2. Erinnerungen

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2. Erinnerungen

Der erste Schultag verlief ohne große Zwischenfälle und nach dem Abendessen verabschiedete sich Elenora von ihren Kollegen und von Minerva und machte sich auf den Weg in ihre Gemächer. Nachdem Minerva in Albus' ehemalige Räume umgezogen war, hatte sie ihrer Nichte ihre Eigenen überlassen. Elenora trat in das Turmzimmer ein und die Tür fiel automatisch hinter ihr zu. Beiläufig sah die junge Frau in den Wandspiegel, und zog ein paar Haarklammern aus ihrer Hochsteckfrisur. Sofort öffneten sich ihre langen, aschbraunen Haare in lockeren Wellen auf ihrem Umhang. Kritisch begutachtete Elenora sich im Spiegel. Ihr blickten zwei grün-blaue Augen aus einem Gesicht entgegen, auf dem sich noch schwach eine Kampfnarbe über der rechten Augenbraue abzeichnete. Ihre langen Haare fielen in seichten Wellen über ihre Schultern, die von einem schwarzen Umhang bedeckt waren. Ihre Lehrerrobe war ein rot-schwarzes Gewand, das zum Hals hin hoch aufschloss. An ihrem Gürtel befand sich das Hogwarts-Emblem, welches im Abendlicht funkelte. Müde wechselte Elenora von ihrer schweren Alltagsrobe in ein bequemeres Gewand und goss sich dann ein Glas Wein ein, welches sie mit zu ihrem Schreibtisch nahm. Sie hatte noch einigen Papierkram zu erledigen und das ging mit etwas Wein doch besser. Sie hatte noch nicht lange gearbeitet, da klopfte es an der Tür. Bevor Elenora etwas sagen konnte, schwang sie auch schon auf und die Schulleiterin trat ein. „Oh, bist du beschäftigt, Liebes? Ich wollte mich nur ein wenig mit dir unterhalten." „Nein Mina, komm rein.", antwortete ihre Nichte und nahm ein weiteres Glas von einer Ablage. „Auch ein Glas Wein?" „Mir ist heute eher nach Feuerwhiskey." Elenora zog die Augenbrauen hoch. „Was, hat dich der erste Schultag etwa so ermüdet?" Minerva lächelte nur und trat ans Fenster. Die Sonne war mittlerweile fast am Horizont verschwunden und hinterließ eine rote Linie in der Ferne. „Diese Aussicht habe ich immer sehr genossen. Die Sonnenuntergänge sind wunderschön." Ihre Nichte nickte beipflichtend und reichte ihrer Tante ein Glas. Diese war vor einer Fotowand stehen geblieben, die über einer Kommode hing. Die ehemalige Gryffindor legte die Hand auf ein altes Foto von einem Ehepaar mit einem Kleinkind. Es waren Elenoras Eltern, Cathlyn und Robert McGonagall, der auch Minervas Bruder gewesen war. Er starb im ersten Zaubererkrieg, und Cathlyn wurde wenige Monate später von Todessern ermordet. Elenora war damals erst sechs Jahre alt gewesen und Minerva hatte beschlossen, sie bei sich aufzunehmen. Die junge Hexe konnte die Traurigkeit spüren, die von ihrer Tante ausging und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Ich vermisse sie auch, Mina." Die Schulleiterin lächelte traurig. „Das tun wir alle." Ihre Augen streiften ein anderes Bild, auf dem die ganze Familie McGonagall abgebildet war. Isobel McGonagall, Minervas Mutter, von der Elenora ihren zweiten Vornamen geerbt hatte. Minerva mit ihren zwei Brüdern Malcolm und Robert Jr., der nach seinem Vater benannt wurde. Nach Roberts Tod zog Malcolm mit seiner Frau, seiner Tochter und seinem zweiten ungeborenen Kind nach Amerika, um sich außer Gefahr zu bringen. Sie hatten sie schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen, was dem zweiten Zaubererkrieg zu verschulden war. Minerva ließ ihren Blick noch eine Weile auf dem Bild ruhen, dann wandte sie sich wieder dem Fenster zu und nippte an ihrem Whiskey. Um das Thema zu wechseln, fragte sie: „Wie war der erste Tag als Hauslehrerin?" Elenora zuckte mit den Schultern und erwiderte: „Ganz gut, denke ich. Wir werden uns gut verstehen." Zufrieden nickte ihre Tante. „Das höre ich gern. Übrigens, wie kommt Severus zurecht? Hat er sich wieder eingefunden?" „Definitiv. Er mag zwar jetzt mehr Anbeter haben als früher, aber er ist immer noch der mürrische, alte Mann aus früheren Zeiten.", sagte Elenora und beide mussten lachen. „Wer ist hier alt und mürrisch?", kam es da plötzlich von der Tür. Die beiden fuhren herum und erblickten Severus Snape, der durch die Tür trat. „Meine Güte, Snape! Musst du dich so anschleichen?", fuhr ihn Elenora etwas erschrocken an. Der Slytherin hob kommentarlos eine Augenbraue und ließ sich in den roten Sessel vor dem Kamin fallen. „Ich dachte, ich sehe mal nach euch, bevor ihr die alleine leert und ich morgen die Schulleitung übernehmen muss", sagte er und deutete auf die Flasche Feuerwhiskey. „So so." Minerva setzte sich in den anderen Sessel, Elenora zog ihren Schreibtischstuhl heran und reichte Severus ebenfalls ein Glas mit dem feurigen Gebräu. Severus nahm es dankend an und fing an, von einem „unsäglichen kleinen Ravenclaw" zu erzählen, der ihn heute im Unterricht ewig mit Fragen genervt hatte. So saßen die drei noch den ganzen Abend zusammen und unterhielten sich bis spät in die Nacht.

Der nächste Morgen kam schneller als erwartet und Elenora stocherte müde in ihrem Frühstücksmüsli herum. Sie konnte sich nicht wirklich aufraffen weiter zu essen, weswegen sie aufstand und sich zum Lehrerzimmer begab. Sie war mit den Gedanken heute nicht wirklich bei der Sache, nachdem sie gestern so in nostalgische Stimmung verfallen war. Sie fuhr sich durch die Haare und zwang sich dazu, ihre Aufmerksamkeit wieder auf die bevorstehende Stunde zu richten. Die Tür des Lehrezimmers öffnete sich mit einem Schwung und Elenora trat ein. Heute stand die fünfte Klasse auf dem Plan, mit dem Thema Niffler. Sie persönlich konnte die kleinen Biester nicht ausstehen, aber der Lehrplan schrieb es nun mal vor. Schnell raffte sie ihre Unterrichtsmaterialien zusammen und machte sich auf dem Weg ins Klassenzimmer. Dort angekommen brachte sie ihre Klasse in typischer McGonagall-Manier zur Ruhe und begann dann, ein Zusatzbuch an die Schüler zu verteilen. So verstrich der Vormittag, und als es zum Stundenende läutete, verließ Elenora nach ihren Schülern zufrieden den Klassenraum. Sie hatte bereits ein paar talentierte Schüler ausmachen können, und auch welche, auf die sie ein Auge haben musste. Alles in allem kamen die Slytherins zu ihrer Freude dieses Jahr recht gut mit den Gryffindors aus. Vermutlich hatten selbst die Schüler noch genug von Kämpfen und Rivalität, die die Vergangenheit prägten. Die junge Hexe schritt durch den Vorhof des Schlosses hinüber zur großen Halle, blieb jedoch vor einer großen Tafel inmitten des Hofes kurz stehen. In den Stein waren die Namen all jener gemeißelt, die bei der Schlacht vor zwei Jahren ihr Leben gelassen hatten. Elenora strich mit ihrer Hand über einen Namen, Beatrice Donadieu. Ihre beste Freundin aus Schultagen hatte ihr Leben gelassen, um ein paar jüngere Schüler vor einem Todesser zu beschützen. Elenora vermisste sie sehr. Es fiel ihr immer noch schwer, ihren Tod zu begreifen und zu akzeptieren, denn Bea war wie eine Schwester für sie gewesen...

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