Kräfte

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"Jeiii du bist wieder da Erik.", rief ich freudig aus und fiel ihm förmlich um den Hals. Etwas überrumpelt erwiderte er meine Umarmung. "Ich war doch nicht mal zwei Stunden weg." "Trotzdem.", schmollte ich. "Ich kann es nicht fassen, dass du mich mit Charles' verdammtem Buch alleine gelassen hast. Ich bekomm das nie fertig gelesen." Ich ließ von ihm ab und musterte ihn abwartend. "Ich mach dir nenn Vorschlag. Heute Abend, wenn wir wieder nach oben gehen, nimmst du einfach dein Buch mit und dann kannst du unterm Sternenhimmel lesen. Klingt doch toll oder?" Bei ihm klang diese Idee sogar gut musste ich mir zugestehen. "Und bei welchem Licht bitte?", fragte ich ihn. "Lass das nur meine Sorge sein. Und jetzt komm, du wolltest doch den Garten sehen." Meine Augen begannen wieder vor Freude zu strahlen und sofort war ich aus dem Zimmer gestürmt. "Hey warte auf mich, Stef!", schrie er mir noch nach, aber ich war schon um die Ecke gebogen und stand am Rand der Treppe. Ich konnte es nicht glauben wieder so glücklich  zu sein. Vor einer Woche dachte ich noch ich würde nie wieder lachen können und nun war ich  hier und konnte einfach nicht aufhören zu grinsen. Ich lief nach draußen und blieb bei dem ersten großen Baum stehen den ich sah. Eine Minute später stieß auch Erik zu mir und keuchte schwer atmend. "Wie gesagt Geduld ist echt nicht deine Stärke.", grinste er mich an und versuchte seinen Atem wieder zu beruhigen. Verneinend nickte ich ihm zu. "Lass uns zu dem Teich gehen!", schlug ich ihm freudestrahlend vor. "Du bist ja echt nicht zu bremsen. Lass mich doch  mal verschnaufen.", bat  er mich. Ungeduldig hüpfte ich von einem aufs andere Bein und summte irgendein Lied vor mich hin. Plötzlich  wurde ich  bei der Hand genommen und mitgezogen. "Hey!", rief ich, "ich kann alleine gehen. Du musst mich nicht immer hinter dir her schleifen wie einen Hund." Anstatt eine Antwort zu geben, ließ  er mich einfach los und verlangsamte seinen Schritt. Wir befanden uns nun auf gleicher Höhe und mir wurde bewusst, dass ich drei Schritte brauchte wenn er nur einen tat. "Erik kannst du bitte etwas langsamer gehen?", fragte ich ihn von der Seite. Er drehte sich um und ging rückwärts vor mir her. "Achso? Vor ein paar Minuten konnte es dir gar nicht schnell genug gehen. Was hat deine Meinung geändert?" "Ich will einfach mit dir reden und das kann ich schwer wenn du mir immer drei Schritte voraus bist?", gab ich zurück. Als ob er mir zustimmen würde, drehte er sich wieder um und passte nun seine Schritte an meine an. Perfekt. 

Wir gingen vorbei an vielen Bäumen und auch Wiesen mit wunderschönen Blumen. "Du hast mir doch gesagt du könntest die Elemente beherrschen. Würdest du's mir zeigen?", fragte er plötzlich neugierig. Ich war etwas verwirrt. Wieso sollte jemand sowas sehen wollen. Obwohl ich fand es selbst ziemlich cool. Ich meine wer konnte von sich behaupten, die vier Elemente zu beherrschen? Erde, Wasser, Luft und Feuer. Wobei ich Letzteres mied. Ein kalter Schauer durchzuckte meinen Körper. Erik schien es bemerkt zu haben, denn er sagte, ich bräuchte es nicht zu tun, wenn ich nicht wollte. "Nein, nein für dich doch immer.", beschwichtigte ich ihn. "Stell dich hinter mich.", sagte ich zu ihm und sofort stand er hinter mir. Ich legte meine Hände auf den Boden, fühlte den Boden unter meinen Fingern, spürte wie die Erde unter mir lebte, als wäre sie ein lebendiges Wesen, was gar nicht so falsch war. Ich konnte das Wasser und die Luft fühlen. Das Wasser wie es floss und die Luft wie sie über die Erde fegte. Und wie aus dem Nichts ragte vor mir plötzlich ein kleiner Erdhügel auf. Ich wollte Charles' Garten doch  nicht verschandeln.  Da dieser Hügel jedoch so  lächerlich aussah, brachte ich einfach die Erde unter Eriks Füßen zum Beben. Überrascht von der plötzlichen Bewegung unter ihm, riss es ihm die Füße weg und er landete auf seinem Rücken. Er lachte und versuchte sich wieder aufzurichten. Ich ließ ihm jedoch nicht die Möglichkeit. Da der Teich nun in unmittelbarer Nähe war, war es ein Leichtes für mich das Wasser zu kontrollieren. Eine riesige Fontäne ergoss sich über Erik und holte ihn sofort wieder von den Füßen. "Verdammt, Stef.", lachte er. "Das ist verdammt cool." Er strahlte über das ganze Gesicht und stand auf. "Aber ich hätte es vorgezogen nicht nass zu werden." "Kein Problem.", meinte ich. Ich manipulierte die Luft um ihn so, dass seine Kleidung sofort trocknete. Fasziniert schaute er mich an. Stolz lag in seinen Augen und ich  wusste genau, dass er sich fragte was ich mit dem Feuer machen konnte, mich aber nicht fragte, weil er genau wusste, dass ich darüber nicht reden möchte. "Du bist unglaublich.", strahlte er. Ich wurde ganz verlegen. "Aber ich kann es noch nicht vollständig kontrollieren und ich werde es auch nie können wenn ich mich vor meinen eigenen Kräften fürchte.", verbittert starrte ich zu Boden. Sein Blick wurde ernster und seine Stimme ebenfalls: "Genau deshalb hat Charles diese Schule gegründet. Das wird schon und ich werde dir dabei helfen versprochen?" Er trat ein paar Schritte auf mich zu und ich hob meinen Kopf. Meine Lippen formten ein stummes 'Danke'. 'Ach Erik, wenn du nur wüsstest wie groß meine Angst vor dem Feuer ist, dann würdest du das nicht so leichtfertig versprechen.' Anscheinend bemerkte er meine Selbstzweifel und so nahm er mich in den Arm. "Ich breche meine Versprechen nicht, Stef. Glaub mir.", flüsterte er in mein Ohr und ich war einfach nur erleichtert. Er ließ von mir ab und drehte sich Richtung Teich. Wir gingen einige Schritte näher und plötzlich spürte ich wie mich eine unsichtbare Kraft zum Teich zog. Ich schrie erschrocken auf. "Erik!", rief ich. Im Augenwinkel konnte ich erkennen wie er verschmitzt lächelte. "Das ist süße Rache.", schrie  er mir hinterher, bevor ich im Teich landete und klitsch nass war. Er fing an zu lachen und ich konnte nicht anders als mit einzustimmen. Da ich keine Anstalten machte aufzustehen, half er mir und zog mich mit Hilfe seiner Mutation wieder aus dem Wasser. Bis auf die Knochen durchnässt stand ich vor ihm und grinste. "Ich werde es in Zukunft vermeiden Metall bei mir zu tragen.", sagte ich belustigt. Er schien zu schmollen und drehte sich von mir weg. "Ich glaube nicht dass du das schaffst. Obwohl ich gerne sehen würde wie du die Schiene in deiner Hand entfernst." Verdammt, die hatte ich ganz vergessen. Irgendwann als ich kleiner war, fiel ich von einem Baum und hatte mir den Arm gebrochen. "Du hast gewonnen.", lächelte ich in an. Ein kalter Wind blies über uns hinweg und ich begann zu zittern. Er zog seine Jacke aus und legte sie mir um die Schulter. "Kannst du dich nicht selbst trocknen?", fragte er interessiert. "Nein. Irgendwie schaffe ich es nicht die Luft um mich zu manipulieren.  Ich weiß nicht warum." "Dann lass uns schnell rein gehen. Wir wollen ja nicht dass du krank wirst." Und erneut nahm er mich bei der Hand und zog mich einfach mit sich. Ich erwiderte nichts, weil ich einfach nur in sein Zimmer wollte um mich zu trocknen. 

H.O.P.EWo Geschichten leben. Entdecke jetzt