41. Kapitel: Ryan Martinez

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Blue hob den Kopf, als die Tür im Flur aufging. Leicht stupste sie mir gegen das Knie, sah mich gespannt an. Vorsichtig legte ich meine Hand auf ihren Kopf, strich ihr über die Ohren. Ich legte das Tablet zur Seite, sah ihr in die blauen Augen.

„Alles gut.", sagte ich. „Das ist nur Chris. Sonst hat niemand den Schlüssel. Außer Bill. Aber bei dem hast du ja schon geprüft ob er da ist."

Sie hob den Blick, sah mich mit schief gelegtem Kopf an, sprang dann auf und rannte aus der Tür.

„Blue?"

Ich hörte, wie sie etwas von sich gab, das wie ein versuchtes Kläffen klang. Das probierte sie schon seit Tagen. Es klappte nur noch nicht ganz.

„Hey, Blue!"

Sie war jetzt seit einer Woche bei uns. Und an Chris hatte sie sehr schnell gewöhnt. Um genau zu sein, liebte sie ihn abgöttisch.

Und da konnte man sagen, was man wollte: Aber die Kleine hatte Geschmack.

Ich musste lächeln, hob dann den Blick, als die Tür zum Schlafzimmer aufging.

„Hey." Chris stand in der Tür. „Bin wieder da."

Blue steckte ihren Kopf hinter ihm in das Zimmer, sah zu ihm hoch. Sie legte den Kopf schief, stupste ihm leicht gegen das Bein.

„Sie hat dich vermisst."

Er lächelte, strich ihr über die Ohren.

Er sah so müde aus. Er war blass und seine Augen waren leicht gerötet.

Ich öffnete den Mund, doch bevor ich etwas sagen konnte, kam er auf mich zu und umarmte mich. Fest schlang er seine Arme um mich, sank fast schon kraftlos gegen meine Schulter. Ich hörte, wie er Luft holte.

Er klang auch erschöpft.

Sanft legte ich meine Arme um ihn, strich ihm durch die Haare.

„Viel passiert heute?"

Er nickte.

Er hatte nicht gesagt, wo er hin musste. Nur, dass er wegmusste. Und dann war er förmlich aus dem Haus gerannt.

Was nicht gerade ein gutes Gefühl in mir hinterließ.

Vor allem war er schon seit der Verhandlung komisch.

Ich konnte das nicht zuordnen. Er war nicht abweisend. Nur ... noch stiller, als sonst.

Und er wirkte so vertieft. Als würde er über so viel auf einmal nachdenken. Was ich für sehr gut möglich hielt.

„Ich war bei Richards.", murmelte er nach einer Weile.

Ich nickte, strich ihm über den Rücken. Leicht küsste ich seinen Haaransatz, drückte meinen Kopf an seinen. Dabei fiel mir ein Stein vom Herzen. Ich war froh, dass er bei Richards war.

Auf der einen Seite, weil ich dann wusste, dass er nicht stundenlang allein war. Und zum anderen ... weil das hieß, dass er nicht mehr alles in sich reinfraß. Er hatte gemerkt, dass es nicht mehr ging und hatte sich Hilfe geholt.

Das war gut. Und ich war verdammt froh darüber.

„Willst du ... darüber reden?"

Wir hatten auch nicht über diese Sache gesprochen. Nicht ein Wort

Ich brachte es nicht über mich. Keine Ahnung warum. Es gab Momente, da wollte ich es sagen. Aber dann tat ich es doch nicht. Genau wie damals.

Wie an diesem einen verfluchten Abend.

Nur dass ich diesmal nicht die Schuld anderen geben konnte. Hier lag es nur daran, weil ich nichts sagte.

Vielleicht ... weil er so verloren wirkte. Und er nie den Anschein erweckt hatte, als würde er das wollen. Oder als wäre es ihm wichtig.

MaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt