12. Kapitel: Elli Campbell

28 3 0
                                    

Die ganze Zeit über saß ich auf der Treppe und hörte, worüber sie sprachen. Erst kurz bevor die Tür aufging, lief ich nach oben.

Aber vermutlich hatte er mich gesehen ...

Seitdem waren auch schon wieder gut zehn Minuten vergangen.

Jetzt saß ich oben auf den Stufen und hatte die Arme auf die Knie gelegt. Fest biss ich mir auf die Lippe, starrte die Wand an. Mein Herz raste vor Wut.

Ich hatte sicher nicht alles gehört. Aber genug, um zu wissen, dass sie nur an sich dachte. Sie wusste genau, was los war! Und trotzdem stand sie da und tat nichts!

Tief atmete ich durch, strich mir die Haare aus dem Gesicht.

Keine Ahnung, was ich erwartet hatte. Und ob sie dachte, dass ich es nicht mitbekommen hatte. Sie war nicht grad leise gewesen ...

Besser machte es das auch nicht.

Mir war klar, dass sie nicht an mich glaubte. Nur war es anderes, wenn ich hörte, wie sie es sagte. Genau so, wie sie es dachte. Und dann noch nicht mal mir direkt.

Aber sie war schwer zu überhören, wenn sie schrie.

Dass jetzt im Grunde ein Fremder wusste, dass sie nichts von mir hielt ... war nicht das, was man sich wünschte.

Eigentlich sollte es mich nicht überraschen. Sie hatte nie ein Geheimnis draus gemacht. Ich konnte es ihr nie recht machen. Es gab auch keins meiner Programme, dass sie gemocht hatte. Und wenn, dann nur weil sie es ausgesucht hatte. Aber dann passte es nicht, wie ich lief. Selbst wenn ich alle Figuren stand.

Sie war auch selten da gewesen, um mir zuzusehen.

Und wenn dann nur, um mich zu kritisieren.

Aber darin schenkten sich beide nicht viel. Nur ein Grund mehr, wieso ich nicht mehr antrat.

Und die Tatsache, dass ich nicht laufen konnte, wenn mir andere zusahen. Nicht mehr seit ... dem Unfall.

Fest biss ich mir auf die Lippe, wischte mir schnell über die Augen. Daran wollte ich nicht denken. Und ich hasste es, wenn ich so emotional wurde. Was meist über die Feiertage passierte.

Weil es da immer eskalierte.

Seitdem ich zehn war, ging mir Weihnachten nur noch auf die Nerven. Und nach Megs Tod ... war es nichts als Heuchelei.

Wo war der Sinn, dass wir so taten, als seien wir eine richtige Familie? Wir spielten uns doch nur was vor. Und es endete nie gut.

Dann könnten wir es gleich lassen.

Warum sich einen Tag lang die Mühe machen? Den Rest des Jahres war es ihnen auch egal. Und jedes Jahr dachten sie sich was aus, das wir an dem Tag machten. Als würde es was ändern.

Und dieses Jahr waren sie ganz kreativ.

Wir gingen auf ein Einskunstlauf-Event.

Okay, Dad musste da hin. Es liefen ein paar seiner Skater. Aber was das mit mir zu tun hatte? Ich trat ja nicht mehr an.

Oder wie sie es bevorzugten:

Ich war ein gescheiterter Skater mit verschwendetem Potential.

Waren sie nicht reizend?

War ja nicht so, dass sie mich zu meinem letzten Wettkampf gedrängt hatten. Kurz nach Megs Tod. Wo ich mir den Kopf aufgeschlagen hatte!

Und ich im Krankenhaus landete – und in der Psychiatrie!

Für sechs Monate!

Da musste ich es mir echt nicht anhören, dass ich mich nur mehr anstrengen sollte. Oder, was ich bei dem Sprung falsch gemacht hatte! Dass ich mehr trainieren müsste!

MaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt