Dieses Jahr schaffte es nicht einmal der Spengler Cup mich in irgendeiner Weise zu begeistern. Seit meinem Outing vor dem Team verbrachte ich die meiste Zeit lustlos im Bett liegend. Ich verliess Lus Zimmer höchstens zum Essen oder wenn ich aufs Klo musste.
Es machte keinen Sinn für mich, wie nur eine einzelne Aussage eines hohlbirnigen Idioten dafür sorgen konnte, dass ich komplett aus der Bahn geschmissen wurde. Alains eklige Art und Weise wie er mich nach dem bedrängt hatte, liess mich nicht wirklich los. Manchmal wachte ich nachts auf, weil ich via einem Albtraum den Bullshit welchen Alain mir an den Kopf gepfeffert hatte, nochmals durchlebte.
Aber hatte ich Lu etwas davon erzählt?
Nein. Ich wollte nicht, dass er sich deswegen irgendwelche unnötigen Sorgen machen musste.
Aber sehr wahrscheinlich hatten die ersten Sorgenkeime bereits in Lus Kopf ihre Wurzeln geschlagen. Denn schliesslich hatte ich zu nichts Lust. Ich wollte nicht zocken. Keine zehn Pferde bekamen mich auf die Ski oder Schlittschuhe. Stattdessen war alles was ich wollte im Bett liegen und vor mich hinvegetieren.
Im Fernseher in Lus Zimmer lief das aktuelle Spengler Cup Spiel, Lugano gegen eine tschechische Mannschaft. Während Lu im Schneidersitz auf dem Bett sass und gespannt das Spiel zuschaute, hatte ich mich unter die Decke eingekuschelt und meinen Kopf auf seinen Schoss gelegt.
Wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, mir durch seine aufgeregten Armbewegungen beinahe ein blaues Auge zu verpassen, kämmten seine Finger durch meine Haare.
«Wer meinst du, wird dieses Jahr den Cup gewinnen?», fragte Lu ohne seinen Blick vom Bildschirm zu lösen.
Auf dem Fernseher wurde das zweite Drittel gerade abgepfiffen und die Kamera schwenkte vom Eisfeld auf den Sportmoderator in den hässlichsten Anzügen, welcher nach einem der berühmtesten Dichter des deutschsprachigen Raumes benannt war. Während er sein Fazit über die ersten beiden Drittel des Matches abgab, zuckte ich nur müde mit den Schultern.
«Vermutlich wird es eh wie so oft wieder Team Canada oder Davos», flüsterte ich gegen die feinen Härchen auf Lus nackten Oberschenkel. Die Beine seiner kurzen Jogginghose waren etwas nach oben gerutscht, sodass es ein klein wenig so aussah, als ob er nur in Unterhosen auf dem Bett sitzen würde. Vorsichtig presste ich einen kurzen Kuss auf Lus Oberschenkel.
Mein Freund schnalzte mit der Zunge. Erst war ich mir unsicher, ob es mit meinem Kuss zusammenhing. Doch als ich hochblickte, schüttelte Lu den Kopf. «Ich denke, dass Lugano dieses Jahr gute Chancen hat das Ding zu holen.»
«Du und dein Lugano», schmunzelte ich. Meine Finger kitzelten Lus Knie, welcher daraufhin ein leises Lachen ausstiess. «Du und dein Davos.»
Ich rutschte von Lus Oberschenkel hinunter. Meinen Kopf pflanzte ich auf das Kopfkissen, während ich mich nur noch mehr unter die Bettdecke kuschelte.
Lu schielte kurz vom Fernseher hinüber zu mir. «Alles gut?», fragte mein Freund zwar etwas zögerlich. Dennoch nickte ich schwach. «Alles gut», wiederholte ich.
«Ganz sicher?», fragte Lu skeptisch. Er rutschte aus dem Schneidersitz und legte sich neben mich. Es dauerte eine Weile, bis er es geschafft hatte sich einen Weg in meinen Bettdeckenkokon zu bahnen.
«Willst du dich nicht lieber weiter auf das Spiel konzentrieren?», fragte ich Lu.
Mein Freund rutschte auf meine Augenhöhe. Er überlegte erst ob er mir den Arm umlegen sollte. Es dauerte aber dennoch eine Weile, bis er sich getraute mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu schieben, «Warum igelst du dich dermassen ein, Andrin?»
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we are satellites
JugendliteraturAndrin wäre gerne ein Komet. Dabei lässt er sich eher mit einem Satelliten vergleichen, der in seiner Umlaufbahn festzustecken scheint. Obwohl er sich diese Saison einen Platz als Stammspieler im Zweitligateam seiner Eishockeymannschaft ergattert h...