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Quirin wartete bereits an der Tramhaltestelle, als wir kurz vor zehn Uhr eintrudelten. Kaum waren wir ausgestiegen, schon schlang mein älterer Bruder auch schon seine Arme um uns. Ich wusste, wie Quirin das alles meinte. Aber in dem Moment fühlte sich alles wesentlich dramatischer und übertrieben an.

– aber was weiss ich; schliesslich wollte mir Lu selbst in der Tram nicht erzählen was genau der Typ zu ihm gesagt hatte oder ob er es gar gewagt hatte Lu gegen seinen Willen anzufassen.

Ich drückte Lus Hand in meiner so fest ich konnte als wir Hand in Hand zu der WG liefen. Sein Blick war gesenkt, fest fixiert auf das Gelb seiner Schnürsenkel, welches im schwachen Licht der Strassenlaternen gut zu erkennen war.

Der Weg von der Tramhaltestelle zum Wohnblock, in dem sich die WG befand, war durch die Kälte etwas glatt. Aufgrund des Profils der Sohle von Lus Converse verlor er ein paar Mal um ein Haar das Gleichgewicht. Doch ich war da und hielt ihn in letzter Sekunde noch gerade fest.

Doch Lu sagte noch immer nichts. Stattdessen war er nun derjenige, der meine Hand festdrückte.

Am Wohnblock angekommen schloss Quirin die Tür auf und liess uns ins Haus. Wir liefen hoch in den vierten Stock.

In der Wohnung angekommen schlüpften wir aus unseren Jacken, welche Quirin am Jackenständer aufhing. Erst jetzt stellte ich fest, dass mein älterer Bruder in Schlafklamotten zur Tramhaltestelle aufgebrochen war um uns abzuholen.

Mit hochgezogener Augenbraue musterte ich das Outfit meines Bruders. Er warf mir einen vielsagenden Blick zu, während wir aus unseren Winterstiefeln schlüpften. Lu hatte sich auf den Boden gesetzt, da er etwas länger brauchte um seine Converse auszuziehen.

«Ich hoffe», sagte ich nuschelnd zu Quirin, «Dass ich euch mit meinem Anruf nicht aus dem Bett geholt habe.»

Ein Glück schüttelte Quirin schmunzelnd den Kopf. «Magdalena ist im Zimmer und liest zum vermutlich fünfhundertsten Mal die Harry Potter Bücher während ich den Abend zum Zocken genutzt habe.»

Ich nickte. Auf Lu wartend schob ich meine Hände in die Hosentasche. Es fühlte sich in diesem Moment ein klein wenig so an, als ob er sich extra lange Zeit liess seine Schuhe auszuziehen. Doch als er endlich fertig war und aufstand, meinte mein Freund nur: «Ist es okay, wenn ich mich kurz unter die Dusche schmeisse?»

Quirin als Hausherr schenkte meinen Freund ein freundliches Lächeln «Aber selbstverständlich. Wenn du etwas brauchst, nimm es dir einfach, okay?»

Lu nickte ehe er sich mit einem kurzen Kuss von mir verabschiedete und im Bad der WG verschwand.

Gemeinsam mit Quirin ging ich in die Kombination aus Küche und Wohnzimmer. «Magst du was trinken?», fragte er mich während er den Kühlschrank öffnete.

«Wenn es dir nichts ausmacht, dann würde ich sonst gerne eine Tasse Tee trinken», antwortete ich.

Quirin nickte und griff nach dem Wasserkocher, welchen er erst ausspülte, ehe er ihn mit neuem Wasser befüllte. «Ich mach extra etwas mehr, damit Lu nachher auch noch heisses Wasser hat, wenn er mag.»

Es folgte ein Nicken meinerseits. Ich setzte mich auf das Sofa, welches wir heute Morgen nach dem Frühstück von unserer Schlafstätte wieder in seine ursprüngliche Version zurückgebaut hatten. Magdalena und Quirin hatten zwar gemeint, dass sie es wieder in das Bett verwandeln würden, bevor wir zurückkämen, aber das hat sich dann wohl durch meinen Anruf erledigt...

Obwohl das Wasser noch nicht fertiggekocht war, setzte sich Quirin ebenfalls zu mir aufs Sofa. Er winkelte die Beine an, während er seine Hand ausstreckte und nach der Fernbedienung griff um etwas als Hintergrundgeräusch einzuschalten. «Falls ihr nachher noch was schauen wollt, dann dürft ihr euch gerne wieder an meinem Netflix Account bedienen», sagte Quirin während er die Fernbedienung zurück auf den Couchtisch legte.

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