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«Ich dachte, wir fahren zu einer Bar?», Coralie lehnte sich fragend auf dem Rücksitz zwischen Bei- und Fahrersitz hindurch zu mir und Lu, «Wieso stehen wir denn jetzt vor deinem Haus, Lu?»

Der Samstag, an dem Coralie ihren neunzehnten Geburtstag feierte, war schneller vor der Tür gestanden, als man auf drei zählen konnte. Da Kucera mich nach der Prellung nicht direkt wieder aufs Eis lassen wollte, brauchte ich mir keine Sorgen zu machen aufgrund des Geburtsages meiner besten Freundin ein Spiel sausenlassen zu müssen.

Irgendwann hatte sich Lu zu den Geburtstagstraditionen von Coralie und mir dazugesellt. Natürlich unter dem Vorwand, dass er uns für später abholen würde. Jedoch war ich mir sicher, dass Coralie längst wusste, dass da was zwischen Lu und mir im Busch war. Das Mädchen war schliesslich nicht blind.

Lu blickte über seine Schulter nach hinten zu Coralie. Natürlich nutzte der Tessiner es aus, dass er ihr so nah war um mit seinem Finger die Nasenspitze meiner besten Freundin anzustupsen. «Wir parken mein Auto, da wir sehr verantwortungsbewusste junge Menschen sind, welche nicht mit dem Auto zu einer Bar fahren in der sie sich besaufen und dann betrunken mit dem Auto zurückfahren», erklärte Lu gewissenhaft.

Coralie sah ihn etwas entgeistert an. «Wir besuchen eine Bar, welche bei dir um die Ecke steht?»

«Coralie chill», schnalzte ich mit der Zunge und blickte nun ebenfalls zu ihr nach hinten, «Nur weil die Bar sich irgendwie in der Nähe von Lus Wohnort befindet, heisst es noch lange nicht, dass es eine schlechte Bar ist.»

Das Bild, welches wir gerade abgaben, musste für aussenstehende wohl so aussehen, als ob wir uns gerade auf unseren ersten Elternabend als frischgebackene homosexuelle Väter einer pubertären Adoptivtochter vorbereiteten.

Der Rotschopf auf dem Rücksitz gab ein leises Murren von sich. «Aber ich bin demotiviert, dass ich dann später mit dem Bettmobil nachhause fahren muss.»

«Im schlimmsten Fall könntest du immer noch hier übernachten», bot Lu freundlich an. Coralies Blick wanderte sofort unauffällig aber dennoch vielsagend zu mir hinüber. Hastig drehte ich meinen Kopf zum Fenster hinaus und musterte das herbstliche Outfit des Quartiers in dem Lu mit seinen beiden Müttern wohnte.

Dieser öffnete nun die Fahrertür und blickte erwartungsvoll zwischen Coralie und mir hin und her. «Wollen wir?»

Als wir ausgestiegen und Lu den Bauernferrari abgeschlossen hatte, brauchte ich ihn nicht lange anzuschauen. Ich wusste, wie gern er meine Hand halten möchte und mit mir Hand in Hand zur Bar laufen möchte. Aber ich wusste auch, wie schwer es ihm immer noch fiel und dass er nach wie vor bevorzugte, dass unsere Beziehung ein Geheimnis blieb.

Da Lu den Weg am besten kannte, lief er zuvorderst, während Coralie und ich hinter ihm her schlurften. Coralie schien langsam etwas ungeduldig zu werden, denn Lu wollte ihr ums Verrecken nicht verraten wohin wir unterwegs waren.

Ein kurzes Lächeln huschte jedoch über Coralies Gesicht, als das Leuchtschild des Pubs langsam zu erkennen war. «Wieso habe ich damit gerechnet?», lachte das rothaarige Mädchen. Ebenfalls grinsend legte ich den Arm um meine beste Freundin und drückte sie fest an mich. «Hattest du echt Schiss, wir hätten uns irgendeine hässliche Bruchbude für deinen Geburtstag ausgesucht?»

Noch immer Arm in Arm schritten wir durch die Tür, welche Lu für uns offenhielt. Nur zu gerne hätte ich mich kurz zu ihm hinübergelehnt und ihm einen Kuss gegeben. Doch stattdessen schob ich Coralie in die Richtung eines Tisches, welcher in der hinteren Ecke des Pubs stand.

«Überraschung!», rief der Rest der Clique, welche bereits am Tisch sassen. Nach Absprache mit den Besitzern hatten sie uns grünes Lucht gegen Luftballons und Luftschlangen auf dem Tisch zu verteilen. Kristin, Morgane und Yves hoben ihre Gläser um uns, respektive dem Geburtstagskind, zuzuprosten.

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