Mit der Kapuze meiner Regenjacke tief ins Gesicht gezogen lehnte ich gegen die Motorhaube des dunkelblauen Wagens. Ich erwischte mich immer wieder dabei, wie ich auf die Uhr des Fitnesstrackers an meinem Handgelenk schielte.
Vor rund zehn Minuten hatte es wieder angefangen zu regnen. Vor rund zehn Minuten hätte aber auch schon das Training zu Ende sein sollen.
Immer wieder erwischte ich mich dabei, wie ich hinüber zur Halle starrte und sehnsüchtig darauf wartete, dass die Tür aufging. Bislang waren erst zwei meiner ehemaligen Mitspieler rausgekommen. Gekonnt hatte ich mich vor ihnen versteckt – oder ich war ihnen einfach nicht aufgefallen mit meiner Kapuze bis ins unermessliche hinuntergezogen.
Das mir trotz der noch immer warmen Temperaturen des sich langsam dem Ende nähernden Augustes kalt war, lag wohl einzig und allein am Regen, welcher ohne Scham auf mich runter brach. Lu hatte sich im Datum vertan, denn ihr Training hatte früher wieder begonnen als er mir ursprünglich mal erzählt hatte.
«Ih, auf meiner Motorhaube befindet sich Ungeziefer», die nasale Lache meines besten Freundes liess mich hochblicken. Im Gegensatz zu mir trug er keine Regenjacke, sondern hatte sich seine Sporttasche so über den Kopf gehievt, damit er halbwegs trocken blieb.
Ich mochte ihm vielleicht den Mittelfinger entgegenstrecken, ehe ich ihn in die Schulter boxte. Doch innerlich hätte ich Lu am liebsten geküsst als er sich zur Begrüssung zu mir rüber lehnte.
«Was wird das hier jetzt eigentlich?», fragte Lu grinsend. Er ging nach hinten um seine Sporttasche in den Kofferraum zu verfrachten.
«Rache», grinste ich und stiess mich von der Motorhaube ab.
«Ich glaube das Wort das du suchst ist Revanche», stellte Lu klar, «Weil falls du es vergessen hast – Tradition und so.»
Beim Lachen warf ich meinen Kopf ein klein wenig in den Nacken, sodass meine Kapuze hinunterrutschte und der Regen in mein Gesicht prasselte.
«Bist du eigentlich mit dem Zug da?», wollte Lu von mir wissen. Er befand sich noch immer hinten am Kofferraum und schien nach irgendwas zu suchen.
«Siehst du irgendwo Quirins Schrottkarre?», fragte ich. Mein Blick wanderte über den Parkplatz gegenüber der Eishalle, welcher eigentlich einer Zahnarztpraxis gehörte. «Ich dachte mir bevor wir mit zwei Autos durch die Weltgeschichte fahren...»
«Clever», unterbrach mich Lu, welcher nun wieder vor mir stand, «Ich denke, dann solltest du derjenige sein, welcher fährt.»
Lu drückte mir seine Autoschlüssel in die Hand und stieg beim Beifahrersitz ein. Kopfschüttelnd lief ich um die Motorhaube rum und stieg auf der Fahrerseite ein. Etwas ungelenkig schlüpfte ich auf meiner Regenjacke und warf diese auf die Rückbank.
Während ich mich auf dem Fahrersitz einrichtete, stöpselte Lu sein Handy ein. Er fummelte in seiner Playlist herum bis er sich mit dem Ausruf «Perfekt!» endlich auf etwas geeinigt hatte. Kaum hatte die Sängerin das erste Wort auf rätoromanisch ausgesprochen schielte ich entgeistert hinüber zu Lu: «Dein Ernst?»
Dieser zuckte nur mit den Schultern. «Ich dachte, dass wenn du schon nicht deine Rostlaube von Volvo fahren kannst, dass du wenigstens heimische Musik hören willst.»
«Idiot», sagte ich grinsend und startete den Motor.
Kaum hatten wir den Subaru auf dem Parkplatz des McDonald's abgestellt, begann es auch schon aus allen Kübeln zu schütten. Wir entschieden uns eine Weile im Auto zu warten. Zumindest so lange, bis man rausgehen konnte ohne auf eine Rettung durch Noahs Arche warten zu müssen.
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we are satellites
Ficção AdolescenteAndrin wäre gerne ein Komet. Dabei lässt er sich eher mit einem Satelliten vergleichen, der in seiner Umlaufbahn festzustecken scheint. Obwohl er sich diese Saison einen Platz als Stammspieler im Zweitligateam seiner Eishockeymannschaft ergattert h...