Der nächste Tag war schneller vorüber als es Elenora lieb war und so stand sie jetzt abreisebereit mit Severus und Minerva im Flur, die sich noch von ihrer Mutter verabschiedete. Isobel sah ihre Tochter streng an. „Und dass du mir ja öfter schreibst, Minerva!" „In Ordnung, Mutter.", seufzte die Schottin und verdrehte die Augen. Elenora winkte Dorothea und Henry zu, die weiter hinten im Flur standen. „Gute Heimreise!" „Euch auch!" Mit diesen Worten verließen sie das Herrenhaus und machten sich an den Abstieg zum Portschlüssel. Bevor sie den Pfad verließen, drehte sich Elenora noch ein letztes Mal um und starrte wehmütig auf das imposante Anwesen. Dann folgte sie Severus und Minerva den Rest des Hügels hinab zu der Whiskeyflasche, die wieder im Schnee stand. Einen Port und eine gefühlte Ewigkeit später kamen die Drei heil in Hogwarts an und betraten die große Eingangshalle. Minerva atmete einmal tief durch und meinte: „Auch wenn der Urlaub sehr schön war, tut es gut, wieder hier zu sein." Die beiden Professoren stimmten ihr zu und zusammen einigten sie sich darauf, den Nachmittag einfach entspannt in den Gemächern ausklingen zu lassen. So schritt jeder von ihnen in eine andere Richtung davon und Elenora wies ihre Reisetasche mit einem Handschwenk an, hinter ihr her zu schweben. Plötzlich kam Sir Nicholas durch eine Wand direkt vor ihr geschwebt und neigte grüßend den fast abgetrennten Kopf. „Ah, Professor McGonagall! Frohe Weihnachten!" „Ebenso, Sir Nicholas.", rief Elenora dem Hausgeist lächelnd hinterher und öffnete dann die Tür zu ihrem Zimmer. Zu ihrer Überraschung wurde sie von einem schon brennenden Feuer im Kamin begrüßt. Anscheinend waren die Hauselfen zu Besuch gewesen, und bald entdeckte Elenora auch den Grund dafür: Ein schön verzierter Umschlag lag auf ihrem Schreibtisch. Neugierig stellte die Gryffindor ihren Koffer neben der Tür ab, nahm den Brief in die Hand und brach das Siegel. In dem braunen Umschlag lag das Familienfoto, was die McGonagalls gestern geschossen hatten und Elenora nahm es vorsichtig heraus. Anscheinend hatte Malcolm mit der Kamera ein hochwertiges Modell erworben, denn die Fotoqualität war hervorragend. Lächelnd betrachtete die junge Frau ihre Familie, die glücklich in die Kamera grinste, wenn auch Severus' Lächeln etwas steif war. Elenora nahm sich einen noch leeren Rahmen aus ihrer Büroschublade, trat hinüber zu ihrer Fotowand und brachte das Bild neben dem alten Familienfoto an. Dann trat sie drei Schritte zurück und begutachtete zufrieden ihr Werk. Ihr fiel auf, dass das in all den Jahren, die sie Severus schon kannte, das erste Foto mit ihm war. Beim Gedanken an den Slytherin fiel ihr der Brief ein, den sie noch ungeöffnet in ihrem Koffer verstaut hatte und sie kramte ihn zwischen ihren Habseligkeiten hervor. Erwartungsvoll ließ sie sich auf ihr Sofa fallen und entfaltete das edle Pergament, dann begann sie zu lesen:
Liebe Elenora,
ich wünsche dir frohe Weihnachten und hoffe, dass die Überraschung am Weihnachtsabend gelungen ist. Minerva hatte mich am letzten Tag vor den Weihnachtsferien zu euch eingeladen, mit der Betonung, dass ich es geheim halten sollte. Zwar weiß ich, dass du Überraschungen genauso sehr hasst wie ich, aber deine Tante hat mich doch irgendwie weichgeklopft. Des Weiteren hoffe ich, dass du mit meinem Geschenk etwas anfangen kannst, auch wenn du es aufgrund deines Stellungswechsels vermutlich nicht mehr lange nutzen kannst. Aber wer weiß, vielleicht sind feuerfeste Handschuhe auch bei ungestümen Zweitklässlern in Verteidigung gegen die dunklen Künste keine schlechte Idee...
Elenora musste kichern und zog die Augenbrauen in die Höhe. Humor dieser Art hatte ihr von Severus sehr gefehlt, denn er war auf eine erfrischende Art amüsant und zugleich sarkastisch. Sie fokussierte sich wieder auf die nächsten Zeilen und fuhr fort:
Ob mit oder ohne Handschuhe, ich weiß, dass du deinen Job als Professorin auch in Verteidigung gegen die dunklen Künste gut machen wirst. Wenn ich mich recht erinnere, war das schon zu Schulzeiten deine Begabung, anders als Wahrsagen... wieder eine Sache, die du mit Minerva gemeinsam hast. Du kannst es wahrscheinlich nicht mehr hören, aber in gewissen Dingen könnte man wirklich meinen, du wärst ihre leibliche Tochter. Bei deiner Erziehung hat sie auf jeden Fall alles richtig gemacht. Aber genug der lobenden Worte an Minerva, schließlich ist das hier ein Brief an dich. Ich bin wirklich froh, dass wir wieder im Reinen sind, und ich hoffe, dass das ab jetzt auch so bleibt. Auch wenn ich nicht gut darin bin, es nach außen zu zeigen, genieße ich jeden Spaziergang und jedes Schachspiel mit dir. Ich möchte, dass du weißt, dass ich dich gerne um mich habe, Elenora. Vergib mir, wenn ich das nicht so vermitteln kann, wie ich es gerne möchte. Deine Tante und Poppy durchschauen mich mittlerweile sowieso, aber ich bin mir nicht sicher, ob du das auch kannst. Ich arbeite daran, euch gegenüber offener zu werden, aber das ist nicht so einfach für mich. Du sollst wissen, dass meine Tür immer offen für dich steht, und ich werde dir bei egal welchem Problem versuchen so gut ich kann zu helfen. Nun ja, diese Erklärung wollte ich noch in irgendeiner Form loswerden, bevor das neue Jahr anfängt. Jedenfalls wünsche ich dir alles Gute für die Zukunft.
Severus
Gerührt strich Elenora über die geschwungene Handschrift des Slytherin und schloss dann den Brief. So eine offene Haltung war sie von dem Tränkemeister gar nicht gewöhnt, aber ihr gefiel diese neue Art. Sie war sehr angetan von seiner Erklärung und nahm sich vor, ihm das demnächst zu sagen. Sorgsam steckte sie den Brief wieder in sein Kuvert und legte ihn dann zu ihrer anderen privaten Post in die unterste Schublade ihres Schreibtisches. Eine Weile lang saß sie einfach auf ihrem Stuhl und versuchte sich vorzustellen, wie Severus an seinem Schreibtisch saß und diesen Brief verfasst hatte. Leise lächelnd wanderte ihr Blick wieder zu dem neuen Foto an der Wand. Ihre Großmutter hatte Recht, Severus gehörte jetzt wirklich zur Familie. Sie hoffte, dass der Slytherin das auch als Gewinn ansah, und nicht als zusätzliche Bürde. Die McGonagalls konnten etwas stur und anstrengend sein, aber hatte man alle Mitglieder etwas kennengelernt, waren sie doch eine angenehme Gesellschaft. In Gedanken versunken wurde die junge Frau von ihrer Wanduhr aufgeschreckt, die zur vollen Stunde schlug. Da es Zeit fürs Abendessen war, erhob sich Elenora und verließ den Raum in Richtung der Großen Halle.
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A Hogwarts Love Story
Fanfiction(ABGESCHLOSSEN) Nach dem Sieg über Voldemort wird Hogwarts wiederaufgebaut und eine neue Ära beginnt, doch was wird sie bringen? Dies ist eine Geschichte aus der Sicht der jungen Lehrerin Elenora, eine Geschichte über familiäre, freundschaftliche un...