Erster Tag in der Hölle

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Das Letzte, an das ich mich erinnern konnte, war Eriks verzweifelter Blick, bevor ich in einem dunklen Raum wieder aufwachte. Zuerst war mir nicht ganz klar in welcher Situation ich mich befand, zu benommen war ich, um etwas anderes zu realisieren, als die Leere in meinem Herzen. Anscheinend war der Raum, in dem ich war, größer als zuvor angenommen. Ich lag auf einem Krankenhausbett, auf welches ich mit Gurten festgeschnallt war. Beide Beine und Hände waren in den zu fest angezogenen Schlingen gefangen. Ich versuchte mich zu wehren, mich zu befreien, jedoch vergebens. Ich wandte meinen Kopf, um zu sehen, wo ich war. Der Raum war düster und erinnerte an ein Labor in Horrorfilmen. Das Licht war unangenehm hell und brannte in den Augen, wenn man direkt hinein sah. Das Zimmer strahlte eine Kälte aus, welche zu beschreiben ich nicht vermochte. Es war schrecklich. In einer Ecke standen Gläser, welche Flüssigkeiten enthielten, von denen ich nicht wissen wollte, woher sie kamen. Genau gegenüber hingen an der Wand etliche Instrumente, die für das Verursachen von Schmerzen gedacht waren. Und erst in diesem Moment wurde mir klar, dass dies hier kein Horrorfilm war, nein, es war real und ich war mittendrin. Es war grauenvoll. Plötzlich wurde mir heiß und kalt gleichzeitig, mein Herz begann wie wild zu schlagen, nicht die gute Art, wie wenn ich Erik sah, nein, es war die schreckliche Art, wenn man um sein Leben fürchtete. Mein Gefängnis hier wurde immer furchteinflößender. Ich nahm immer mehr schreckliche Details wahr, welche mir das Blut in den Adern gefrieren ließen. Das hier war ein Labor um Mutanten zu erforschen, um sie bei lebendigem Leib zu sezieren und zu quälen, damit irgendein krankes Hirn sich daran erfreuen konnte. Welch einen Hass musste man haben, um so etwas einem lebendigen Wesen anzutun? Meine Gedanken wollten nicht schweigen, sie drehten sich, dass mir schlecht wurde. Tränen bildeten sich in meinen Augenwinkeln. Noch nie hatte ich solch große Angst und noch nie fühlte ich mich so allein gelassen, wie jetzt. „Erik, wo bist du?", murmelte ich vor mich hin. Meine Stimme schien sich mit all der Angst zu füllen, die ich gerade spürte. Und dann hörte ich Schreie. Grauenhafte Schreie des Schmerzes. Ich drehte den Kopf, um herauszufinden, woher dieser Schrei kam. Am obersten Ende des Raumes war eine große, feste Stahltür, welche zu massiv war, als dass man sie hätte aufbrechen können. Und da ertönte wieder ein Schrei. Noch schlimmer und lauter als zuvor. Er kam ganz sicher vom anderen Ende der Tür. Das machte mir Angst, denn als nächstes würden sie bei mir sein. Panik, blanke Panik kam in mir hoch. Mit keinem Wort der Welt könnte man meine Gefühle in diesem Moment beschreiben. Und schon öffnete sich mit einem Ruck die große Tür und zwei Männer in Militäruniform und Laborkittel traten ein.

„Subjekt 17 war ein totaler Reinfall, Mister Jordan. So wenig Durchhaltevermögen habe ich noch nie gesehen. Sehen sie zu, dass die Leiche entsorgt wird, der Platz wird für die nächsten Experimente gebraucht. Immerhin haben wir nun mehr als genug Forschungsobjekte.", hörte ich die Männer reden. Verdammt, ich wollte noch nicht sterben, nicht so und nicht hier. „Ah, hier haben wir Stefanie McCoy unser vielversprechendstes Objekt." Ich konnte ihn grinsen hören, es war abscheulich. Ihre Schritte kamen immer näher, womit meine Angst immer mehr wuchs. „Ihnen ist klar, dass wir sie noch länger lebend brauchen, Mister Striker, oder?", fragte anscheinend Jordan. „Halte mir hier keine Vorträge, Jordan. Natürlich brauchen wir sie lebend, wie sonst sollten wir Magneto hier her locken. Also können wir ihr weh tun und zwar so sehr, dass sie anfängt ihn zu hassen, denn er ist der einzige Grund, warum sie hier ist." Erik. Nein, nein, nein. Sie wollten ihn und hatten mich als Köder. Ich verstand nicht. Warum nahmen sie nicht gleich ihn mit? Wieso so umständlich? Ich war wütend, nicht auf Erik, sondern auf diese beiden Typen, weil sie mich benutzen, um ihm wehzutun. „Ich werde ihn nie hassen, dass euch das klar ist.", erhob ich plötzlich meine Stimme. Erstaunt hielten sie in ihrer Bewegung inne. „Ach, das werden wir ja noch sehen, McCoy.", grinste Jordan hämisch und zückte ein Gerät, von welchem ich lieber nicht wissen wollte, wozu es gut war.

