29.Kapitel: Sara Cassidy

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Enisa Thompson war ... interessant. Beließen wir es dabei.

Zugegeben eine Mandantin wie sie hatte ich noch nie. Sie war ... speziell. Ich wurde nicht schlau aus ihr.

Nichts an dieser Frau ergab Sinn. Keine Aussage, keine Handlung.

Und immer dann, wenn ich einen Ansatz hatte verlief er sich ins Nichts. Es war wie eine Partie, die ich von Anfang an verloren hatte. Und das bevor ich meinen ersten Zug machte.

Ich seufzte auf, fuhr mir mit der Hand über die Stirn.

„Ach, er ist wieder nicht zu sprechen?"

Ich hörte, wie Tara Pommeroy aufatmete.

„Das ... tut mir echt leid, aber ..." Ihr ' Stimme klang unsicher. „Aber ... er ist grad nicht da."

Ich hob die Braue, warf einen Blick zu Jordon, der neben mir saß. Dann blickte ich auf die Uhr.

Sie glaubte doch nicht selbst, dass jemand wie James Rodríguez pünktlich das Büro verließ? Noch dazu bei so einem Fall. Es war klar, dass es ihm wichtig war. Dieser Fall ging ihm nahe. Also würde er alles tun, was in seiner Macht stand. Und so wie man ihn kannte, arbeitete er auch mal gern Tage und Nächte durch für einen Sieg.

Ich versuchte schon seit Wochen, James Rodríguez zu erreichen. Nur war er wohl nie da, wenn ich anrief. Für ein Arbeitstier wie ihn hörte sich das nicht grad logisch an. Er hatte schlichtweg keine Lust, mit mir zu sprechen.

Leise atmete ich auf, fuhr über die nächste Ampel.

„Schon verstanden. Sie brauchen nicht so tun. Er will nicht mit der Gegenseite reden. Das versteh ich."

Stille am Ende der anderen Leitung.

„Na ja, wir machen nur keinen Deal mit Ihrer Mandantin. Das hat nichts mit Ihnen zu tun.", sagte sie dann. „Normal sind wir für Deals offen. Nur nicht bei ihr."

Alles klar.

Kurz musste ich schmunzeln, als ihre Stimmung auf einmal umschlug. Wieder ging ich auf das Gas, fuhr die Auffahrt hoch.

Das Licht brannte. Hieß also sie war zu Hause.

„Verstanden. Dann bis zum nächsten Mal."

Ich legte auf, parkte auf einem der freien Plätze. Tief atmete ich durch, lehnte mich zurück.

„Sara. Nichts für ungut. Aber was du da versuchst-"

Ich hob die Hand, wandte den Blick dann an Jordon, der sofort im Satz abbrach.

„Lass es. Du bist absolut nicht in der Position mir zu sagen, was hier richtig ist." Meine Stimme bebte leicht. „Wir haben schon vor diesem Video ein echtes Problem gehabt. Und ich bin so frei und sage, dass das nicht meine Schuld ist."

„Woher sollte-"

„Woher du wissen solltest, dass Seline Watsons' Sohn tot ist?" Ich schnaubte auf. „Ach keine Ahnung. Ich dachte, das wär dein Job, wenn du sie befragst?"

Sein linkes Auge zuckte leicht. Er hasste es, wenn man ihn kritisierte. Und es passierte auch echt nicht oft.

Nur hatte ich langsam die Nase gestrichen voll.

„Ich weiß, was ich tue. Ich mach das schon deutlich länger, als du."

Ich verdrehte die Augen, drehte mich zu ihm um.

„Ja, sicher. Dann erklär mir mal, wieso du ein ganz anderes Plädoyer gehalten hast, als das was wir besprochen hatten?" Ich löste meinen Gurt, wandte mich wieder ab. „Nichts von dem, was du bis jetzt gemacht hast, macht Sinn. Und was glaubst du, wie gut findet die Jury es, wenn eine Zeugin nach ihrem toten Kind gefragt wird?"

MaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt