Ablenkung tut gut

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Die Sonne war noch nicht einmal ganz aufgegangen, da riss Erik mir auch schon die Decke vom Leib. Ich gab ein müdes Murren von mir. Verschlafen drückte ich meinen Kopf in mein Kissen, um ja nicht aufstehen zu müssen. "Na komm schon. Es war doch deine Idee gewesen zu trainieren.", drängter er voller Enthusiasmus. "Ach verdammt Erik, es mag vielleicht meine Idee gewesen sein, aber doch nicht um sieben Uhr früh.", beschwerte ich mich. Zu müde um auch nur irgendeine Art von Bewegung auszuführen, versuchte ich mich wieder in das Land der Träume zu befördern. Aber ein gewisser Herr ließ mir einfach keine Ruhe. Er zog immer wieder an meiner Decke und mir fehlte noch die Kraft mich zu wehren. "Hör auf.", forderte ich ihn schlaftrunken auf, erwartete mir aber nicht viel davon. "Ach komm schon, sei nicht so faul." Nach weiteren Minuten der Diskussion war ich endlich auf die Beine gekommen und betrat missmutig das Bad. "Ich würde es nett finden, wenn du mich am Wochenende bis mindestens zehn Uhr schlafen lassen könntest. Ich wäre dir wirklich sehr verbunden." Er trat neben mich vor den Spiegel und holte sich, genau wie ich es getan hatte, seine Zahnbürste aus dem Wandschrank. "Weißt du trainieren kann ich immer, aber schlafen nicht.", redete ich mit vollem Mund. "Ist dir bewusst, dass du kompletten Blödsinn von dir gibst?", fragte er lächelnd. Ich fing an zu lachen, weil mir klar wurde, dass er recht hatte. "Reiß dich zusammen und zieh dich an. Wir treffen uns draußen.", sagte er kopfschüttelnd und verließ das Badezimmer. Ich beschloss mir etwas bequemes anzuziehen. Aus den hintersten Ecken meines Schrankes förderte ich eine Trainingshose zu tage, die mir eigentlich ganz gut gefiel. Mir fiel auf, dass das Training eine ganz gute Ablenkung für all die Dinge war, die in letzter Zeit geschehen sind. Vielleicht werde ich auch so gut, sodass ich mich gegen Pyro behaupten kann. Nur war das Problem nicht, dass ich ihn in einem Zweikampf nicht besiegen könnte, sondern eher, dass die Flammen meinen ganzen Körper lähmten.Egal wie viel stärker ich auch sein sollte als er, ich würde ihn nie besiegen können. Außer ich würde meine Angst gegenüber dem Feuer ablegen, dies wahr jedoch eher unwahrscheinlich. Aber mal positiv betrachtet, könnte ich mich behaupten, mal abgesehen von meiner Angst und das machte mich irgendwie glücklich. Ich zog mir die Hose über, danach machte ich mich mit neu gewonnener Motivation auf zu unserem Treffpunkt.

Es war ein Bilderbuchmorgen, die Sonne stieg langsam hinter den Bergen zu ihrem Platz am Himmel auf. Die Vögel fingen an ihre Melodie anzustimmen und die Frösche quakten fröhlich vor sich hin. Erik stand bereits am Teich und es schien als würde er sich aufwärmen. "Wo warst du denn solange?", fragte er ohne sich umzudrehen. "Nörgel nicht rum, lass uns einfach anfangen.", sagte ich und schnitt hinter seinem Rücken Grimassen. "Nagut anscheinend bist du schon etwas motivierter als zuvor.", meinte er zufrieden. Er drehte sich zu mir um, ohne mich jedoch eines Blickes zu würdigen. "Kämpfen wir wieder?", fragte ich voller Vorfreude. "Ganz ruhig Kleines, nicht so schnell, als erstes werden wir deine Kräfte auf die Probe stellen und dann, aber nur wenn du ganz brav bist, ja nur dann kämpfen wir." Seine Miene wurde ernst, seine Haltung versteifte sich und er kam einige Schritte auf mich zu. Ich ließ etwas frustriert den Kopf hängen, aber wenn er es so wollte dann ist es eben so. "Ach komm schon lass den Kopf nicht hängen. Nicht jeder ist ein Naturtalent, du auch nicht. Also streng dich einfach an, dann gewähre ich dir einen Kampf.", munterte er mich auf. "Siehst du den Baum da?", fragte er mich. Ich folgte seinem Finger zu dem Baum, der am Ende des Teiches auf dem Hügel stand. Bestätigend nickte ich ihm zu. "Nagut dann versuch jetzt mit deinem Wind die Blätter von ihm zu holen." Ungläubig starrte ich ihn an. "Ist das dein ernst? Der ist doch viel zu weit weg, du kannst unmöglich glauben, dass ich das schaffen kann.", zweifelte ich an mir selbst. Erik stellte sich neben mich und legte mir aufmunternd eine Hand auf die Schulter. "Aber ich glaube wirklich an dich, dass schaffst du und das weißt du auch." Ich gab einen Seufzer von mir und stellte mich Richtung Baum auf. Ich konzentrierte mich auf meine Kräfte, wie sie sich mit der Natur verbanden. Das Blut in meinen Adern pulsierte als der Wind begann nach meinem Willen zu tanzen. "Gut, gut.", rief er freudig aus und ein breites Grinsen zierte meine Lippen. "Jetzt konzentriere dich auf den Baum.", wies er mich an. Gesagt getan. Jedoch blieb das gewünschte Ergebnis aus, anstatt den Baum zu treffen, zerfetzte ich den Busch neben ihm. "Nja fast.", schmunzelte er und tätschelte meinen Kopf. "Hör auf.", lachte ich. "Ich bin halt noch nicht so weit." "Übung macht den Meister.", sagte er fröhlich und pfiff vor sich hin. "Versuch es einfach nochmal." "Klar, aber lach nicht, wenn ich es nicht schaffe.", warnte ich ihn. "Am besten wäre es wenn du dich mal locker machst, lass einfach los und versuche den Wind auf deiner Haut zu spüren.", gab er mir den Tipp. Ich holte tief Luft, schloss die Augen und ließ den Wind zirkulieren. Es brauchte etliche Versuche, nach denen er mich immer wieder aufbaute, bis ich es endlich nach zig Versuchen auf die Reihe brachte.

H.O.P.EWo Geschichten leben. Entdecke jetzt