Die Tage zogen ins Land und aus den Tagen wurden Wochen. Das neue Jahr war angebrochen und somit auch das neue Halbjahr dieses Schuljahres. Langsam schmolz der Schnee und bald war wieder das grüne Gras der Highlands zu sehen. In Hogwarts lief alles seinen gewohnten Gang, und zur Freude einiger Lehrer war jetzt der Freiluft-Unterricht wieder möglich, ohne dass man sich die Gliedmaßen abfror. Elenora beendete gerade eine Doppelstunde auf dem Hogwarts-Gelände, die sie in ihrer fünften Klasse gehalten hatte. „Wenn das Wetter so bleibt, treffen wir uns nächste Stunde wieder im Innenhof. Und bringen Sie dann auch Ihre eigenen Schutzhandschuhe mit, Ms. Davis!", rief sie einer Hufflepuff-Schülerin hinterher, die es immer irgendwie schaffte, ihr eigenes Zeug zu vergessen. Als ihre Schüler von dannen gezogen waren, machte sich Elenora auf den Weg zu Hagrids Hütte. Da der Frühling jetzt angebrochen war und Diablo und Geist groß genug geworden waren, hatten Hagrid und sie beschlossen, die beiden heute in die Freiheit zu entlassen. Der Halbriese stand bereits vor seiner Hütte und beschäftigte die beiden Jungtiere, die übermütig miteinander spielten. Hagrid winkte Elenora zu sich herüber und nickte dann mit dem Kopf in Richtung der Thestrale. „Hallo, Professor. Tja, heut' ist es soweit, was?" „Ja, es wird an der Zeit.", stimmte Elenora ihm zu und stieß einen kurzen Pfiff aus. Sofort drehten sich die beiden Jungpferde zu ihr um und kamen halb rennend, halb fliegend den Hang herabgeschossen. Geist kam schliddernd vor ihrer Retterin zum stehen und Elenora musste sie mit einem Handzeichen zur Ruhe bringen, um nicht umgestoßen zu werden. Beide Thestrale überragten Elenora mittlerweile und waren sich ihrer Kraft immer noch nicht ganz bewusst. Lächelnd steckte die Gryffindor ihren beiden Schützlingen einen Leckerbissen zu und streichelte ihnen über die Nüstern, dann nickte sie Hagrid zu, der sich sogleich in Bewegung setzte. Mit einem Schnalzen forderte Elenora Geist und Diablo auf, ihr zu folgen und schritt dann hinter dem Wildhüter in Richtung des verbotenen Waldes. Aufmerksam lauschte Elenora zwischen den Bäumen nach dem typischen, hohen Wiehern der anderen Thestrale und Hagrid wies Fang an, den Boden nach Spuren abzusuchen. Zum Glück waren die Thestrale in diesem Wald friedlich; so friedlich, dass sie sogar zum Kutschenziehen für die Hogwarts-Karawane trainiert werden konnten. Auch wenn die meisten Schüler, die die dunklen Wesen nicht sehen konnten, zunächst der Meinung waren, dass die Kutschen von selber fuhren, waren es in Wirklichkeit jedoch die ortsansässigen Thestrale. Fang hob plötzlich den Kopf und stellte die Ohren auf, bellte dann kurz in Richtung einer dichteren Baumgruppe und rannte darauf los. „Nicht so schnell, du elender Hund!", rief Hagrid seinem Saurüden noch hinterher, aber der war schon zwischen den Bäumen verschwunden. Elenora beeilte sich, um mit dem Halbriesen Schritt zu halten, was in dem dichten Geäst aber gar nicht so einfach war. Plötzlich endete die Baumgruppe abrupt und die Gryffindor fand sich auf einer hellen Lichtung wieder, auf der rund ein Dutzend Thestrale standen und die Besucher neugierig anstarrten. „Am besten wir halten uns fern von ihnen und lassen Geist und Diablo vor", murmelte Hagrid und hielt Fang am Halsband fest. Beton ruhig drehte sich Elenora zu ihren Schützlingen um, die beide starr wie Statuen am Rande der Baumgruppe zum Stehen gekommen waren. An der schnellen Bewegung ihrer Bäuche und den aufgestellten Ohren konnte die Professorin erkennen, dass Geist und Diablo ängstlich und zugleich auch neugierig waren, und so redete sie beruhigend auf sie ein, bis Geist einen zögernden Schritt auf die Herde zumachte. Die anderen Thestrale hatten ihre gesamte Aufmerksamkeit jetzt auf die Neuankömmlinge gerichtet und beobachteten jede ihrer Bewegungen. Geist wurde immer mutiger, desto näher sie der Gruppe kam und streckte jetzt neugierig ihren Kopf in Richtung der Leitstute. Das große Thestral-Weibchen schnaubte leise und schnupperte an Geist, dann stieß sie ein langgezogenes Wiehern aus und die anderen Thestrale kamen auch nacheinander auf das Jungpferd zugeschritten. Diablo hatte das ganze Spektakel immer noch mit aufgerissenen Augen beobachtet, aber als er sah, dass seine Schwester freundlich begrüßt wurde, traute er sich auch, ein paar Schritte auf die Herde zuzumachen. Ein paar Augenblicke lang beobachtete Elenora das Begrüßungsritual noch mit angehaltenem Atem, dann stieß sie erleichtert die Luft aus. Sie hatten es geschafft; Geist und Diablo hatten eine neue Familie gefunden. Hagrid wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel und seufzte: „Hier sind sie bestimmt gut aufgehoben. Hach, sie werden so schnell groß, die Kleinen..." Die Leitstute schlug plötzlich mit den Flügeln, nahm Anlauf und erhob sich in die Lüfte. Der Rest der Herde tat es ihr gleich, nur Geist und Diablo zögerten noch und starrten die beiden Menschen an. Elenora wedelte mit der Hand und rief: „Jetzt geht schon!" Diablo wieherte und stieß sich vom Boden ab, Geist blickte noch ein letztes Mal zurück und verschwand dann auch über den Baumwipfeln. Hagrid und Elenora standen noch eine Weile da, bis die Herde als kleine schwarze Punkte am Himmel verschwunden waren. Dann machten sie sich auf den Rückweg zu Hagrids Hütte und saßen noch bei einer Tasse Tee zusammen. „Jetzt wird es hier wieder viel ruhiger werden, was Fang?", meinte Hagrid und tätschelte seiner Dogge den Kopf. Elenora lächelte und gab hinzu: „Hagrid, ich möchte mich nochmal bei dir bedanken, dass du dich so gut um die beiden gekümmert hast." „Ach, das war doch selbstverständlich, Professor. Waren auch 'ne tolle Gesellschaft, die beiden.", erwiderte der Wildhüter und stellte seine Tasse ab. „Ich frage mich, ob wir sie jemals wiedersehen", überlegte Elenora laut und starrte gedankenverloren aus dem Fenster. Hagrid strich sich über seinen Bart und murmelte: „Irgendwann bestimmt. Die wohnen ja gleich um die Ecke, nich'?" Als Elenora auch ihren Tee ausgetrunken hatte, sammelte Hagrid das Geschirr ein und räusperte sich. „Na dann, ich werd' das mal eben abwaschen und mich dann um den Garten kümmern. Schönen Abend noch, Professor!" Elenora erwiderte den Gruß, dann verließ sie die kleine Steinhütte und lief zurück zum Schloss. Die Sonne neigte sich dem Horizont zu und ihr fiel mit Schrecken auf, dass sie noch einige Vorbereitungen für den morgigen Tag zu erledigen hatte. Des Weiteren würde sie die wöchentliche Lehrerkonferenz verpassen, wenn sie sich jetzt nicht beeilte. Schnellen Schrittes betrat die Gryffindor das Gebäude und lief zum Lehrerzimmer, aus dem schon zahlreiche Stimmen drangen. Unauffällig trat Elenora ein und zwängte sich bis zu ihrem Platz durch. Zu ihrer Überraschung war noch keiner der beiden Schulleiter anwesend, und so lehnte sie sich zu Rolanda herüber, die in einer Zeitschrift blätterte. „Wo bleiben die beiden denn?", fragte sie, aber die Frage erübrigte sich, als die Tür aufschwang und Minerva dicht gefolgt von Severus eintrat. Alle Lehrer nahmen jetzt ihre Plätze ein und Minerva blieb als Einzige im Raum vorne stehen, dann begann sie: „Guten Abend zusammen. Ich möchte es heute Abend kurz und bündig halten, denn ich habe noch viel zu tun. Nun, als Erstes möchte ich Aurora bitten, sich mit Filius wegen den Chorproben abzusprechen, anscheinend gab es da einen kleinen Fehler im Stundenplan, aber das überlasse ich Ihnen beiden, Filius. Nun zu der wichtigsten Ankündigung des Tages: Wie einigen von Ihnen schon aufgefallen sein dürfte, ist Professor Rodin letzte Woche verreist. Bedauerlicherweise hat sich herausgestellt, dass er krankheitsbedingt nicht länger im Stande ist, zu Unterrichten. Deshalb, und auch, weil es die Planung für dieses Halbjahr noch zulässt, verabschieden wir ihn schon früher in die Rente und Elenora wird schon ab nächster Woche das Fach zu Verteidigung gegen die dunklen Künste wechseln. Für alles Organisatorische" Minerva nickte ihrer Nichte zu, „meldest du dich bitte bei mir im Büro. An Elenoras Stelle wird ein neuer Lehrer treten, der nächste Woche zu uns stoßen wird. Er ist schon über alles aufgeklärt und wird fortan sowohl Pflege magischer Geschöpfe unterrichten, als auch Madame Pomfrey im Krankenflügel unter die Arme greifen." Gemurmel wurde im Raum laut, was die Direktorin mit einer Handbewegung wieder verstummen ließ. „Mehr dazu nächste Woche. Als Letztes möchte ich alle Hauslehrer bitten, ihre Schüler auf die Gefahren der langsam erwachenden Peitschende Weide hinzuweisen. Ihre Winterträge ist fast vorüber und bald wird sie wieder die volle Schlagkraft besitzen, wenn Sie wissen was ich meine." Leises Lachen ging durch den Raum und Minerva klatschte in die Hände und beendete die Konferenz mit einem „Das war's für heute." Erneut brach geschäftiges Treiben im Lehrerzimmer aus und Elenora hatte Mühe, zu ihrer Tante durchzukommen. Bevor sie etwas sagen konnte, hob Minerva schon entschuldigend die Hände. „Ich weiß, ich weiß, das kommt jetzt alles sehr überraschend, aber sei gewiss, dass ich davon auch nichts wusste. Rodins Eule ist heute Morgen eingetrudelt." Elenora schloss ihren Mund wieder und wurde dann von ihrer Tante zum Flur hinausgeschoben. „Komm, vor uns liegt eine Menge Arbeit." Elenora rieb sich die Schläfen, während sie ihrer Tante zum Schulleiterbüro folgte. Das hatte ihr jetzt noch gefehlt; dieser plötzliche Fachwechsel würde ihre Planungen nun völlig aus der Bahn werfen und sie würde sich binnen einer Woche auf den neuesten Stand ihrer neuen Klassen bringen müssen. Das kann ja heiter werden, dachte die junge Frau und seufzte resigniert, dann stieg sie hinter Minerva die Stufen zum Büro hoch.
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A Hogwarts Love Story
Fanfiction(ABGESCHLOSSEN) Nach dem Sieg über Voldemort wird Hogwarts wiederaufgebaut und eine neue Ära beginnt, doch was wird sie bringen? Dies ist eine Geschichte aus der Sicht der jungen Lehrerin Elenora, eine Geschichte über familiäre, freundschaftliche un...