Ich will nicht weg

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Als Erik zu Boden ging, konnte ich nicht anders als zu schreien. Der ganze Schmerz und die ganze Wut, die sich in mir aufgestaut hatten, entwichen nun durch einem Schrei meiner Kehle. Im selben Moment stand Jean neben mir und starrte mich ungläubig an. Mein Blick streifte ihren. Meine Augen flehten sie an Hilfe zu holen, an etwas anderes konnte ich gerade nicht denken. Ihm musste sofort geholfen werden. 'Keine Sorge Charles ist auf dem Weg', ertönte ihre Stimme in meinem Kopf. Auch wenn ich das nicht überhören konnte, so wurde ihre Stimme in meinem Kopf vollständig ignoriert. Wie aus einer Bergquelle flossen meine Tränen. Was hatte ich nur getan? Erik wollte mich bloß vor all dem Grauen beschützen und nun war ich es die ihn verletzte. Nur weil ich diese verdammten Flammen nicht beherrschen konnte. Nein, Pyro ganz allein war schuld an dem Ganzen. Er ist an allem Schuld. Wegen ihm hatte ich das hier überhaupt erst getan. Er war der jenige der mir psychisch so zugesetzt hatte, dass ich vollkommen die Beherrschung verlor. Und nun stand er neben mir und lachte. Sein Gesicht hatte sich zu einer grausamen Grimasse gewandelt, die ich auch durch meine verschwommene Sicht wahrnehmen konnte. Da fühlte ich plötzlich wie eine Wut von mir besitzt ergriff von der ich nicht wusste, dass ich ihrer fähig war. Mit einem schnellen Schritt stand ich vor ihm und ehe er sich versah, schlug ich ihm meine Faust ins Gesicht. Ich konnte hören wie seine Nase unter der Wucht meines Schlages brach. Eine Genugtuung machte sich in mir breit. Das Brechen seines Knochens war wie Musik in meinen Ohren. Pyro zuckte völlig perplex zusammen. Gerade als ich erneut ausholen wollte ertönte Charles Stimme in meinem Kopf: 'Weich von ihm zurück Stef und du Pyro gehst sofort in mein Büro, wenn du auch nur irgendetwas erwiderst oder eine falsche Bewegung machst, dann sorge ich dafür, dass du nicht eine einzige Nacht mehr ruhig schlafen wirst.' Seine letzten Worte, die an Pyro  gerichtet waren, klangen so bedrohlich wie eine Welle die an der Küste brach. Er sah Pyro mit einem Blick an, der sogar ihn erschaudern ließ.  Während Charles anscheinend noch weiter Worte an ihn richtete, wandte ich mich wieder Erik zu. Ich kniete mich neben ihn, hielt seine Hand und versuchte nicht wieder in Tränen auszubrechen. "Erik...", schluchzte ich. In meinem Kopf drehte sich alles. Wieder konnte ich sehen wie ein Feuer in mir ausbrach. Wieder hatte ein Feuer mein Leben auf den Kopf gestellt, wieder hatte es alles ruiniert. Als ob das nicht schon genug wäre, spukte mir plötzlich die Stimme des Jungen, der damals mein Haus angezündet hatte, in meinem Kopf wider.

'Du bist eine abscheuliche Kreatur. Man sollte eine Mutantin wie dich nicht auf die Straße lassen, geschweige denn in einer Familie leben. Was könntest du ihnen denn anderes geben als Schande? Was könntest du deiner Familie je bedeuten. Wahrscheinlich sind sie froh wenn einer von uns dich mal richtig verprügeln würde oder wenn wir dich für ein paar Tage irgendwo einsperren. Der Einzige Vorteil für deine Familie ist, dass sie alles auf dich schieben können, dass du an allem schuld bist was schlecht läuft. Du kannst nur zerstören. Du bist ein Monster und jetzt geh mir aus den Augen und verkriech dich in deine Höhle.'

Er hatte sowas von recht. Ich konnte nur zerstören. Alles was ich je besaß wurde zu Asche und zwar durch meine Unfähigkeit. Erik drehte langsam den Kopf in meine Richtung. In seinen Augen lag ein fürchterlicher Schmerz. Seine gesamte linke Körperhälfte war verbrannt. Nur sein wunderschönes Gesicht blieb heil. Das Blau in seinen Augen wurde von einem milchigen Schleier überdeckt. Sein Blick war irgendwie leer aber dennoch sagte er mir so viel. So wie er mich jetzt ansah, wollte er sagen, dass mich nicht mal ansatzweise eine Schuld traf, aber genau so gut hätte man Darth Vader einreden können er wäre nicht Schuld am Tod von Obi Wan Kenobi. Er war zu 1000% schuldig und ich war es auch. Mir tat es weh ihn auch nur an zu sehen, obwohl es das Mindeste war, was ich nun für ihn tun konnte. Unter sehr großen Schmerzen und noch größerer Anstrengung versuchte er mir etwas zu sagen:"Stef...", fing er an. Ich nahm seine Hand in die meine und drückte sie. "Ich bin da Erik. Ich werde immer da sein wenn du mich brauchst.", schluchzte ich vor mich hin. Meine Tränen begannen erneut wie aus einer Quelle zu sprudeln und landeten auf der verbrannten Haut Eriks. Man konnte ein Zischen hören, wenn sie auf seine Wunden trafen. Er zuckte jedoch nicht einmal mit der Wimper. Langsam bewegte er seine gesunde Hand in meine Richtung. Vorsichtig legte er sie auf meine Wange und versuchte meine Tränen wegzuwischen. "Ich hasse es wenn du weinst....", ein husten unterbrach ihn. Geschockt starrte ich ihn an. "Hör bitte auf. Weine nicht um mich, dass wird schon wieder......". Zu mehr war er nicht im Stande. Seine Hand glitt wieder zu Boden, da ihm einfach die Kraft fehlte. "Es tut mir leid, es tut mir leid, es tut mir leid...", murmelte ich wie ein Mantra vor mich hin, während mein Griff um seine Hand immer fester wurde. Ich wollte ihn nicht los lassen, zu sehr fürchtete ich er würde nie mehr zu mir zurück kehren.

"Geh von ihm weg, Stef.", ertönte eine Stimme hinter mir. Ich wusste nicht wessen es genau war, zu sehr war ich abgelenkt. In diesem Moment gabs es nur ihn und mich. Vor mir lag der Mann den ich über alles liebte mit unerträglichen Schmerzen. Und am schlimmsten war, dass ich an ihnen Schuld war. "Stef, verschwinde von hier. Erik muss sofort auf die Krankenstation.", ertönte die Stimme nocheinmal, diesmal viel eindringlicher. Charles. Ich wurde an den Schultern gepackt, Scott nahm ich an, und hochgehoben. Man entriss Eriks Hand der meinen und versuchte mich zu beruhigen. Mich von ihm fernzuhalten. Aber ich wehrte mich mit allem was ich hatte. Ich trat und schlug um mich, biss zu und schrie. Meine Schreie waren Schreie der Verzweiflung. Schreie der Angst. Die Angst kam von dem Gedanken, dass er mich nach all dem nie wieder sehen wollte. Dass er mich verstoßen würde. Vielleicht war das hier mein letzter Augenblick mit ihm. Mein letztes mal an seiner Seite. "ERIK!", rief ich als einige Leute ihn auf eine Trage hievten und zur Station brachten. Sie konnten ihn mir doch nicht einfach wegnehmen. Bitte nicht. Scott hielt mich fest ihn seinem Griff als ich wieder anfing zu toben. "Lass mich zu ihm, bitte!", flehte ich aus purer Verzweiflung heraus. "Charles hat gesagt ich soll dich hier behalten.", stellte Scott klar. Für mich schienen es Stunden zu sein und doch handelte es sich nur um Minuten. Ich tobte weiter bis Charles in meinem Kopf erschien. 'Stefanie, bitte beruhige dich. So hilfst du Erik auch nicht weiter.' "Dann lass mich gefälligst zu ihm", brüllte ich ihn, oder besser gesagt seine Stimme in meinem Kopf, an. 'Das kann ich nicht. Du würdest die Ärzte und Schwestern nur bei ihrer Arbeit stören. Außerdem bist du emotional zu sehr aufgewühlt.' Allmählich entspannte ich mich etwas. "Aber was bitte soll ich denn tun? Wenn meine ganze Welt erneut in Flammen steht...", fragte ich mit leiser Stimme. 'Sie stand in Flammen, aber Erik ist nicht tot, er lebt. Es gibt keinen Grund sich etwas vorzuwerfen oder an Szenarien festzuhalten die nicht einmal eingetroffen sind. Erik lebt und es wird ihm wieder gut gehen.' Und irgendwie wusste ich dass er recht hatte, aber auch wenn er nicht tot war und mir das hier verzieh, so würde ich das nie können. Scotts Arme lockerten sich und ich fiel auf meine Knie. Ich hatte einen totalen Zusammenbruch. Alles wurde schwarz, kein einziges Geräusch drang mehr zu mir vor. Nichts. Es war einfach nichts mehr da. Kein Licht an dem ich mich orientieren konnte, denn das war in dem Moment erloschen, in dem sie Erik von mir wegzerrten. Alles war nur noch dunkel.

H.O.P.EWo Geschichten leben. Entdecke jetzt