49. Kapitel: Jamie Rodríguez

5 1 0
                                    

Bill sagte die Fahrt über kein Wort. Was mehr als verständlich war. Der ganze Tag war anstrengend.

Und ... endete auch noch ... mit so etwas.

Er sah absolut erschöpft aus.

Das aber auch nicht erst seit heute. Ich kannte Bill seit seiner Geburt. Hatte so viel mitbekommen. Und so wie er seit einem Jahr jetzt war ... kam es mir vor, als wäre er jemand anderes.

Er war so still. Das passte so gar nicht zu ihm.

Es war nichts Neues, dass Bill sehr in sich gekehrt war. Nur kam er in der Hinsicht nach Ryan und überspielte es damit so viel zu reden, dass es einen erdrückte.

Seit der Sache mit Mary ... war das anders. Und ich war nicht in der Lage etwas dazu zu sagen. Es kam mir unpassend vor.

Allein schon, weil ... ich diese Frau unterschätzt hatte. Und das machte mich so verdammt sauer! Ich hatte jahrelang Erfahrung! Ich war der Profi! Ich sollte wissen, wie das lief! Aber nein, ich ging mit der Einstellung ran, dass ich den Sieg sicher hatte.

Wieder so eine Sache.

Wie konnte ich so was nur denken?! Das war doch die erste Sache, die man im Studium lernte! Hatte ich in den letzten Jahren alles vergessen!?

Ich hielt den Wagen in der Auffahrt, sah zu Bill. Er starrte immer noch ausdruckslos auf seine Hände. Er hatte wohl nicht mal gemerkt, dass wir da waren.

„Bill?"

Vorsichtig legte ich meine Hand an seine Schulter, drückte sie leicht.

„Hey. Bill?"

Langsam hob er den Blick. Es sah schon aus, als würde er sich aus einer Starre lösen. Dann nickte er, sah mich an.

Er holte Luft.

„Denkst du das wirkt sich jetzt auf den Prozess aus?"

Fragend legte ich die Stirn in Falten.

„Wir mussten abbrechen.", fügte er hinzu. „Dad hatte eine Panikattacke. Pops sollte eindeutig nichts sagen, wenn er nicht als Zeuge-"

„Bill."

Ich drückte seine Schulter nochmal, unterbrach damit seinen Redefluss.

„Mach dir darum keine Sorgen."

„Hör auf mir sowas zu sagen!"

Seine Stimme nahm deutlich an Lautstärke zu. Auf einmal wirkte er überhaupt nicht mehr abwesend. Sein Blick war völlig klar.

„Jamie, ich bin kein Kind mehr. und ich war dabei!"

„Das hab ich auch nicht gesagt."

„Aber du benimmst dich so!"

Ich seufzte auf.

Musste er ausgerechnet jetzt in die rebellische Phase kommen?

„Dieser Zwischenfall fällt nicht in die Wertung."

„Ja klar." Er schnaubte auf und verschränkte die Arme vor der Brust. „Weil die Jury ein Haufen Roboter ist, die so was mal schnell aus ihrer Erinnerung löschen können."

Ich sah ihn an, schloss kurz die Augen.

„Das Wichtigste daran ist eher eure Reaktion.", sagte ich.

Er hob eine Braue.

„Natürlich können Sie das Ganze nicht einfach vergessen. Aber das auf was sie geachtet haben, war eure Reaktion.", setzte ich nach. „Wie kam es dazu, dass Ryan so eine Reaktion gezeigt hat? Wie hast du darauf reagiert? Wie hat Chris reagiert?"

MaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt