"Schlachtfeld"

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Hank landete auf einer Lichtung in Mitten eines Waldes. Weit genug entfernt, um unsere Feinde nicht auf uns aufmerksam zu machen, aber auch nah genug, um nicht etliche Meilen zu Fuß zurücklegen zu müssen. Dunkel erstreckten sich in allen Himmelsrichtungen Nadelbäume. Soweit das Auge reichte, bedeckten riesige Bäume und Felsen die Landschaft. In der Ferne konnte man das Rauschen eines Wasserfalles hören. Am Himmel hangen große graue Wolken, es würde wohl bald regnen, man konnte auch schon den Geruch von feuchtem Moos wahrnehmen. Ich war der erste, der aus dem Jet gestiegen war und wartete nun bis sich die anderen zu mir gesellten. Mein ganzer Körper bebte vor Aufregung, meine Hände zitterten, mein Herz raste und meine Gedanken drehten sich nur um eines: Stef zu retten. Langsam begaben sich die anderen ebenfalls zu mir und stellten sich in einer Reihe auf. Charles verließ als Letzter das Flugzeug und kam mit seinem Rollstuhl vor uns zum Stehen. „Erik wird nun vorangehen, folgt ihm und vergesst nicht, wir werden auf euch aufpassen.“ Ich wartete nicht ab, ob noch jemand etwas zu sagen hatte, dafür war jetzt nicht die richtige Zeit, sondern setzte mich sofort gen Norden in Bewegung. Es war ein etwa 30-minütiger Fußmarsch bis wir an den Seiteneingang gelangten, welcher die geringste Bewachung aufwies. Während des Marsches waren nur unsere Schritte und das darunter knackende Unterholz zu hören. Kaum ein Vogelzwitschern erfüllte die Luft, genau wie damals. Als wir nur noch einige Meter vom Eingang entfernt waren, hob ich meine Hand und bedeutet den anderen damit stehen zu bleiben. Abrupt kamen sie zum Stehen und gaben keinen Laut von sich. Misstrauisch ging ich ein paar Schritte näher an den Eingang. Ich lauschte und sah mich um. Irgendetwas war merkwürdig. Es waren keine Wachen postiert und die Kameras waren deaktiviert. „Charles?“, wandte ich mich an ihn. Er wusste genau was ich von ihm wollte. Er legte seinen Finger an die Schläfe und tastete mit seinem Geist das Gebäude ab. Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „Es ist niemand in diesem Gebäude.“, gab er mir verwirrt zu verstehen. Ich sah wie sich die Kinder entspannten, bis sie bemerkten, dass dies auch hieß, dass ihre Freunde ebenfalls nicht da waren und nicht nur, dass sie nicht kämpfen mussten. Ich wusste gerade selbst nicht, wie ich mich fühlen sollte. Wir hatten und hierauf vorbreitet und alles genau geplant und nun war der Stützpunkt leer. „Verdammte Scheiße.“, schrie ich so laut ich konnte und schlug mit meiner gesunden Hand gegen die massive Metalltüre. Ein leichtes ziehen durchzuckte meinen Körper. „Los Kinder, geht mit Logan zurück zum Jet. Ich komme mit Erik gleich nach.“ Zögernd drehten sie sich zum Gehen um. Auch sie wussten nicht wirklich, was jetzt geschehen wird. Meine Frustration war grenzenlos. Wie lange sie jetzt wohl noch leiden musste bis wir sie fanden? „Erik?“, hörte ich Charles hinter mir. „Geht’s dir gut?“. Als ich das hörte, fing ich an zu lachen, einfach deswegen, weil die Frage so absolut absurd war, dass es fast schon wieder komisch hätte sein können. Gut? Nicht mal ansatzweise. Wir haben uns vorbereitet und sie ist nicht da. Eine Woche ist sie bereits in den Händen dieser Schweine und wer weiß wie lange noch. Vielleicht lebt sie ja auch schon gar nicht mehr, aber daran wollte ich jetzt keinen Gedanken verschwenden. „Du weißt ich kann deine Gedanken nicht lesen, wenn du deinen Helm trägst.“ Ich knurrte frustriert. „Verdammt Charles, wie soll es mir denn bitte gut gehen?“, ich kämpfte mit den Tränen. „Es war alles umsonst, wir haben wertvolle Zeit verschwendet und nichts erreicht. Sie ist immer noch in Gefangenschaft und hat Angst und sie verlässt sich auf mich…“ meine Stimme brach. Ich wollte ihn nicht anbrüllen, aber ich konnte mich gerade nicht im Zaum halten. Ich sah ihm an, dass er genau dasselbe dachte, wie ich. „Lass uns gehen.“, versuchte er mich zu drängen. Nein, dachte ich. Es kann nicht sein, dass alles umsonst war. Immerhin wollten sie mich. Sie mussten gewusst haben, dass ich sie hier suchen werde und um sich Zeit zu verschaffen. Aber Zeit wofür? Es muss irgendwo einen Hinweis geben, ganz sicher. „Geh ruhig vor. Ich komme gleich nach.“, sagte ich mit düsterer Stimme.
 
Mit einem lauten Knarren verbog ich die schweren Metalltüren. Es war ein leichtes mit meinen Kräften. Irgendwie wusste ich genau, wohin ich zu gehen hatte. Ich war hier schon einmal und hatte eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Heute würde es nicht anders sein, nur diesmal würde ich sichergehen, dass diese Einrichtung nie wieder betreten werden kann. Alarmglocken ertönten, als ich begann hinter mir alles dem Erdboden gleich zu machen. Ich ließ meiner Wut nun freien Lauf und stellte mir vor, wie ich diesen Bastarden den Schädel einschlagen werde, wenn ich sie fand. Das ganze Gebäude knarzte unter meiner Zerstörungswut. Nach etlichen Minuten und einigen Windungen kam ich zu dem Raum, den ich als Zentrale in Erinnerung hatte. Die Tür öffnete sich mit einem Zischen automatisch.

Perplex stand ich vor der geöffneten Tür. Alles andere schien hier außer Betrieb gewesen zu sein. Im selben Moment schalteten sich die Lichter im Raum ein und ein Bildschirm in der Mitte wurde enthüllt. Ansonsten war der Raum vollkommen kahl. Die Konsolen an den Bildschirmen, welche an der Wand entlang hingen, waren entweder herausgerissen oder außerbetrieb gesetzt worden. Die Lampen flackerten und gaben ein weißes kaltes Licht ab. Ein Rauschen von elektronischen Geräten war zu hören, doch konnte ich nichts sehen. Langsam betrat ich den Raum. Mit einem Knall fiel die Türe hinter mir zu und der Bildschirm fing an zu flackern. Eine mir bekannte Fratze tauchte auf. Sein Name war mir entfallen, aber sein Gesicht hätte ich niemals vergessen können. Ich zuckte zusammen. Mein Herz fing an zu rasen und ich wartete gespannt, was nun wohl passieren würde. „Ich glaube du kennst mich noch.“ Ein hämisches Grinsen breitete sich auf seiner Visage aus. Ich musste meine Wut runterschlucken, da ich ansonsten den Bildschirm eingeschlagen hätte. Ich machte meine Hand zur Faust und presste meine Finger so stark gegeneinander bis man die Knöchel weiß hervortreten sah. „Du weißt, dass wir deine liebe kleine Freundin haben, aber dich wollen. Und du weißt auch, dass es schlimmere Dinge gibt als den Tod. Also kann ich dir mal eine Sorge nehmen, sterben wird sie nicht, aber ob das eine besser Option ist, ist fraglich.“ Er hielt kurz inne, um seine Worte auf mich wirken zu lassen. Schlimmer als der Tod? Nein, nein, nein. Was taten sie ihr an? Mein Körper bebte. „Wo bist du, du Scheißkerl. Komm doch, wenn du dich traust. Leg dich mit jemanden an, der in deiner Liga spielt.“, brüllte ich, ohne auf eine direkte Antwort zu hoffen. Er fing wieder an zu reden. „Um dir die Lage richtig vor Augen zu führen und dir einen kleinen Ansporn zu geben, habe ich eine kleine Überraschung für dich.“ Die Kamera schwenkte und mein Herz blieb vor Entsetzen in meiner Brust stehen. Vor mir sah ich sie, an einen Stuhl gefesselt, die eine Hand verbunden und mit Blut überströmt. Ihre Haut war fast weiß, umso mehr konnte man den Schmutz sehen. Sie schien nicht bei sich zu sein, sondern mit irgendwelchen Mitteln vollgepumpt. Schweißtropfen rannen ihr über die Stirn. Sie bewegte sich unruhig in ihren Fesseln hin und her. Ich ertrug das nicht. Man könnte mir bei lebendigem Leib die Haut abziehen und ich würde es willkommen heißen nur um diese Bilder vergessen zu können. „Wie du siehst, ist sie etwas ramponiert, aber das passiert halt.“ Noch nie in meinem Leben verspürte ich so viel Wut auf jemanden. „Jeden Tag werden wir ihr eine Simulation zeigen in der du ihr schlimmster Alptraum ist und das solange, bis sie sich vor dir fürchtet und dich anfängt mit jeder Faser ihres Körpers zu hassen. Es sei denn du findest sie vorher. Dabei wünschen wir dir alles Glück der Welt.“ Ohne ein weiteres Wort unterbrach die Aufnahme. Vollkommen fassungslos stand ich für einige Minuten im Raum, nicht fähig mich zu bewegen. Erneut flackerte der Fernseher kurz auf. Ich starrte darauf, es war nur ein Wort darauf zu sehen: Nevada. In blinder Wut zerstörte ich alles in meinem Umkreis. Ich öffnete ein Loch in der Decke, welches groß genug war, dass ich hindurch passte. Mit meinen Kräften lies ich mich dort hindurch gleiten und an der Oberfläche landen. Ich kniete mich nieder, legte meine Hand auf den Boden und spürte das Metall. Mit einer letzten Anstrengung riss ich den Bunker aus dem Erdboden. Eine Explosion folgte meinem Abgang. In meinem Kopf herrschte Stille. Ich wusste nicht was ich nun denken oder tun sollte. Am liebsten würde ich mich zusammenrollen und liegen bleiben, gleich hier auf meinem Pfad der Zerstörung, aber das würde sie nicht retten. Stattdessen nahm ich meinen Helm ab und lies Charles alles sehen, was ich gesehen hatte. ‚Wir werden sie finden.‘, sprach er in meinen Gedanken, dann wurde es mir schwarz vor den Augen und ich begrüßte die Dunkelheit mit offenen Armen, wie einen alten Freund.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 14, 2021 ⏰

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