde und legte auf, bevor er noch etwas sagen konnte.

Es war klar, warum er keine Zeit hatte. Der Grund war nicht schwer zu erraten. Erschöpft und enttäuscht lehnte sich Sera gegen die kühle Wand und kämpfte mit den Tränen.

Wahrscheinlich verbrachte er seine Zeit mit ihrer Schwester.

Sera beschloss, mit Isabella und den anderen den Abend zu verbringen und sich dabei abzulenken. Vielleicht sollte sie auch Belial anrufen. Er hatte sicherlich Lust. 

Ein teuflischer ChefWo Geschichten leben. Entdecke jetzt