In den Armen meines Retters

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Ich versuchte die Flammen aus meinem Kopf zu verdrängen, aber es wollte mir einfach nicht gelingen. Meine Brust fing an zu schmerzen, weil mein Herz seit Minuten wie wild raste. Mir wurde ganz schwindelig und ich war äußerst froh schon auf dem Boden zu kauern, so konnte ich nicht umkippen. Im Hintergrund hörte ich Gesprächsfetzen von einem sehr wütenden Erik und einem ebenso aufgebrachten Charles. Immer weiter sank ich hinab in eine Trance. Ich war wie gelähmt von meinen Erinnerungen, ohne die Hoffnung auf baldige Besserung. Da spürte ich plötzlich wie sich zwei starke Arme um meine Schultern legten. Sie zogen mich auf meine Beine zurück und drückten mich näher an eine mir nur zu bekannte Brust. Langsam bekam ich wieder ein Gefühl in meinem Körper, soviel dass ich sogar in der Lage war mich zu bewegen. "Ich bin bei dir.", versuchte er meinen zitternden Körper zu beruhigen. Ich konnte sein Herz schlagen hören, konnte spüren wie es unter seinem T-Shirt schlug. Das half mir den Rhythmus meines Eigenen wieder zu finden. Ich presste mich noch fester an ihn, einfach um das Gefühl von Sicherheit wieder zu erlangen. Er strich mit seinen Fingern langsam über meine Rücken. "Komm hör auf zu weinen.", sagte er und ich bemerkte erst jetzt, dass ich wirklich weinte. "Ich bin doch bei dir. Du bist jetzt in Sicherheit, er kann dir nichts mehr tun. Glaub mir er wird dir nie wieder etwas tun, dafür werde ich schon sorgen.", diesmal klang seine Stimme nicht nur sanft und aufmunternd, nein, es lag auch Zorn darin. Leicht zuckte ich zusammen und als er das bemerkte entschuldigte er sich leise in mein Ohr flüsternd. Mein Herz schlug wieder normal, mein Körper zitterte nicht mehr und nun waren auch die Flammen vor meinen Augen verschwunden. Ein Schauer durchfuhr meinen Körper als ich Eriks Atem in meinem Nacken spürte. Und plötzlich begann mein Herz wieder zu rasen, ohne das ich angst empfand. Was war das für ein Gefühl, dass mich von innen heraus anfing zu wärmen? In meinem Kopf drehte sich auf einmal wieder alles. Aber wenigstens hörten meine Tränen auf zu fließen. "Gehts wieder halbwegs?", fragte er besorgt. Stumm zeigte ich meine Zustimmung mit einem Nicken. Seine Arme lockerten ihren Griff etwas, zur selben Zeit beruhigte sich auch mein Herz wieder. Wie aus dem Nichts nahm ich seinen Geruch wahr. So wunderbar und leicht. Er nahm seine Arme nun komplett von mir und sah mir ernst in die Augen. Das blau dieser ließ mich verrückt werden. Es war als würde ich in den Weiten des Ozeans verloren gehen, nie hatte ich mir das mehr gewünscht. Ich musste ziemlich eigenartig auf ihn wirken, denn er begann mich an den Schultern zu rütteln. "Stef? Hey, hey?", sagte er und schnippte mit den Fingern vor meinen Augen. "Ganz auf der Höhe bist du nicht. Schaffst du es ins Zimmer?" Eigentlich wollte ich bejahen, aber als er mir wieder in die Augen blickte, wurden meine Beine ganz schwammig und ich drohte wieder zu Boden zu gehen, also verneinte ich stattdessen. Dann ging alles ganz schnell, er schob seine Arme unter meine Beine hob mich an und legte die andere Hand stütztend an meinen Rücken. Ich konnte förmlich fühlen wie mein Kopf rot anlief, weshalb ich ihn an seiner Brust versteckte. Meine Arme schlangen sich zugleich um seinen Hals, so musste ich nicht darauf vertrauen dass nur er mich hielt. Das war der Moment in dem ich mich in ihn verliebte. Zuerst traf mich die Erkenntnis langsam und dann mit voller Wucht.

Er setzte mich auf dem Bett ab, nahm die Decke herunter und legte sie mir über meine Füße. Es war ziemlich kalt, was mich erneut zittern ließ. Irgendwann war es doch dann auch wieder genug. "Ist dir kalt?", "Ja ein wenig." Das war das Erste, das ich seit langem von mir gab. Ein kleines Lächeln legte sich auf seine Lippen, dann zog er sein Hemd aus und warf es mir um die Schultern. "Ich geh dir was zu essen holen. Immerhin könntest du eine Stärkung, nach all dem hier gut gebrauchen." "Nein, bitte geh jetzt nicht weg.", sagte ich schnell und griff nach seiner Hand, als er gerade versuchte auf zustehen. Er zuckte zusammen und entwand seine Hand der meinen. Was hatte er? Erik drehte sich zu mir und sein Lächeln war einem schmerzverzerrten Ausdruck gewichen. "Hab ich dir weh getan?", fragte ich erschrocken. Meine Augen hatten sich geweitet vor Schreck. Als er das sah, schüttelte er schnell den Kopf. Der Ausdruck in seinem Gesicht wurde wieder normal. "Nein, schon gut. Es ist nichts. Ich sollte eher fragen ob ich dir weh getan habe, meinst du nicht?", tat er mit einer Handbewegung ab. Verwirrt sah ich zu ihm auf. Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit, als plötzlich wieder die Geschehnisse der vergangenen Stunde in mir aufkochten. Ich versuchte sie abzuschütteln indem ich ihn fragte, was er damit meine? Wieso hätte er mit weh tun sollen? "Weil ich dich nicht beschützen konnte. Ist es denn nicht dasselbe als wenn ich dir selbst diese Schmerzen zugefügt hätte?" "Das meinst du jetzt aber nicht ernst oder?", fragte ich etwas belustigt. Er verschränkte seine Arme vor der Brust, machte aber keine Anstalten sich wieder zu setzten. "Darüber mache ich keine Scherze.", erwiderte er ernst. Geschockt darüber, dass er so etwas überhaupt nur glaubte, versuchte ich ihm dieses Hirngespinst schnell wieder auszureden: "Das ist lächerlich. Wie könntest du mir je weh tun? Du hast mich vor Pyro gerettet, als es ganz übel wurde. Wieso machst du dir Vorwürfe? Bitte hör auf damit. Das kannst du mir nicht antun, dass weißt du. Du musst dir nicht die ganze Schuld aufbürden, wenn du doch derjenige bist, der alles wieder gut gemacht hat." Traurig über seine Worte richtete ich meinen Blick auf ihn. "Glaub mir ich Bürde mir nicht zu viel auf. Ich weiß genau, dass ich es hätte verhindern können....". Ich unterbrach ihn kurzerhand: "Nein, nein, nein. Hör auf damit, Du kannst doch überhaupt nichts dafür und noch weniger hättest du das verhindern können. Also gib nicht so einen Schwachsinn von dir.", wurde ich lauter. "Oh doch, dass hätte ich. Wenn ich ihm nur früher schon gedroht hätte, dann hätte er sich das nie getraut und das weißt du.", sagte er bedauernd. "Du bist so ein Idiot, weißt du das?", schrie ich ihn an. Etwas erschrocken über meinem Ton ihm gegenüber, setzte er sich auf den Stuhl am Schreibtisch. Bevor er ein weiteres Wort von sich geben konnte, redete ich mich in Rage: "Es ist schon schlimm genug, was Pyro mir heute angetan hat. Und ich fühle jetzt noch die blanke Panik, die mir durch Mark und Bein geht, wenn ich daran denke. Aber als ob das nicht schon alles wäre, musst du dir auch noch die Schuld für das alles geben? Das tut mir fast mehr weh als die restliche Scheiße von heute. Wie kannst du mir das auch noch zumuten und wieso willst du die Schuld so unbedingt haben? Hör einfach auf. Der Einzige der irgendwie schuld an dieser ganzen Sache hat, ist Pyro selbst. Niemand anders, hast du mich verstanden?" Nun war ich wütend, na toll. Es schien als wusste er nicht recht, was er sagen sollte, denn er blieb still. Einzig und alleine seine Miene veränderte sich. Nur wusste ich sie nicht recht zu deuten. War es Wut, Trauer, Bedauern, Enttäuschung oder einfach alles zu gleich? "Erik?" Keine Antwort. Meine Wut klang ab. Es war einfach lächerlich wütend aufeinander zu sein. "Es tut mir leid. Ich hatte nicht vor lauter zu werden.", sagte ich, da er anscheinend nicht vorhatte etwas zu sagen. Plötzlich stand er wieder auf, kam auf mich zu und umarmte mich wieder. Ich war vollkommen perplex. Verdammt. Das Rasen in meiner Brust war wieder da und es tat so gut ihn so nahe bei mir zu haben. "Entschuldige dich nicht. Du hast ja recht. Ich sollte für dich da sein und nicht selbst zu einem Störfaktor werden. Pyro ist schuld daran, da geb ich dir recht. Und dies wird er noch bereuen." Vorher noch zu perplex um irgendetwas zu tun,  erwiderte ich nun seine Umarmung. Mir ging es wieder gut und dass wie immer dank ihm. Er war einfach da, was vollkommen ausreichte. Erik müsste nicht mal etwas sagen, würde ich seine Anwesenheit mehr schätzen als die eines jeden anderen. Es tat einfach so gut zu wissen nicht alleine zu sein. "Erik, danke dass du immer da bist, denn ich weiß dass müsstest du nicht. Tu mir aber bitte den Gefallen und lass mich heute nicht mehr alleine. Ich habe angst, dass das Ganze von vorhin wieder hoch kommen könnte.", flüsterte ich. Langsam löste er sich aus der Umarmung und lächelte mich an. "Ich würde dich nie verlassen, es sei denn es ist dein ausdrücklicher Wunsch." Diesmal war es an mir ebenfalls zu lächeln. "Aber dir gehts jetzt gut oder? Keine Panik mehr, keine du weißt schon was, kein Zittern, kein Herzrasen, kein gar nichts?", stellte er in den Raum. 'Stimmt alles, nur das Herzrasen ist da, aber das kannst du nicht verhindern, denn du bist der Grund dafür.' Nie im Leben würde ich diesen Gedanken je laut vor ihm aussprechen. Stattdessen stimmte ich seinen Worten einfach zu. Beruhigt entspannte er sich wieder. Ich hatte seine Anspannung vorhin nicht einmal wahrgenommen, aber jetzt als sie ihn losließ fiel sie mir ins Auge. "Dann bin ich aber froh.", strahlte er mich an. "Dann ruh dich etwas aus. Ich muss kurz ins Bad." Das waren seine letzten Worte dann verschwand er auch schon hinter der Tür und ich war alleine.

H.O.P.EWo Geschichten leben. Entdecke jetzt