4.

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Ich sass allein im Wohnzimmer auf dem Sofa und zappte die Kanäle des Fernsehers rauf und runter. Sascha hatte sich mehr oder weniger direkt nach unserer Rückkehr für seinen Job in einer Bar verabschiedet. Zwar hatte er mich erst gefragt ob ich mitkommen wollte, aber ich hatte verneint. Bars waren nicht mein Ding – egal wie schmackhaft man mir diese machen wollte.

Stattdessen sass ich lieber im Wohnzimmer der Wohnung meines Bruders, hielt in der einen Hand die Fernbedienung und zappte durch jeden einzelnen der sechshundertsechsundfünfzig Sender, während ich mein Handy in der anderen Hand hielt und mir die Instagram Stories meiner Freunde ansah.

Mein bester Freund hatte dumme Memes in unseren Gruppenchat gepostet, während meine beste Freundin mir privat wieder die heutigen Highlights ihres Sommerjobs als Aprikosenverkäuferin geschickt hatte. Mein persönlicher Favorit war das Cabrio im seventies Flower-Power Print, dass eine gefühlt neunzigjährige Dame fuhr, die ebenso stuck in the seventies aussah, wie das Äussere ihres Cabrios.

Als ich den Schlüssel im Schloss der Wohnungstür umdrehen hörte, drehte ich meinen Kopf in die Richtung des Geräusches. «Bin zurück», rief Quirin während er aus seinen Turnschuhen schlüpfte.

«Warum erzählst du mir nichts von deiner Freundin?», fragte ich direkt. Ich hatte meine Arme auf der Armlehne des Sofas überkreuzt und meinen Kopf darauf abgestützt.

Mein älterer Bruder gefror in seiner Position und sah wie ein Reh im Scheinwerferlicht zu mir rüber. «Was

«Nicht was», antwortete ich, «Sondern warum?» Wenn ich die Worte die ich sprach irgendwie hervorheben könnte, so würde ich dieses Warum gerne in fett, Grossbuchstaben und Arial Schriftgrösse 48 in der Farbe rot doppelt unterstrichen an die Wand pinseln.

Quirin zuckte mit den Schultern. Er kam zu mir ins Wohnzimmer. Alles andere als elegant schmiss er sich über die Lehne des Sofas, sodass er nun neben mir sass. «Woher weisst du überhaupt von... meiner ... Freundin?», zuckte Quirin nervös stotternd. Er kratzte sich am Ohrläppchen und musterte mich skeptisch.

Leise seufzte ich. «Ich hab Sascha gefragt wer M. Paul ist und er meinte, dass das deine Freundin ist.»

Er schob die Unterlippe vor, ehe er den Kopf in den Nacken fallen liess. «Ich wusste das das zu Problemen führen wird...», mein Bruder gab merkwürdige Laute von sich, während er sich die Augen rieb, «Aber ja. Ich hab eine Freundin und ich hatte gute Gründe, dass ich niemandem von euch davon erzählt habe.»

Ich runzelte die Stirn. «Ist deine Freundin minderjährig?», hörte ich mich in panischer Stimme fragen.

Zu meinem Glück schüttelte Quirin den Kopf. «Magdalena ist gleich alt wie du», begann er stammelnd zu erzählen, «Wir kennen uns aber seitdem wir Kinder sind ... und ich habe das Gefühl, dass unsere Eltern dies nicht für gut verheissen würden.»

Verwirrt legte ich den Kopf schief. «Also kenne ich deine Freundin?»

«Unsere ganze Familie kennt Magdalena», schnalzte Quirin, was mich nur noch mehr verwirrte, «Magdalena war eines unserer Ferienkinder aus Deutschland. Erinnerst du dich noch?»

Nun war ich derjenige, der mit den Schultern zuckte. Wir hatten mehrere Gastkinder aus Deutschland die uns während unserer Schulferien auf dem Hof besuchten. Und selbst heute beherbergte der Hof unserer Eltern noch immer welche.

«Wir haben uns irgendwann als wir noch Teenager waren angefangen Briefe zu schreiben», erklärte Quirin. Er hatte seinen Ellbogen auf der Sofalehne und seinen Kopf an seiner Faust abgestützt, «Und mit dem Alter sind wir irgendwann auf Social Media umgestiegen und haben angefangen miteinander zu flirten. Vor knapp zwei Jahren hab ich sie bei ihr zuhause besucht und wir sind seitdem an mehr oder weniger zusammen.»

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