33. Kapitel: Mary Clarke

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Langsam blinzelte ich, starrte an die weiße Decke. Mir tat immer noch alles weh. Und wenn es nur das Bewegen der Augen war.

Mir war klar, dass sie von dem Video wusste. Nicht nur, weil ich sie belauscht hatte. Denn da hatte es noch so gewirkt, als sei es ihr egal. Einen Tag später war es ihr wohl nicht mehr egal.

Sonst wäre ich nicht hier.

Langsam tastete ich nach der Fernbedienung für das Bett.

Es dauerte eine Weile, bis ich sie zu Fassen bekam. Meine Finger zitterten, als ich es dann etwas hochfuhr, damit ich sitzen konnte.

Mein Auge fühlte sich noch schwer an. Und übel war mir auch noch. Ich konnte nicht mal mehr sagen, wie das alles passiert war. Es war so schnell.

Wie so oft. Immer wenn sie die Fassung verlor, passierte es so schnell. Ich sah es nie kommen. Und bevor ich etwas tun konnte, war es zu spät.

Es klopfte an der Tür. Langsam wandte ich meinen Blick nach links.

„Paul."

Überrascht setzte ich mich auf (was ich sofort bereute), als er das Zimmer betrat. Leicht kniff ich die Augen zu, lehnte mich wieder zurück.

„Hey ...", sagte er, setzte sich dann auf einen der Stühle neben dem Bett. „Wie ... wie gehts dir?"

Ich hob eine Braue. Sogar das tat weh.

„Keine Ahnung. Als hätte mich ein Auto angefahren?" Ich schnaufte auf. „Was ja auch die Version ist, die sie erzählt hat."

Ich sah, wie er den Kopf senkte. Wir wussten beide, dass das nicht der Fall war. Weil die Wahrheit ihr verbieten würde, auch nur einen Schritt in meine Nähe zu machen.

„Warum sagst du es den Ärzten nicht?"

Seine Stimme war leise. Als ginge er auch schon davon aus, dass wir abgehört wurden. Offenbar färbte ich mehr auf ihn ab, als gedacht.

Ich atmete auf. Selbst Luft holen tat weh.

„Und das würden sie mir glauben?"

„Ich glaub dir doch auch!"

Jetzt wurde er wieder lauter.

„Ja. Und du bist ein Kind. So wie ich."

Er senkte den Blick. Er sah traurig aus. Oder ... besorgt.

„Und jetzt?"

„Ich weiß es nicht. Ich hoffe einfach, dass ich so lang es geht hier bleiben kann." Wieder sah ich ihn an. „Dann muss ich mich nur hiervon erholen. Und keine Angst haben, das noch mehr kommt."

Paul sah mich an.

„Ich ... also ... es kann sein, dass ... dass du nicht mehr zu ihr zurück musst.", stammelte er leise vor sich hin.

„Ach ja?"

Ich starrte wieder an die Decke.

In dem letzten halben Jahr hatte ich immer wieder gesagt, dass es nicht lange wäre. Und jetzt war ich an einem Punkt, da glaubte ich nicht mehr daran.

„Vielleicht ... hab ich es ja verdient."

„Was?" Paul stand auf. „Was war das?"

Ich zuckte mit den Schultern.

„Na ja ... ich muss was an mir haben, dass sie mich so hasst. Sie hat mich so sehr gehasst, dass sie nichts von mir wissen wollte. Und jetzt ist sie wieder da ... und zeigt mir, wie sehr sie mich hasst. Vielleicht ... liegt es ja an mir."

MaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt