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«Wenn das nicht unser neuer Superstar ist», begrüsste mich mein ehemaliger Trainer als ich gemeinsam mit Lu Samstagvormittag in der Eishalle aufkreuzte.

Leise lachte ich, als ich in Pierres ausgestreckte Hand einschlug. «Ich hab übrigens mit Kucera noch gesprochen», informierte er mich, «Nur damit wir uns einig über dein Helfen in der Eishockeyschule sind.»

Etwas beschämt zog ich den Kopf ein, doch Pierre gab mir lachend einen Klapps auf den Rücken. «Alles gut Camenzind. Kucera ist der Meinung, dass die Kids so mehr Ansporn haben, neben einem richtigen Spieler auf dem Eis zu stehen.»

Stirnrunzelnd musterte Lu den Trainer. Ich musste gestehen, Pierres – oder wohl eher Kuceras Wortwahl – war nicht gerade die feine englische Art.

Wir tauschten uns noch kurz mit Pierre aus ehe wir zu zweit die Umkleiden ansteuerten. Ich musste mich erst mal wieder daran gewöhnen nicht in der vollständigen Ausrüstung auf dem Eis zu stehen, sondern nur mit Schlittschuhen, Helm und Handschuhen.

«Ich bin gespannt wie die Kleinen so drauf sein werden», sagte Lu während dem er seine Schlittschuhe zuschnürte.

«Du meinst wie viele Eltern ihre Kinder wieder in die Hockeyschule stecken, damit sie lernen wie man überhaupt Eisläuft?», fragte ich ihn lachend. Ich war bereits fertig und lehnte mit dem Helm unter dem Arm geklemmt an der Wand.

«Komm lass uns gehen», meinte Lu während er von der Bank aufstand, «Dann können wir bei Pierre nachhaken ob's was zum Aufstellen gibt.»

«Übrigens», Lu war bereits dabei an mir vorbei hinaus aus der Umkleide zu laufen, weswegen ich nach seinem Oberarm griff und ihm zum Stillstand zwang, «Ich hab mit Kucera gesprochen. Er ist damit einverstanden, wenn du dir das Training heute anschauen kannst.»

«Was?», mit weitaufgerissenen Augen starrte mich Lu an. Bevor ich mich in der Schönheit seiner Iris-Heterochromie verlor, gab ich ein kehliges Lachen von mir, «Wenn ich schon den ganzen Tag in dieser stickigen Halle verbringen muss, dann kannst du mir wenigstens Gesellschafft leisten.»

«Ist das dein Ernst Camenzind?», fragte Lu benommen. Er sah immer noch so aus, als hätte ihn um ein Haar ein Auto überrollt.

Lachend klopfte ich ihm auf der Schulter und stiess mich von der Wand ab. «Ich hab Kucera gefragt ob du zuschauen kannst – nicht ob du mittrainieren kannst.» Und damit stiess ich mich von Lu fort.

Pierre war bereits dabei die orangenen Verkehrshütchen in diversen Grössen aus dem Materialraum rauszuholen. «Gut das ihr kommt», sagte der Juniorentrainer, «Ihr könnt mir dabei helfen ein paar davon aufs Eis zu stellen. Die erste Gruppe sollte nicht allzu spät gleich eintrudeln.»

Er sollte recht behalten: Praktisch in dem Moment indem Pierre die Worte aussprach tauchten die ersten Eltern mit ihren Kindern auf. Einige der Kinder wurden getragen, andere liefen selbstständig. Es gab Kinder, welche überaus glücklich zu sein schienen, dass sie gleich aufs Eis durften und andere, welche sich an ihren Eltern festkrallten und diese nicht loslassen wollten.

«Guten Morgen», begrüsste Pierre die erste Gruppe. Auch Lu und ich stiegen in die Begrüssung ein: «Hallo!»

Lu lehnte sich an die Bande und blickte zu den Eltern, die dabei waren ihre Taschen auszupacken. «Falls ihr Hilfe brauchen solltet, dann stehen ich und mein Compagnon Andrin Ihnen gerne zur Verfügung.»

«Danke», meinte eine Mutter leicht schnippisch, «Aber wir sollten das alleine hinkriegen. Schlittschuhlaufen ist ja keine allzu komplizierte Sportart wie jetzt zum Beispiel Reiten.»

Leise seufzend stiess sich Lu von der Bande ab und fuhr rückwärts zu mir. «Ich hab schon die Mutter entdeckt, die mir alles andere als sympathisch ist», brummte Lu flüsternd.

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