Eriks POV:

„Wiesoooooo?" Ich war außer mir vor Wut. Es gab nichts, was mich jetzt hätte beruhigen können, außer ihr, aber sie wurde mir genommen. Irgendwie hatte Charles es geschafft mich in das Gebäude zu bringen, aber zu sehr war ich in meinen Gedanken versunken, als dass ich es bemerkt hätte. Mein Körper bebte vor Zorn. Nur wusste ich nicht genau auf wen ich mehr wütend war, auf mich oder diese Männer, die sie entführt hatten. Mein gebrochener Arm schmerzte wie verrückt, aber das war mir egal. Tränen flossen über meine Wangen, als wären es Flüsse. Es war mir, als würde mein Herz in zwei brechen. Es tat so verdammt weh zu wissen, dass ich sie hätte retten können. Aber ich hatte versagt und nun hatten sie mir das genommen, was ich am meisten liebte. Mit meiner gesunden Hand schlug ich auf den Boden ein, bis sie ebenfalls schmerzte. Es fühlte sich gut an, denn somit spürte ich, dass ich noch lebte, innerlich war ich nämlich tot. Leere. Genau. Leere beschrieb es am besten. Das Schlimmste jedoch war, dass ich nun nachdem das hier alles vorbei war, genau wusste, wer diese Leute waren und was sie wollten, von wem sie etwas wollten. Sie wollten mich, sie wollten Rache nachdem was ich ihrer Organisation angetan hatte, aber anstatt mich mitzunehmen und an mir Rache zu nehmen, haben sie sie genommen. Sie wussten, wie sie mir weh tun konnten und sie wussten auch, dass ich sie suchen würde, sie legten es darauf an. Es bestand also Hoffnung, dass sie noch am Leben war. Zumindest hoffte mein Herz es. Schmerzhaft pochte es gegen meine Brust, immer noch bebte mein ganzer Körper. Am liebsten hätte ich jetzt etwas kurz und klein geschlagen, aber dazu war ich nicht in der Lage.

Ich war schuld. Ich war schuld. Ich war schuld. Immer und immer wieder hallten diese Worte durch meinen Kopf und ich widersprach nicht, denn die Stimme, die dies sagte, hatte recht. Alles was ich je liebte wurde mir genommen. Das war schon immer so. Warum hatte ich gedacht es wäre diesmal anders? Wieso nur habe ich es zugelassen, dass sie in mein Herz gelangt? Ich hätte von Anfang an nein sagen müssen. Niemals hätte ich mich ihr öffnen sollen. Es wäre mir ein leichtes gewesen sie von mir fernzuhalten, ihr die kalte Schulter zu zeigen. Ich hatte jahrelang nichts anderes getan und jetzt wusste ich auch wieder warum. Immer wenn ich mein Herz öffnete, wurde ich oder jemand anders verletzt oder schlimmer...getötet. Niemand konnte mich in diesem Moment mehr hassen, als ich selbst. Meine inneren Dämonen, welche Stef geschafft hatte zum verstummen zu bringen, kämpften sich wieder einen Weg an die Oberfläche. Sie tobten als wären sie auf einem Schlachtfeld und ja, das waren sie auch. Ich konnte spüren, wie meine Kräfte verrücktspielten. Um mich herum konnte ich das Metall spüren, wie es sich bewegte und herum wirbelte. Ich wollte niemanden verletzen, aber in diesem Zustand konnte ich nichts versprechen. Ich schrie mit aller Kraft und es half. Es war als würde ein Ventil geöffnet und all die Verzweiflung glitt hinaus. ‚Erik, bitte beruhige dich. Es hilft ihr auch nicht weiter, wenn du dir die Schuld dafür gibst. ', ertönte Charles' Stimme in meinem Kopf. „Ich habe es soweit kommen lassen, Charles. Wegen mir wurde sie entführt, weil sei MIR wehtun wollen. Es bin immer ich. Wenn etwas schief geht bin immer ich der Schuld daran trägt. Verdammt, es bin immer ich, der alles ruiniert.", schrie ich ihn an, obwohl ich nicht einmal wusste, wo er war. ‚Es ist doch nicht deine Schuld, dass sie dich liebt. Als ob du...', ich ließ in nicht ausreden. „Oh doch Charles, ich hätte deine Bitte einfach abschlagen können, aber ich war zu egoistisch. Ich dachte endlich könnte ich jemanden gefunden haben, der das gleiche Schicksal teilt und mich vielleicht irgendwann lieben würde und nicht hassen, wie alle anderen. Ich dachte vielleicht könnte mich jemand aus der Dunkelheit ziehen und mir wieder zurück ins Leben helfen. Es war so egoistisch von mir zu glauben, dass ich mit meiner Vergangenheit jemals jemanden finden würde ohne ihn zu verletzen oder zu verlieren. Ich war ein Narr zu glauben es würde alles gut gehen, aber ja, die Vergangenheit holt einen immer ein und ich hätte es wissen müssen. Ich hätte wissen müssen, dass jeder Mensch, dem ich etwas bedeute, der mir etwas bedeutet, nicht heil aus dieser Sache heraus kommt und schon gar nicht jemand, den ich über alles liebe. Also ja Charles, ich bin schuld, denn ich wusste, dass irgendwann der Tag kommen würde, an dem ich die Quittung für meine Taten bekommen würde, nur dachte ich nicht, dass er so bald da sein würde. Und nun stehe ich hier in den Trümmern meines Herzens, es blutet und will nicht aufhören...", ich hielt inne. „Das Schlimmste ist, dass sie es erfahren wird. Sie wird erfahren, dass sie wegen mir gefangen genommen worden ist und trotzdem bin ich Narr genug zu glauben, dass sie mich nicht hassen wird, denn ich hasse mich schon selbst genug." Mit diesen Worten brach ich zusammen. All die Schmerzen meiner Verletzungen, ob nun körperlich oder seelisch waren einfach zu viel. Dunkelheit war alles was ich nun noch hatte. Sie umschlang mich, hieß mich mit offenen Armen willkommen und nur zu gerne ließ ich mich von ihr umschließen. Es fühlte sich an, als würde mich ein alter Freund willkommen heißen. 

H.O.P.EWo Geschichten leben. Entdecke jetzt