Ein Himmel voll mit Sternen

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"Häng die nassen Sachen einfach auf den Stuhl.", meinte Erik zu mir gewandt. "Würdest du mir wieder ein Shirt von dir leihen?", fragte ich ihn mit großen Augen. Er schüttelte nur den Kopf und legte mir ein graues Shirt auf das Bett. "Hast du auch eine Hose?" "Keine die dir nicht zehn Nummern zu groß wäre!", lächelte er, "aber du kannst eine Boxershort haben. Such dir einfach eine raus. Wenn du willst kannst du auch warm duschen gehen. Ich bin derweil draußen. Ruf einfach wenn du fertig bist." Ich nickte ihm dankend zu und er verschwand aus dem Zimmer. Nach einander zog ich meine nassen Kleider aus und hing sie, wie er es mir gesagt hatte, auf den Stuhl. Ich ging zu seinem Schrank holte mir ein paar Socken und eine Shorts heraus. Danach legte ich sie zum T-Shirt auf das Bett. 

Das Wasser in der Dusche war auf die perfekte Temperatur gedreht und ich genoss wie das warme Nass auf meinen Kopf prasselte und meinen Rücken entlang floss. Nun hatte ich endlich  Zeit um nachzudenken. Über all das was die letzten Tage geschehen ist. Und über all das was in mir geschehen ist.  Es ist so als hätten sich irgendwelche Rädchen in mir gedreht, die meinen Gemütszustand von 'Hoffnungslos verloren' in 'Schicksalshaft gerettet' umgewandelt hatten. Ich konnte mein Glück noch immer nicht glauben. Ich konnte endlich wieder schlafen ohne von Alpträumen geweckt zu werden. Ich verließ mein Zimmer und nahm sogar am Unterricht teil, wo es vor anderen Mutanten nur so wimmelte. Vor ein paar Tagen hätte ich mir nicht mal vorstellen können jemals wieder mein Bett zu verlassen. Und inzwischen konnte ich es kaum erwarten aus dem Bett zu kommen um etwas mit Erik zu unternehmen. Er lenkte meinen Verstand davon ab an die Vergangenheit zu denken und mir somit angst einzujagen. Er heilte meinen Körper von den Panikattacken wenn sie mich überfielen und spendete mir auch in der Nacht Trost vor den Alpträumen. Ich war dem Himmel so dankbar für ihn. Aufgewärmt und wieder voller Tatendrang stieg ich aus der Dusche und trocknete mich ab. Ich nahm die Sachen die auf dem Bett abgelegt worden waren und zog sie mir über. Sein Geruch haftete an seiner Kleidung und  ich war ganz verzückt davon. Er roch nach Blaubeeren und Flieder. Es war das Schönste was ich je gerochen hatte. Mir wurde bewusst, dass Erik auf mich wartete, also öffnete ich die Zimmertür und sah wie er an der gegenüberliegenden Wand lehnte. "Na endlich fertig?", fragte er amüsiert als er mich sah. Seine Augen wanderten an meinem Körper von oben nach unten, was mich leicht erröten ließ. "Was willst du jetzt machen?" "Ich dachte du hättest vielleicht hunger?", sagte er mit ruhiger Stimme zu mir. Ich brachte nur ein 'Hmm' zustande. Seine Augen hielten mich in seinem Bann und ich war vollkommen fasziniert von dem unglaublichen Blau das in ihnen lag. "Geh wieder ins Zimmer, ich glaube nicht dass du in Unterwäsche rumlaufen möchtest. Und ich ebenfalls nicht. Warte einfach auf mich ich hol uns was.", sagte er, drehte sich um und ging. 

Es war bereits sechs Uhr abends als wir mit dem Essen fertig waren und es klopfte an unserer Tür. Erik stand auf und öffnete sie. "Hey Jean.", hörte ich ihn nur sagen und horchte auf. "Ich war, wie du mich gebeten hast, shoppen und wollte dir die Sachen vorbei bringen. Ich hoffe es passt alles und wenn nicht sags einfach.", erwiderte sie mit freundlicher Stimme. Sie war mir eigentlich ganz sympatisch aber ich hatte noch immer etwas angst vor anderen Mutanten, auch wenn sie noch so nett waren wie Jean Grey es war. "Ich weiß gar nicht wie ich dir danken soll." "Schon gut, das hast du doch schon längst getan grüß Stef von mir ich hab noch dringende Dinge zu erledigen. Wir sehen uns." Sie verabschiedeten sich und Erik kam mit einigen Tüten zurück zu mir. "Jean war für dich shoppen. Ich hab keine Ahnung was, aber zieh dich um es wird Zeit." "Wofür wird es Zeit?", fragte ich verwirrt und schaute auf die vielen Tüten die in seiner Hand waren. "Das wirst du noch früh genug erfahren." Mit diesen Worten verließ er den Raum damit ich mich anziehen konnte. Ich durchforstete die neue Kleidung und mir wurde bewusst, dass ich viel lieber eines seiner Hemden anhatte als irgendein T-Shirt von wo auch immer. Jedoch war ich nicht davon abgeneigt eine Jeans zu nehmen und sie anzuprobieren. Sie passte perfekt und war in einem schlichten schwarz gehalten. Mir gefiel sie. Fertig angezogen verließ auch ich das Zimmer und stieß im Gang auf Erik. Verblüfft sah er mich an. "Hast du nicht neue Sachen? Wieso trägst du immer noch meine alten Hemden?" "Ich...also..ich finde sie um einiges bequemer als irgendein x-beliebiges Shirt." Er schüttelte lächelnd den Kopf und bedeutete mir ihm zu folgen. 

Er führte mich durch den Garten und um den Teich, nur um vor einem Hügel mit mir stehen zu bleiben. "Was machen wir hier?", fragte ich ungeduldig. Anstatt etwas zu sagen schlenderte er einfach den Hügel hinauf und wartete dort auf mich. Als ich oben ankam blieb mir jedes Wort im Hals stecken. Die Sonne begann hinter den Bergen zu verschwinden und tauchte alles in ein wunderschönes rot und orange. Die Bäume schienen in Flammen zu stehen und die Landschaft rundherum zu brennen. "Stef alles in Ordnung?", fragte er besorgt und kam auf mich zu. Ich hatte gar nicht bemerkt wie ich mich verkrampfte und wie mein Körper anfing zu zittern. Ich war unfähig mich zu bewegen. Es war so wunderschön und doch so schrecklich zugleich. Ihm schien es zu dämmern, dass das hier für mich wie Flammen aussahen. Seine Miene nahm einen entschuldigenden Ausdruck an. Noch immer nicht im Stande mich zu rühren, nahm er mich in den Arm und mein Körper schien sich wieder zu beruhigen. Ich erwiderte die Umarmung und konnte fühlen wie sich der Kloß in meinem Hals löste. "Es tut mir leid Stef. Ich wusste nicht dass es dich daran erinnern würde.", flüsterte er traurig. "Alles ist gut, immerhin bist du bei mir.", versuchte ich ihm mit fester Stimme zu sagen. "Komm ich bring dich aufs Dach, die Sterne werden sich  bald zeigen." Ich nuschelte irgend eine Zustimmung in seine Schulter. Plötzlich hob er mich hoch und trug mich wieder in Richtung Schule. Ich wollte protestieren aber es fühlte sich einfach toll an in seinen Armen zu sein. 

"Schaffst du es alleine oder brauchst du meine Hilfe.", fragte er als wir wieder an dem Dachfenster standen. "Ich schaff das schon.", meinte ich mit fester Stimme und trat nach draußen. Gerade als ich meinen zweiten Fuß auf das Dach setzen wollte, rutsche mein erster ab und ich fiel nach vorne. Mich ergriff eine blanke Panik als ich sah wie der Abgrund in meinen Augenwinkeln zu sehen war. "Hab dich, Kleines." sagte er und hielt mich fest. "Ich glaube ich helfe dir wenn du das nächste Mal hier hoch steigst." Eifrig nickte ich und ließ mich von ihm hochziehen. 'Phuuu schon wieder hat er mich gerettet', dachte ich im Stillen. Er nahm mich an der Hand und zog mich langsam hinter sich her, sehr darauf bedacht mich nicht an den Abgrund des Daches zu verlieren. "So da wären wir nun wieder. Sie es als Entschuldigung für den Sonnenuntergang an." Sein Gesicht wurde von einem breiten Lächeln geziert. "Wie....wann...wann hast du das hier gemacht?", fragte ich mit offenem Mund. "Zwischendurch.", lächelte er und drückte mir mein Buch in die Hand. Das Plateau war mit zwei Decken und Kissen bestückt worden die auf zwei Liegestühlen platz fanden. In der Mitte stand eine Laterne in der eine Kerze brannte, die genug Licht spendete um mein Buch lesen zu können. "Du wolltest doch unterm Sternenhimmel dein Buch lesen oder?" "Nein eigentlich wollte ich nur die Sterne betrachten, das Buch war deine Idee." Ich sah ihn mit freudestrahlenden Augen an. Die Sonne war nun vollkommen hinter den Bergen verschwunden und die ersten Sterne blitzten  am Himmelszelt auf. Ich verlor mich in deren schierer Schönheit. Wir legten uns auf die Liegen und deckten uns zu. "Ich wollte immer schon mal unter freiem Sternenhimmel schlafen.", schwärmte ich und spürte seinen liebevollen Blick auf mir ruhen. "Aber zuerst liest du dein Buch fertig.", ermahnte er mich. Ich verdrehte die Augen fing jedoch an zu lesen. Unter freiem Himmel  war es gar nicht so  schlimm wie befürchtet. "Erik?" "Hmm." Ich setzte mich auf und legte das Buch, das ich in der letzten halben Stunde fertig gelesen hatte, zur Seite. "Darf ich bei dir auf der Liege schlafen?" Er drehte sich zu mir und nickte stumm. Ich schob meine Decke zur Seite und stand auf. Er machte etwas Platz auf seiner Liege und ich legte mich neben ihn. Ich schmiegte mich an seine Brust und er legte seine Arme um mich. Es war kalt geworden und er zog die Decke noch weiter über meine Schultern. "Gute Nacht Erik.", sagte ich verträumt. "Gute Nacht, Stef." Ich habe in meinem Leben noch nie besser geschlafen und noch nie so wunderbar geträumt.

H.O.P.EWo Geschichten leben. Entdecke jetzt