3. 1992

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3. 1992

„Hey, McGonagall, warte mal auf mich!" Elenora, die auf halbem Weg zur Eingangshalle war, blieb stehen und drehte sich um. Hinter ihr kam ein Mädchen mit einem dunklen Lockenkopf angerannt und kam neben ihr zum Stehen. „Tut mir leid, Bea, ich hab' dich nicht gesehen!" Dafür erntete Elenora einen freundschaftlichen Klaps auf den Arm von der Angesprochenen: Beatrice Donadieu, gebürtige Französin und Elenoras beste Freundin. Sie war erst vor drei Jahren nach Hogwarts gekommen, nachdem ihre Eltern nach England umgezogen waren. Davor hatte sie die berühmte Zaubererschule Beauxbatons besucht, war über die Umschulung nach Hogwarts aber sehr froh gewesen, da sie es dort gehasst hatte. „Wie war Zaubertränke?", fragte Elenora. Bea zuckte mit den Schultern und schulterte ihre Tasche. „Snape war heute wirklich mies gelaunt. Also nicht sein normales „Mr. Griesgram"-mies, sondern richtig mies. Ich frag' mich echt was dem den Kürbissaft verdorben hat, dass er sogar sein eigenes Haus anschnauzt." Elenora grinste und erwiderte: „Vielleicht hat er endlich eingesehen, dass ihr Slytherins unausstehliche Idioten seid?" „Und was sagt das dann über DICH aus, meine Liebe? Schließlich sind deine beste Freundin UND dein Freund in Slytherin!", antwortete Bea süffisant und brachte ich kichernd aus der Reichweite von Elenoras Geschichtsbuch. Dann blieb sie plötzlich stehen und seufzte. „Wenn man vom Teufel spricht..." Ein Arm legte sich um Elenoras Taille und eine männliche Stimme sagte: „Hallo Schönheit." „Hey Schatz!", antwortete Elenora und drehte sich um, um ihrem Freund einen Kuss zu geben. Der Slytherin war fast einen Kopf größer als sie und hatte tiefschwarze Haare und giftgrüne Augen. Bea gab Würggeräusche von sich und verschränkte trotzig die Arme. Der Junge löste sich von Elenora und lachte. „Kommt dir die Eifersucht hoch, Donadieu?" „Ganz und gar nicht, Durant. Aber bei eurem Speichelaustausch wird mir einfach übel!", sagte Bea und zog Elenora am Arm. Diese lächelte ihren Freund entschuldigend an und ließ sich dann von ihr mitziehen. Der winkte ihr zum Abschied und gesellte sich wieder zu seinen Freunden. „Ich verstehe einfach nicht, warum du mit Damien nicht zurechtkommst..." „Er ist arrogant und selbstsüchtig! Außerdem teile ich dich nicht gerne!", regte sich Beatrice auf und hob eingeschnappt den Kopf. Elenora schüttelte nur den Kopf. Ihre beste Freundin hatte ein völlig falsches Bild von Damien, schließlich war er genau das Gegenteil von selbstsüchtig. Er war eigentlich ziemlich romantisch, wenn sie so darüber nachdachte. Zugegeben, auch etwas arrogant, aber das gehörte einfach zu seinem Slytherin-Charakter dazu. Bald feierten sie den zweiten Jahrestag, was Elenoras Herz hüpfen ließ. Beatrice riss sie wieder aus ihren Gedanken, als sie die große Halle erreicht hatten. Schon im Flur konnte man den herrlichen Geruch des Mittagessens erschnüffeln, und die beiden Mädchen betraten die Halle. „Bis später, Süße!", rief Bea grinsend. Elenora warf ihrer Freundin eine Kusshand zu und lief dann zum Gryffindor-Tisch.

Der Schulgong brachte Elenora wieder zurück in die Wirklichkeit. Sie war so in Traurigkeit versunken, dass sie die Schüler auf der anderen Seite des Hofes erst bemerkte, als diese anfingen zu tuscheln. Elenora hob den Kopf und konnte ein paar mitleidige Blicke erhaschen, bevor die Gruppe in der großen Halle verschwand. Die Professorin schüttete sich, um wieder klaren Gedanken fassen zu können und folgte den Schülern dann. Innen war das Mittagessen schon voll im Gange. Elenora lief zu ihrem Platz und bekam wieder einmal einen strengen Blick ihrer Tante zu spüren, aber das war sie schon gewohnt. Sie war oft unpünktlich zum Essen. Etwas geknickt stocherte sie in ihren Nudeln herum und zwang sich, eine volle Gabel in den Mund zu schieben. „Na, hast du etwa keinen Hunger?", fragte Pomona Sprout und sah sie freundlich an. Elenora konnte sich zu einem Lächeln aufraffen und schüttelte langsam den Kopf. „Nicht wirklich, nein..." Pomona schien zu verstehen und legte ihr tröstend eine Hand auf die Schulter, bevor sie sich zu ihrem Platz begab. Elenora starrte wieder ihren Teller an. Es kam öfter vor, dass sie in Erinnerungen „festhing", und da war sie nicht allein. Vor allem ältere Schüler und Lehrer hatten dasselbe Problem. Die Vergangenheit war einfach noch zu frisch im Gedächtnis, als dass man die Schlacht und alle anderen Grausamkeiten vergessen konnte, die sich in dieser Schule abgespielt hatten. Allerdings kamen die Flashbacks immer seltener, und Elenora war froh darüber. Schließlich ging das Leben weiter, und dank Harry Potter, seiner Freunde und den tapferen Gefallenen des zweiten Zaubererkrieges herrschte wieder Frieden in der Welt. Die Gryffindor seufzte gedankenverloren und beschloss dann, sich mit Korrekturarbeiten ablenken zu gehen. Sie nickte den Kollegen zu und verschwand aus der großen Halle in Richtung ihres Büros. Die Tür schwang auf und Elenora trat in ihre Gemächer. Mit einer Handbewegung zündete sie alle Lichter ihres Büros an und sogleich glühte das Zimmer in einem warmen Rot-Ton. Während sie ihren Umhang auszog, entflammte sie mit einem Fingerschnipp ihren Kamin und ließ den Stapel Aufsätze, den sie bearbeiten musste, auf ihren großen Schreibtisch schweben. Sie ließ sich auf ihrem Stuhl nieder und strich das erste Pergament glatt. „Das rumänische Langhorn – Aufsatz von Sarah Berkins" lautete die Überschrift des Sechstklässler-Aufsatzes vor ihr. Ihre Klasse hatte die Aufgabe gehabt, als Einführung in das Thema „Drachen" einen Aufsatz über eine Drachenart ihrer Wahl zu schreiben. Elenora blendete ihre umherschwirrenden Gedanken aus und konzentrierte sich auf die geschwungene Handschrift ihrer Schülerin. „Das rumänische Langhorn ist eine der vom Aussterben bedrohten Drachenarten. Heutzutage werden in einem Drachenreservat überwachte Zuchtprogramme mit Langhörnern durchgeführt, um den Fortbestand der Art zu sichern." Elenora stutzte. Wieso kam ihr der Name der Drachenart so bekannt vor... natürlich. Damien hatte in einem Brief einmal erwähnt, dass er jetzt in einem Reservat mit der Züchtung dieser Tiere beauftragt worden war. Das war dann wohl dieses besagte Reservat. Die Gryffindor seufzte und rieb sich die Schläfen. Nicht einmal bei der Arbeit hatte sie Ruhe vor ihrer Vergangenheit. Sie blinzelte zweimal kurz, um ihren ehemaligen Schulkameraden aus ihren Gedanken zu verscheuchen, und fokussierte sich wieder auf den Aufsatz. „Der Grund für die Ausrottung sind die langen, goldenen Hörner, von denen die Art ihren Namen hat. Die Hörner sind nämlich eine wertvolle Zaubertrankzutat und bei vielen Tränkemeistern sehr begehrt." Elenora fragte sich, ob Severus auch so etwas in seinen Vorräten aufbewahrte. Bei Gelegenheit würde sie ihn mal darüber ausquetschen. „Zur Erhaltung der Art wurden die Hörner deshalb als nur beschränkt handelbare Güter eingestuft. Neben seinen Hörnern sind die grünen Schuppen ein weiteres arttypisches Merkmal des Langhorns." Elenora musste unwillkürlich an die grünen Augen von Damien denken. Sie waren auf jeden Fall das Anziehendste an ihm gewesen. Elenora ertappte sich dabei, wie sie schon wieder anfing, in Erinnerungen zu schwelgen. Etwas verwirrt und wütend auf sich selbst schüttelte sie den Kopf. Was war denn nur los mit ihr? Damien und sie hatten sich vor langer Zeit getrennt, schon zu Schulzeiten. Sie empfand nichts mehr für ihn. Warum spukte er ihr dann heute so im Kopf herum? Das letzte Mal, dass sie von ihm gehört hatte, war sein Brief gewesen, den sie vor einem Jahr erhalten hatte. Sie hatte allerdings nicht darauf geantwortet, denn sie hatte ihm ein paar Dinge aus der Vergangenheit noch nicht ganz verziehen. Genervt legte sie den Aufsatz zur Seite und öffnete mit einem Schwung ihres Zauberstabes ihre Kommode, wo sogleich die Flasche Feuerwhiskey und ein Glas herausschwebten. Elenora goss sich ein Glas ein, mal wieder, wie sie etwas schuldbewusst bemerkte. Sie musste aufpassen, dass das Gläschen am Feierabend nicht zur Gewohnheit wurde. So saß sie eine Zeit da und starrte in die Flammen, immer noch über ihre Gedanken grübelnd. Als ihr Glas leer war, begab sie sich zu Bett, etwas enttäuscht darüber, dass sie nicht einen Aufsatz korrigiert hatte.

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Da ihr Elenora jetzt schon im Großen und Ganzen kennengelernt habt, verlinke ich euch hier mal ein Design-Sheet von ihr: 

https://www.deviantart.com/vanxssaart/art/Elenora-Isobel-McGonagall-841123000

(Da gibt's sogar schon ein Sneak-Peak auf ihr Yuleball-Kleid :D)


A Hogwarts Love StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt