A Hogwarts Love Story

63. Auf frischer Tat ertappt

Mit konzentrierter Miene starrte der Sechstklässler auf seinen Zauberstab, den er von sich gestreckt hielt, und bewegte ihn mit stummen Lippen im Kreis. Sofort leuchtete ein heller Schild vor ihm auf und wurde mit jedem Herzschlag stärker. „Sehr gut, Dawson! Und jetzt versuchen Sie den Expelliarmus-Zauber von Ms. Berkins rechtzeitig abzublocken!", rief Elenora, die schräg gegenüber von ihrem Schüler stand und ihn aufmerksam beobachtete. Sarah Berkins stellte sich ihrem Ravenclaw-Kollegen entgegen und hob ebenfalls ihren Stab. Plötzlich schoss ein weißer Blitz aus dessen Spitze und Dawson konnte mit einem gemurmelten „Protego!" gerade noch rechtzeitig seinen Schildwall-Zauber erzeugen. Seufzend verschränkte Elenora die Arme und wollte gerade einen Kommentar loswerden, als Thomas Thackerby sich einmischte: „Du sollst es doch nicht aussprechen, Dawson! Einen gesagten Schutzzauber kann ja jeder!" „Seien Sie still, Thackerby, ich habe Sie nicht um Ihre Meinung gebeten. Aber er hat Recht, Mr. Dawson, das sah mir nicht nach einem nonverbalen Zauber aus. Versuchen Sie nächstes Mal, sich eher auf das Blockieren vorzubereiten. So, die letzten zehn Minuten üben Sie bitte in Partnerschaft weiter.", sagte Elenora bestimmt und nickte ihrer Klasse zu. Die Sonne schien auf den Innenhof von Hogwarts herab, in dem die junge Professorin mit ihren Sechstklässlern dabei war, nonverbale Zaubersprüche zu üben. Diese Technik erforderte viel Übung und Können, weshalb sich die meisten noch etwas schwertaten, die entsprechenden Zaubersprüche wirklich nur in ihren Köpfen auszusprechen. Mit analysierender Miene schritt die Gryffindor durch die Reihen ihrer übenden Schüler und korrigierte hier und da ein paar Handgriffe. Heute war der letzte Tag dieses Schuljahres, und sie wollte, dass jeder zumindest einen nonverbalen Zauber beherrschte, bevor Elenora sie in die Ferien entließ. Mit ein wenig Stolz in ihrer Brust beobachtete sie zwei Gryffindors, die sich in stetigem Tempo Angriffs- und Blockzauber entgegenwarfen, ohne auch nur einen Einzigen davon laut auszusprechen. Mit einem anerkennenden Nicken lief sie weiter, als plötzlich die große Turmuhr zur Mittagszeit schlug. Die Schüler beeilten sich, ihre Taschen zu packen, wurden jedoch in ihrem Eifer von ihrer Professorin aufgehalten. „Nicht so schnell, die Herrschaften. Nächstes Jahr möchte ich von jedem mindestens zwei nonverbale Angriffs- und Blockzauber sehen, also rate ich Ihnen während der Ferien zu ein wenig Übung. Die meisten von Ihnen sind ja jetzt schon Siebtzehn, da dürfte das kein Problem sein. Außerdem°-" Sie stockte, als sie Aaron ó Racghnail erblickte, der lässig an einer Säule des Innenhofs lehnte und zu ihr herübersah. Sein verführerisches Grinsen hatte die junge Frau kurzzeitig aus der Fassung gebracht, aber sie riss sich von dem einladenden Anblick los und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre Klasse, die angefangen hatte zu kichern. Mit gehobenen Augenbrauen starrte Elenora ihre Schüler an und wollte wissen: „Was ist denn so amüsant, Ms. Abernathy?" Die Slytherin kicherte jetzt nur noch mehr und öffnete den Mund, doch der Gryffindor Thackerby kam ihr mal wieder zuvor: „Wir wissen es! Wir wissen von Ihnen und Professor ó Racghnail!" „Thomas!", zischte dessen Freund Nico Middleton, brach dann zusammen mit der ganzen Klasse in Gelächter aus, als sie das verdatterte Gesicht ihrer Lehrerin sahen. Bemüht, ihre Fassung wiederzuerlangen, räusperte sich Elenora einmal und fragte mit betont desinteressierter Stimme: „So, und was macht Sie dessen so sicher, Mr. Thackerby?" „Wir...äh... waren eventuell auch im „Drei Besen", vorgestern?", beichtete der Sechstklässler nun und Elenora schloss für eine Sekunde ihre Augen. Ich wusste doch, dass ich ein Kichern gehört habe. „Ist es wirklich wahr? Sind Sie und der Professor ein Paar?", platzte es aus einer Schülerin und sie biss sich sofort verlegen auf die Lippen, nachdem ihr diese Frage entwichen war. „Ja, sind wir.", kam es da hinter der Klasse von Aaron, der an die Gruppe herangetreten war. Elenora verschränkte die Arme und folgte dem Iren mit ihrem Blick, der direkt auf sie zukam und ihr aus heiterem Himmel einen Kuss auf die Lippen gab. „Ist das Beweis genug für Sie, Ms. Whright?", fragte er nun mit verschmitzter Miene, aber die Klasse war in helle Aufregung ausgebrochen und so bekam er keine Antwort. Mit einer Mischung aus Entsetzen, Entzückung und Schock boxte Elenora ihren Partner gegen die Brust und zischte: „Aaron! Was sollte das!?" „Mein Versuch, die Gerüchte zum Verstummen zu bringen.", antwortete der Hufflepuff süffisant und lehnte sich erneut für einen Kuss nach vorne, doch Elenora wich dem aus und seufzte frustriert. „Ich kann froh sein, wenn mich meine Klasse jetzt wenigstens noch ein bisschen respektiert. Vielen Dank dafür!" „Oh, soll ich dich nächstes Mal hochheben und einfach davontragen, ist das der Dame lieber?" „Untersteh dich." „Du könntest dich sowieso nicht dagegen wehren, Liebling", flüsterte Aaron mit einem frechen Grinsen und wandte sich dann an die Klasse, die immer noch mit Kichern und Tuscheln beschäftigt war. „Jetzt, da all Ihre Fragen geklärt sind, würde ich Sie bitten, wieder dieser bezaubernden Frau Ihre Aufmerksamkeit zu schenken." Ein paar der Mädchen lagen schon halb am Boden vor Lachen und Elenora konnte spüren, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. „Ähm. Also, was ich vorhin noch sagen wollte, ist, dass Sie bitte Ihre Aufsätze nicht vergessen, die Sie über die Ferien schreiben sollen. Jetzt ab mit Ihnen." Die Klasse machte sich im Eiltempo davon, obwohl sich manche Schüler nochmal zu Elenora und Aaron umdrehten, die alleine auf dem Hof zurückblieben. Gespielt beleidigt verschränkte die Gryffindor die Arme und stolzierte davon. Aaron war mit zwei großen Schritten wieder neben ihr und legte einen Arm um seine Freundin. „Vielleicht sollte ich das öfter machen, dein Gesicht war köstlich!" „Wenn du mich jemals wieder in deinen Gemächern begrüßen möchtest, würde ich mir das nochmal überlegen." „Na gut, du hast gewonnen, Schmollnase." „Diesen 'Kosenamen' habe ich gerade nicht gehört." „Zu schade, er passt nämlich perfekt zu deiner kleinen, süßen..." „Aaron!" „Schon gut, ich höre auf."