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Durch die Musikanlage in Lus Zimmer drang leise das Outro eines Hörspieles. Lu gehörte zu der Sorte Mensch, die ohne das Hören eines Hörspieles nicht einschlafen konnten. Nur hatten wir es geschafft insgesamt vier Hörspiele durchzuhören, noch bevor auch nur einer von uns beiden sich müde genug zum Schlafen gefühlt hatte. Viel zu sehr waren wir damit beschäftigt gewesen uns über Gott und die Welt zu unterhalten.

«Das sind Bibi und Tina...», nuschelte Lu singend und noch immer im Halbschlaf als ich Sonntagmorgen meine müden Augen öffnete. Lautlos lachend schüttelte ich den Kopf, ehe ich diesen in den Haaren des Tessiners vergrub. Ich sog den Duft seines Shampoos förmlich ein.

Ich hatte also die Nacht nicht geträumt; Lu hatte tatsächlich in meinen Armen geschlafen. Ich hatte mich gestern vor ihm geoutet und diese hohle Nuss hatte meine Gefühle erwidert.

Natürlich musste just in dem Moment, in dem ich beschäftigt war Lu verliebt anzuschmachten, der Wecker meines Handys sich zu Wort melden. Es war natürlich nicht vorteilhaft, wenn man gegen drei oder noch später eingeschlafen war, wenn um sieben der Wecker wieder klingelte. Von Ausschlafen war an diesem Sonntag nicht zu denken, denn wir mussten spätestens um neun wieder in der Eishalle sein, da die zweite Lektion der Hockeyschule stattfand.

«Guten Morgen», flüsterte ich gähnend, als ich mich ausstreckte um den Wecker meines Handys auszuschalten ohne dabei den Tessiner zu erdrücken.

Lu rieb sich verschlafen die Augen, ehe er zu mir hochblickte. Etwas zögerlich streckte er den Arm aus und strich mir die Haare aus dem Gesicht. «Bist ein ganz schön bequemes Kissen», flüsterte Lu.

«Und du ein guter Teddybär», grinste ich flüsternd.

Glucksende Geräusche von sich schlang Lu seine Arme um mich und drückte mich so fest er konnte. «Ich will gar nicht aufstehen», nuschelte er gegen den Stoff des Shirts, welches er mir zum Schlafen geliehen hatte.

«Erklärst du Pierre dann, wieso wir nicht zur Lektion aufgekreuzt sind?», flüsterte ich fragend, «Oder Kucera, wieso ich beim Spiel heute Abend nicht teilnehmen kann.»

Lu grummelte, ehe er sich aus meinen Armen rollte. Bockig wollte ich ihn zurückholen, doch er sass bereits auf dem Rand des Bettes. «Ich geh duschen», sagte er. Müde griff Lu nach der Brille, die er vor dem Schlafen auf seinen Nachttisch gelegt hatte, «Du kannst sonst schon mal rausgehen. Das Mutterschiff freut sich sicher, wenn du ihnen beim Frühstück vorbereiten hilfst.»

Das war eine andere Sache, die im Constantini Haushalt eine wichtige Tradition war. Sie frühstückten jeweils Sonntagmorgen gemeinsam. Selbst, wenn Lus Mutter Nachtschicht hatte, wurde sonntags gemeinsam gefrühstückt.

«Übrigens», begann Lu und drehte sich nochmals zu mir, «Du brauchst keine Hemmungen vor dem Mutterschiff zu haben.»

Stirnrunzelnd musterte ich Lu. «Ich dachte du willst..., dass hier... noch nicht gross an die Glocke hängen?», so ganz traute ich mich noch nicht, dass hier als Beziehung zu bezeichnen. Ich hatte Angst etwas voreilig zu reagieren.

Lu stiess ein leises kehliges Lachen aus. «Das will ich nach wie vor Camenzind», versicherte er mir, «Aber wenn du neben deinem Mentor irgendwelche weiteren Erwachsenen in deinem Leben brauchst, mit denen du dich über Sexualität und all das unterhalten kannst, dann sollst du das auch mit den beiden können.»

Schwach bewegten sich meine Mundwinkel nach oben. «Danke», flüsterte ich. Lu rutschte nochmals nach hinten und presste seine Stirn gegen meine. Eine Weile verharrten wir so, ehe sich Lu abstiess und vom Bett praktisch aufsprang. «So – ich geh jetzt dann mal wirklich duschen.»

Etwas hoffnungslos blickte ich Lu hinterher, ehe ich mich selbst aus dem Bett quälte. Ich streifte mir die geliehenen Schlafklamotten vom Leib. Vorsichtig faltete ich diese und platzierte sie auf dem Ende des Bettes, ehe ich nach meinen Kleidern vom Vortag griff und diese wieder anzog.

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