50.Kapitel: Jamie Rodríguez

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Pratt verlor am nächsten Tag nicht ein Wort über den Vorfall. Nicht mal bevor die Jury den Saal betrat. Und mir war klar, dass es hier niemand vergaß. Und doch spielte es keine Rolle.

Dass das schwer zu begreifen war, wenn man keine Ahnung von Jura hatte, wusste ich auch. Nur hatte ich nicht die Zeit ihm das zu erklären.

Es war fürs Erste kein Thema mehr und das war alles, was zählte. Es kam mit Sicherheit nochmal auf uns zurück – oder auf Ryan.

Aber bis dahin hatten wir noch etwas Zeit. Vor ihm waren noch drei Zeugen. Mit ein wenig Glück war das noch eine Woche.

Leicht tippte ich mit dem Finger auf dem Tisch herum. Es ging genauso weiter wie zuvor.

Richards beendete seine Aussage. Das Ganze lief nur noch knapp 20 Minuten. In denen er schilderte, wieso Chris nach der Geburt kaum bei ihm war und wie er, seitdem Mary auf der Welt war, Stück für Stück „gesünder" wurde.

Ich wusste, Chris war der Meinung, dass nur so wirkte, als sei es so plötzlich. Trotzdem glaubte ich, dass da was dran war. Und Ryan war hier mal meiner Meinung – was bei uns nicht oft vorkam.

Wir beide hielten es für Schwachsinn, dass Chris über Nacht gesund wurde, weil Mary auf die Welt kam. Das war Unsinn. So was passierte in Filmen, aber nicht in echt.

Der einzig logische Grund für seine „plötzliche" Genesung war ... weil sie auf einmal fort war.

Sie hatte seinen Heilungsprozess behindert, das war mir schon lange klar. Und ich schätze, dass er jetzt so weit war, dass er es sah.

Leise atmete ich auf, blickte nach vorne, als sich die Tür öffnete und die nächste Zeugin den Raum betrat.

Die Frau hatte schulterlange, brünette Haare. Sie trug einen blauen Anzug und dazu eine helle Bluse. Die Haare trug sie offen, was nicht gerade typisch vor Gericht war.

Die Frau hob ihre rechte Hand, trug ihren Eid vor. Dann trat sie nach vorne, setzte sich. Kurz sah sie zu Richter Pratt, schenkte auch ihm ein leichtes Lächeln.

Ich schätze, da war sie die Erste, die so etwas tat.

Dann wandte sie ihren Blick nach vorne, sah in Haydens' Richtung.

„Guten Tag, Dr. Jenkins."

„Guten Tag.", erwiderte sie.

Sie hatte eine weiche, angenehme Stimme.

„Mein Name ist Hayden Jackson."

Das war so seine Art, dass er sich immer bei jedem Zeugen vorstellte. Was auch seinem Charme ausmachte. Er war die Ruhe in Person.

Und daher perfekt für sehr lange, trockene Befragungen.

Hier musste ich zugeben, dass es seine Vorteile hatte, ein Team zu haben. Alle waren top in dem, was sie taten. Und ich wollte hier kein Risiko mehr eingehen. Weil ich es mir auch nicht leisten konnte.

Dazu kam ... dass es gut tat, Leute um mich zu haben. Dass ich das hier nicht mehr allein machte. Auch wenn ich solo immer noch echt top war!

Kurz glitt mein Blick wieder auf die gegnerische Seite.

Mein Team und ich arbeiteten zusammen. Und ich hatte seit Beginn den Eindruck, dass es da nicht so war. Jeder vertrat das, was er für richtig hielt. Bloß wich das nicht selten sehr stark ab.

Und es entging niemandem, wie uneinig die sich waren.

Das ging ja schon bei der Eröffnung los. Sara sagte was anderes als der Rest. Ich hatte ja immer noch den Eindruck, dass diese Frau mehr im Schilde führte, als mir klar war.

MaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt