24. Abwarten und Tee trinken

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24. Abwarten und Tee trinken

In den nächsten Tagen fiel der Schnee immer dichter und bald war Hogwarts von einer meterdicken Schneeschicht umgeben. Elenora mochte Schnee zwar, doch es stimmte sie ein wenig traurig, dass sie auf ihre regelmäßigen Spaziergänge mit Minerva verzichten musste. Der Schnee war einfach zu dick und vor allem Minerva empfand das Durchqueren der Schneelandschaft zunehmend als mühsam, schließlich war sie auch nicht mehr die Jüngste. So mussten sich die beiden Frauen damit begnügen, die gemeinsame Zeit in ihren Gemächern oder im Lehrerzimmer zu verbringen, was natürlich auch einige Vorteile brachte: Die beiden konnten sämtliche Teesorten des Lehrerzimmervorrats ausprobieren und hatten gelegentlich auch „Gäste", wie zum Beispiel Poppy Pomfrey oder Rolanda Hooch. Eben an diesem Samstagmorgen öffnete Elenora die Tür zum Lehrerzimmer und wischte sich etwas Schnee von ihrem Mantel. „Guten Morgen, Liebes! Wo kommst du denn so früh her?", begrüßte Minerva ihre Nichte, während Elenora ihren Mantel ablegte und sich zu ihr und Rolanda an den Tisch setzte. „Oh, ich habe Damien zum Zug gebracht. Er muss heute Abend zu einer Ministeriumsversammlung." „Diese armen Schweine vom Ministerium müssen sogar am Wochenende arbeiten, mein Beileid", kommentierte Madame Hooch und goss ihrer jungen Kollegin eine Tasse wohlriechenden Pfefferminztee ein. Dankbar nahm die Gryffindor-Hauslehrerin die Tasse in die Hände und wärmte ihre kalten Finger an dem warmen Porzellan. „Ich gehe jetzt mal davon aus, dass Damien deine Begleitung für den Ball sein wird?", fragte Minerva und Elenora nickte. Zufrieden zog ihre Tante einen Stapel Blätter zu sich. „Wunderbar, dann kann ich ihn ja schonmal auf der Gästeliste eintragen." Rolanda verdrehte die Augen. „Bei aller Liebe, Minerva, aber kannst du nicht einmal die Arbeit bei Seite lassen und in Ruhe mit deiner Freundin und deiner Nichte einen Tee trinken?" Elenora musste lachen und Minerva seufzte nur theatralisch, dann schob sie den Stapel wieder auf die Seite und legte die Hände um ihre Teetasse. „Bitte. Aber dann beschwert euch nicht, wenn nicht alles rechtzeitig fertig ist!" „Mina, es sind noch über eine Woche bis zum Weihnachtsball, wir kriegen das schon hin", beruhigte Elenora ihre Tante und nahm einen Schluck aus ihrer Tasse. Rolanda lehnte sich zu ihr herüber und fragte mit einem verschwörerischen Zwinkern: „So, jetzt erzähl doch mal: Wie läuft's zwischen dir und Durant? Ich habe gehört, er ist einer von der taffen Sorte." Grinsend erwiderte Elenora: „Es könnte nicht besser sein! Auch wenn sein Ministeriumsjob ihn ganz schön einnimmt, verschafft er sich doch immer Zeit für mich." Rolanda nickte überzeugt und sagte: „So soll's sein." Elenora lächelte und dachte an den vergangenen Abend. Sie war mit Damien wie immer auf der roten Couch gelegen und sie hatten sich Geschichten erzählt, bis Elenora irgendwann eingeschlafen war. Als sie an diesem Morgen aufwachte, lag sie neben Damien in ihrem Bett und er hatte ihr liebevoll über das Haar gestreichelt. Ja, es konnte in der Tat nicht besser laufen. „Elenora?" Minerva riss sie aus ihren Gedanken und sah sie fragend an. „Hm?" „Ich habe gesagt, dass du dich noch mit Professor Rodin über den Stoff seiner diesjährigen Klassen unterhalten musst, um nächstes Jahr lückenlos aufzuschließen." Ihre Nicht nickte bejahend. Tristan Rodin, der amtierende Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste, hatte sich nach dem Kriegsende bereit erklärt, trotz seines beachtlichen Alters für ein paar Jahre zu unterrichten, bis die Schule wiederaufgebaut war und Minerva einen Ersatz für den Carrow-Zwilling gefunden hatte, der zu Snapes Zeiten als Direktor das Fach übernommen hatte. Mit Schaudern erinnerte sich Elenora zurück an die Zeit, als sie Schüler aller Altersklassen heimlich in ihrem Büro verarztet hatte, nachdem sie von den Carrows im Unterricht gefoltert wurden. Minerva hatte dasselbe getan und Neville Longbottoms Rebellengruppe immer zu heimlichen Treffen verholfen. Elenora erinnerte sich, dass sie noch nie größeren Respekt und Achtung vor ihrer Tante gehabt hatte wie während Voldemorts letzten Monaten seiner Schreckensherrschaft. Ihre Tante war eben nicht nur eine mächtige Hexe, sondern auch eine echte Gryffindor. Elenora wünschte sich sehr, dass sie auch mal so werden konnte wie sie. Zwar hatte sich die junge Frau während dem schrecklichen Schuljahr auch für die Rebellion eingesetzt, aber sie war öfters vor Angst und Sorge am Ende ihrer Kräfte gewesen. Zum Glück ist das vorbei, dachte sie bei sich und rührte in ihrem fast erkalteten Tee um. Da öffnete sich die Tür zum Zimmer und Poppy kam herein. „Tut mir leid, mir ist ein Kotzpastillen-Unfall dazwischengekommen", erklärte die Heilerin und ließ sich neben Elenora nieder. „Die Weasleys sind jetzt schon seit Langem aus Hogwarts raus und doch kursieren im Haus immer noch ihre grauenhaften Produkte", beschwerte sich Minerva und schüttelte resigniert den Kopf. Elenora grinste und meinte: „Und das werden sie vermutlich auch noch eine ganze Weile, da die beiden einen Laden voll mit solchen grauenhaften Produkten eröffnet haben." Rolanda und Poppy lachten, Minerva hingegen rollte nur mit den Augen und widmete sich wieder ihrem Tee. Auch wenn Rolanda es eigentlich verhindern wollte, wurde der Weihnachtsball doch relativ schnell wieder das zentrale Gesprächsthema und so drehte sich Poppy zu ihrer besten Freundin. „Was ist eigentlich mit dir, Minerva? Wird Severus deine Begleitung auf dem Ball sein?" Minerva lachte und antwortete: „Oh nein, es sei denn, jemand schafft es wirklich einmal, diesen Griesgram zum Tanzen zu bringen. Nein, wir werden vermutlich beide ohne Begleitung hingehen...aber du hast natürlich freie Bahn, dein Glück zu versuchen, Poppy!" „Sehr witzig, Minnie." „Nenn' mich nicht so!" Rolanda und Elenora beobachteten belustig die gegenseitigen Sticheleien der beiden Freundinnen und versuchten, nicht lauthals loszulachen, als Poppy Minervas gehassten Spitznamen in den Mund nahm. Elenora lächelte entspannt, während sie die kleine Runde betrachtete. Zwar waren diese Hexen schon um einiges älter als sie, aber sie wurde hier immer als gleichwertig betrachtet und konnte sich mit ihnen über fast alles unterhalten. Die junge Frau sah zur Uhr und erhob sich. „Ich muss los, es ist Zeit für den Hogsmeade-Ausflug", seufzte sie und zog ihren Mantel wieder über. Ohne Damien würde der heutige Tag nur halb so viel Spaß machen. Minerva, Poppy und Rolanda verabschiedeten sich von ihr, als die junge Frau das Lehrerzimmer verließ und den Gang entlang zum Vorhof schritt. Unterwegs gabelte sie Aria Eastwood auf, die sie wie immer begleiten würde. „Heute können wir ja endlich mal etwas zusammen unternehmen, da dein Freund wieder in London ist, stimmts?", neckte Aria sie und Elenora verdrehte nur die Augen. Zusammen betraten die beiden Frauen den Hof und zählten die Schüler durch, dann traten sie den Fußmarsch nach Hogsmeade an. Der Wind war heute beißend kalt und so zog Elenora ihren Schal bis über ihre Nasenspitze. „Was hältst du nachher von einem Butterbier im 'Drei Besen'?", nuschelte sie durch den Stoff hindurch und erntete einen verschwörerischen Blick von ihrer Kollegin. „Ich hätte heute eher Lust auf etwas... Härteres", sagte sie und grinste. „Oh, dann wohl doch eher die Bar neben dem 'Honigtopf'?", erwiderte Elenora und lachte. Sie hatte nichts gegen etwas Whiskey oder Rum, denn diese Woche hatte es in sich gehabt und sie beide verdienten eine Auszeit, zumal die Bar sowieso für minderjährige Schüler geschlossen war. Die junge Frau konnte es kaum erwarten, aus diesem Schneetreiben herauszukommen, denn so langsam wurde ihr richtig kalt. Zum Glück war es nicht mehr weit bis Hogsmeade und so stapfte sie hinter den Schülern durch den frischen Schnee. 

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