32.

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Ich hatte es mir bereits auf dem Sitzplatz bequem gemacht während ich Lu dabei beobachtete, wie er unsere Rucksäcke oben in die Taschenablage verfrachtete.

Lu stellte zwei Getränkeflaschen, sowie einige Snacks auf das kleine Tischchen zwischen unseren beiden Sitzplätzen, ehe er sich mir gegenüber hinsetzte.

«Wie hoch ist die Gefahr statistisch gesehen, dass wir unsere Taschen hier liegen lassen?», fragte Lu. Sein Blick wanderte aus dem Fenster des oberen Abteils des doppelstöckigen Zuges. Der Vorteil, dass sich Lus Wohn- sowie Schulort der Startbahnhof des Zuges war, war, dass wir uns keine Sorgen darum machen mussten einen guten Sitzplatz zu finden.

Der Zug rollte langsam aus dem Bahnhof heraus. Die Ansage begrüsste uns an Board und wünschte uns eine schöne Reise, ehe die Route verkündet wurde.

«Ich hab übrigens Karten mitgebracht», Lus Hände wanderten an die Brusttaschen seiner Jacke und kramten nach den besagten Jasskarten.

«Möchtest du deine Jacke eigentlich nicht ausziehen?», fragte ich den Tessiner mit hochgezogener Augenbraue. Während ich meinen khakifarbenen Parka längst ausgezogen und an der dafür vorgesehenen Vorrichtung aufgehängt, trug Lu seinen immer noch. Seiner war dunkelblau und gefüttert mit falschem Lammfell. Lus Parka sah unglaublich kuschlig aus, jedoch sah er aber auch so aus, als ob er verdammt gut wärmte.

«Aber dann muss ich ihn nachher wieder anziehen», protestierte Lu, welcher immerhin sich bereits dem Schal sowie seiner Wollmütze entledigt hatte.

Schmunzelnd liess ich meinen Blick über den Tessiner wandern. «Aber an einem Hitzschlag sterben ist dir lieber?», grinste ich stichelnd. Lus vollen Lippen entwich ein leises seufzen und sogleich zog er auch schon seinen Parka aus. Darunter kam ein pink-gelb-blau gestreifter Wollpulli zum Vorschein.

«Hast du eigentlich mal vor Winterschuhe zu kaufen?», mit der Fussspitze meiner Winterstiefel stupste ich die mittlerweile ergrauten Spitzen von Lus Converse an. Egal welches Wetter draussen herrschte oder welcher Anlass auch immer bevorstand, man konnte sich einer Sache sicher sein: Luciano Constantini würde in seinen abgeranzten Converse auftauchen.

Doch Lu zuckte nur mit den Schultern und begann die Spielkarten, welche er hervorgeholt hatte, zu mischen. «Bock?», fragte er ohne mich dabei auch nur anzuschauen.

«Auf einen Schieber zu zweit?», hakte ich skeptisch nach. Ich war nicht mal bei einer regulären Partie Jass einigermassen gut drin – wie wollte ich einen erfolgreichen Jass zu zweit mit ihm klopfen?

«Ich hab nur Deutschschweizer Karten dabei», murmelte Lu während er begann die Karten zu verteilen, «Und ich hab keine Ahnung ob man Bullshit oder Elfer Raus mit nicht Französischen Karten spielen kann.»

«Gewonnen», seufzte ich und schnappte mir die Karten, welche mein Freund gerade verteilt hatte.

«Du darfst den Trumpf ansagen», sagte Lu, während er sich für einen seiner beiden ausgeteilten Stapel entschied.

«Eichel», wählte ich und wir begannen unsere erste Partie.

Während Lu hochkonzentriert auf das Spiel war, machte ich mir einen Spass draus mein Bein auszustrecken und den in Röhrenjeans steckenden Beinen meines Freundes entlang mit meinem Fuss zu fahren. Immer wieder warf er mir während unserer Jassrunde vielsagende Blicke zu, dass ich damit aufhören sollte ihn damit abzulenken. Aber irgendwann legte er mir seufzend seine eigenen Füsse unter dem Tischchen auf den Schoss.

Ich kniff in seine Zehen, worauf Lu das Gesicht verzog. «Siehst du», zwinkerte ich ihm zu, «Wenn du Winterschuhe hättest, würde ich dich nicht so leicht zwicken können.»

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