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Ich hatte das Gefühl, dass ich mein Herz bis zu meinem Hals schlagen spüren konnte. Mit einer leicht zittrigen Hand klopfte ich an das Holz der Tür die zum Büro von Kucera führte.

Lu war nicht ganz begeistert davon gewesen, dass Kucera das letzte Training des Jahres ausgerechnet auf den Tag unseres Friendmas legen musste. Es war allerdings auch nicht ganz einfach gewesen meinen Freund davon zu überzeugen, dass er mich nicht ins Training fahren musste.

Denn was weder Lu noch meine Teamkameraden wussten, war dass das was Kucera für heute vorgesehen hatte kein reguläres Training war – sondern eher eine Art Teambuilding.

Erst als ich Kuceras Stimme auf der anderen Seite der Tür meinen Namen sagen hörte, traute ich mich in das Büro des Trainers einzutreten. Der Mann in seinen Mittfünfzigern, sass vor dem Computer an seinem Schreibtisch und tippte via Adlersuchsystem auf der Tastatur herum.

«Hattest du schöne Weihnachten?», fragte mich Kucera ohne von seinem Computerbildschirm weg zu schauen.

Ich zog scharf die Luft ein. Wollte ich wirklich meinem Trainer davon erzählen, wie meine Eltern meine Homosexualität für eine Phase hielten, die mir einer meiner Freunde eingeredet hatte und dass ich diese Phase nun eben durchmachte?

«War ganz angenehm», log ich. Verunsichert schob ich meine Hände in die Taschen meiner Hose, während ich mit der Spitze meiner Winterstiefel Kreise auf den dunkelgrünen Teppichboden zeichnete.

«Möchtest du dich setzen?», Kucera blickte nun vom Computerbildschirm zu mir hinüber. Doch ich schüttelte den Kopf. «Ich bin verdammt nervös», murmelte ich, «Das ist alles.»

«Willst du wissen, was ich mir ausgedacht habe?», freundlich lächelte Kucera in meine Richtung.

Wollte ich das? Zugegeben, wenn ich wüsste was Kucera vorhatte, konnte ich mich so bereits vorbereiten. Das würde vielleicht meine Nerven beruhigen und ich konnte planen was und wie ich genau ich meinen Teamkameraden das mit meiner Sexualität mitteilen wollte. Denn nach dem Debakel mit meiner Familie hatte ich keine einzige Sekunde mehr hierdrüber nachgedacht.

Gerade als ich etwas sagen wollte, klopfte es erneut an der Tür. «Stör ich?», fragte Beaulieu, welcher seinen Kopf durch den Türspalt hindurchsteckte.

Ich schüttelte den Kopf. «Ich wollte eigentlich nur kurz Hallo sagen», nuschelte ich. Ich wischte den Schweiss, der sich langsam an meinen Händen bildete, an meinen Hosen ab, «Ich bin dann mal in der Umkleide.»

Ohne ein weiteres Wort zu meinem Teamkollegen oder dem Trainer zu sagen, flutschte ich aus dem Büro und schlich hinüber in die Kabine.

Ich setzte mich im Schneidersitz auf meinen üblichen Platz auf der Bank und sah dabei zu, wie sich die Umkleide nach und nach mit dem Rest des Teams füllte. Während ich darauf wartete, dass es losging, holte ich mein Handy aus der Hosentasche.

luciano constantini, 10:12: mir ist langweilig ohne dich :(

Ein kurzes verstohlenes Lächeln huschte über mein Gesicht bei der Nachricht von Lu. Nur zu gerne würde ich jetzt noch mit ihm im Bett liegen und kuscheln.

«Heisses Chick an der Angel?», fragte mich Alain. Ich hatte nicht bemerkt, dass ausgerechnet er es sich neben mir bequem gemacht hatte. Hastig schob ich mein Handy zurück in meine Hosentasche.

«Kein Chick», antwortete ich mit nervös zuckenden Mundwinkeln.

«Kein Mensch lächelt so, wenn er eine Nachricht von seiner Mutter bekommt», zwinkerte mir Alain zu, «Mit mir kannst du reden. Also schiess los Camenzind. Wer ist es? Es ist bestimmt die Kleine heisse mit den fantastischen Brüsten?»

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