52. Kapitel: Ryan Martinez

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„Wenn was ist, rufst du an, ja?"

„Ist schon gut. Mach ich. Ich mach nur den selben Kram wie sonst auch.", erwiderte Chris.

Ich konnte mir vorstellen, wie er den Kopf schüttelte. Mir war auch klar, wie sich das anhörte. Ich tat ja so, als begäbe er sich in eine Kriegsgebie -

Schlechter Vergleich, Ryan.

„In Ordnung.", murmelte ich, bevor eine Pause entstand.

„Dann bis nachher."

„Bis später."

Wir legten auf.

Ich seufzte auf, steckte es wieder ein. Kurz schloss ich die Augen, lehnte mich zurück auf das Sofa sinken.

Ich fuhr mir durch die Haare, warf mein Sakko dann über die Lehne.

Es sollte mich ja nicht wundern. Ich war es, der gesagt hatte, sie sei eine Narzisstin. Bloß ging ich nicht davon aus, dass ich damit total ins Schwarze traf.

Und noch weniger ging ich davon aus, dass ich fast schon Mitleid mit ihr hatte.

Nicht zu wissen, was einen als Person ausmacht, klang hart. Und da verstand ich, wieso sie mir immer so „falsch" vorkam. So, als würde sie nur eine Show abziehen.

Was sie wohl auch getan hatte.

Sie hatte Emotionen gespielt- weil diese Frau keine Ahnung hatte, wie es anders ging. Und das könnte mir leid tun. Aber nur fast.

Ich blieb dabei. Eine Persönlichkeitsstörung war kein Freifahrtschein.

Sie konnte nicht durch die Welt laufen und allen weh tun, nur weil sie nie gelernt hatte, damit umzugehen. Sie hätte das Geld in Therapie zu gehen. Daran lag es nicht! Und egal, was der Grund war, es gab nichts, was all das wieder gut machte.

Ich hob den Blick, als sich mit einem lauten Seufzen Bill neben mich fallen ließ. Er schloss die Augen, verschränkte die Arme vor der Brust.

„Um wie viel wollen wir wetten, dass uns das noch mal um die Ohren fliegt?"

Er klang verbittert.

„Wie kommst du da drauf?"

Er schnaufte auf.

„Ist so ein Gefühl. Jamie hat sowas auch immer geschafft. Sachen umdrehen, auch wenn sie noch so klar sind. Das ist doch genau das, was man von einem Anwalt will.", brummte er. „Wieso sollten es ihre dann nicht auch tun?"

Ich nickte, sah ihn an.

„Wir kriegen das schon hin."

Er hob die Brauen, musterte mich einen Moment lang.

„Ist dir klar, dass ihr alle das Gleiche sagt? Und niemand hört sich dabei so an, als würde er es selbst glauben."

Er hatte recht. Es klang wie eine Phrase. Wie ein Mantra, das ich so oft wiederholte, bis es wahr wurde.

Ich seufzte auf, nickte dann.

„Möglich."

„Du kannst niemanden für eine psychische Krankheit verurteilen."

„Wir wollen auch nicht, dass sie ins Gefängnis geht.", sagte ich. „Das hier ist ein Zivilprozess."

„Noch."

Ich hob eine Braue.

„Als würde Jamie nicht drauf brennen, dass das ein Strafprozess wird. Das ist sein Gebiet. Gerade ist er nicht in seinem Element. Das siehst du doch auch. Der läuft auf Sparflamme."

MaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt