Ein leichter Wind zog durch die Säulengänge von Hogwarts und an diesem Abend erklang festliche Tanzmusik durch das ganze Schloss. Der Weihnachtsball sollte in wenigen Minuten beginnen und die meisten Schlossbewohner hatten sich bereits in der Großen Halle eingefunden. Elenora jedoch stand immer noch in ihrem Zimmer und besah sich im Spiegel. Unruhig strich sie ihr Kleid glatt, richtete ein letztes Mal ihre Haare und öffnete dann die Tür zu ihrem Zimmer. Eigentlich sollte ihre Laune heute am Boden sein, aber ein glücklicher Vorfall gestern Abend hatte ihre Stimmung erhellt und machte sie sogar ein wenig nervös. Die junge Frau atmete einmal tief durch, dann schritt sie langsam die Treppen zur Eingangshalle hinunter, wo ein paar ihrer Kollegen versammelt standen. Als Elenora die Gruppe erblickte, machte sich Aufregung in ihrer Brust breit und sie hob den Kopf, um ihre Nervosität zu verbergen. Du benimmst dich wie eine pubertierende Fünfzehnjährige, schalt sie sich selbst und trat die letzte Treppenstufe herunter. Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, wie sie von ein paar Schülern angestarrt wurde und auch einige ihrer Kollegen sahen erstaunt zu ihr herüber. Jetzt drehte sich auch Minerva zu ihr herum und schlug die Hände vor den Mund. „Oh, Elenora... du siehst bezaubernd aus!", hauchte sie und lächelte begeistert. Elenora spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg und so erwiderte sie schnell: „Du aber auch, Mina." Ihre Tante hatte sich für elegantes, dunkelgrünes Kleid entschieden, das zum Hals hin hoch aufschloss und ihre Haare waren zu einer kunstvollen Hochsteckfrisur frisiert. Die Schulleiterin lächelte und wurde dann von jemandem hinter Elenora abgelenkt. „Oh, Severus! Gerade rechtzeitig!" Elenora drehte sich zu dem Slytherin um und lächelte ihn schüchtern an. Severus war abrupt stehengeblieben und starrte sie einen Herzschlag lang stumm an, bis er sich räusperte und zu ihnen trat. Minerva klopfte ihrem Kollegen auf die Schulter und meinte: „Schlicht und elegant wie immer, Severus. Bist du bereit für den Einlauf?" Severus hatte seine Augen nicht von Elenora abgewandt, doch jetzt drehte er den Kopf und sah Minerva entschuldigend an. „Ja, das bin ich, aber ich werde heute nicht mit dir einlaufen..." Verwundert sah Minerva den zweiten Schulleiter an. „So? Mit wem dann?" Severus sah kurz hinüber zu Elenora, die ihr glückliches Lächeln nicht verbergen konnte und erklärte dann mit ruhiger Stimme: „Ich begleite deine Nichte heute auf den Ball." Minervas Gesichtsausdruck wechselte von Verwunderung zu Überraschung und dann zu Freude. „Oh, na wenn das so ist..." Sie zwinkerte Elenora zu und klatschte dann in die Hände. „Nun denn, liebe Kollegen, es geht los!" Severus stellte sich neben seine Begleitung und bot ihr seinen Arm, bei dem sich Elenora glücklich unterhakte. Filius Flitwick wies sein Orchester an, die Hogwarts-Hymne zu spielen, und sobald die ersten Töne erklangen, schritt Minerva voran in die Große Halle. Snape räusperte sich und warf seiner jungen Kollegin einen Seitenblick zu. „Wollen wir?" „Sehr gerne." So folgte das ungewöhnliche Paar der Direktion in die Halle, wo sogleich wildes Getuschel unter den anwesenden Schülern ausbrach. Ungläubige und überraschte Blicke waren auf die beiden Hauslehrer geworfen, doch Elenora fühlte sich deswegen keineswegs unwohl. Im Gegenteil, ihr Herz machte einen freudigen Hüpfer als sie wieder einmal realisierte, dass sie endlich mit einer Begleitung zum Ball erscheinen konnte. Severus hatte gestern Abend ganz unerwartet an ihre Tür geklopft und ihr aus dem Nichts angeboten, sie heute zum Ball zu begleiten. Elenora war zunächst einfach nur baff dagestanden und hatte ihren Kollegen stumm angestarrt, denn sie hatte nicht glauben können, dass ausgerechnet der griesgrämige, Feste-hassende Severus Snape wirklich zu dem Ball erscheinen würde. Natürlich hatte sie diesem Angebot mit Freuden zugestimmt, nachdem sie ihre Fassung wiedererlangt hatte. Diese Geste des Slytherin hatte ihr gezeigt, dass er es wirklich ernst mit der Vater-Tochter-Geschichte meinte. So folgten Elenora und Severus Minerva jetzt zum Podest, wo normalerweise der Lehrertisch stand und setzten sich an die jetzt dort platzierten, festlich dekorierten Rundtische. Die Direktorin bat mit einer Handgeste um Ruhe, dann fing sie an zu reden: „Herzlich willkommen auf dem Weihnachtsball, liebe Schulgemeinschaft. Ich freue mich über Ihre zahlreiche Erscheinung. Dieses Fest ist, wie Sie alle sicherlich wissen, vor allem eins: Ein Tanz! Also, bloß keine Scheu auf der Tanzfläche! Professor Flitwick, darf ich bitten?" Der kleine Ravenclaw-Hauslehrer neigte den Kopf und hob seinen Stab als Zeichen für das Orchester. Sofort erklang der erste Walzer und ein paar der älteren Schüler betraten die Tanzfläche. Ihnen folgten immer mehr der Anderen und bald tanzte gut die Hälfte der Halle zu der winterlichen Melodie. Minerva setzte sich zu ihrer Nichte und ihrem zweiten Schulleiter und zusammen beobachteten die drei das rege Treiben. Elenora seufzte träumerisch und sagte zu ihrer Tante gewandt: „Die Dekorationen sind wirklich wunderschön, Minerva!" „Ja, die Hauselfen haben sich wirklich übertroffen.", stimmte sie zu und überblickte stolz die Schülermenge. „Wenigstens ist hier nicht so viel Rot zu sehen", gab Severus hinzu und Elenora musste lachen. So verfielen die drei in ein munteres Gespräch und die Gryffindor genoss die festliche Atmosphäre. Nach dem dritten Musikstück kamen plötzlich Rolanda Hooch und Poppy Pomfrey zu ihnen gelaufen und ließen sich auf den freien Plätzen nieder. „Keine Stunde in diesen Schuhen und sie bringen mich schon um", stöhnte Rolanda und drückte auf die Seiten ihrer High Heels. Poppy sah ihre Freundin schelmisch an. „Ich habe dir gesagt, dass sie auf die Dauer unangenehm werden." „Aber sie passen so gut zu meinem Outfit!" Minerva lachte und fügte hinzu: „Was tut man nicht alles für das richtige Aussehen." Severus verdrehte bei diesem Gespräch nur die Augen und brachte Elenora damit zum Grinsen. Poppy sah ihren Kollegen forschend an. „Hast du nicht vor, deine Begleitung einmal zum Tanzen aufzufordern? Oder willst du, dass sie sich hier am Tisch zu Tode langweilt?" Rolanda kicherte und bekam von Severus einen tödlichen Blick zugeworfen. Bevor er etwas erwidern konnte, schaltete Elenora sich ein: „Oh, das ist schon in Ordnung, Severus tanzt nicht gerne." Der Slytherin warf ihr einen undefinierbaren Blick zu und lehnte sich dann wieder zurück. Poppy schüttelte nur den Kopf. „Ich werde nie verstehen, warum jemand nicht tanzen möchte. Das ist das beste Gefühl auf der Welt!", schwärmte sie und starrte träumerisch auf ein Hufflepuff-Pärchen, dass sich zum Takt hin und her wiegte. „Wenn du sie ganz nett fragst, führt dich Minerva hier ja vielleicht später zum Tanzen aus, Poppy", schlug Rolanda mit toternstem Gesicht vor und brach dann in gackerndes Gelächter aus, als Minerva sie mit einem entrüsteten „Rolanda!" schalt. Elenora sah den dreien lächelnd zu, wie sie in liebevolle Sticheleinen ausbrachen. Dieses Trio existierte schon so lange, wie Elenora denken konnte und hatte sich zu einer festen Freundschaft entwickelt, die nichts auseinanderbringen konnte. Als sie so dasaß, ertönte plötzlich der Auftakt zu einem neuen Walzer, den Elenora sehr gerne mochte. Sie schloss die Augen, um die Musik ganz in sich aufzunehmen, als sie auf einmal eine leichte Berührung an ihrer Schulter spürte. Sie drehte den Kopf und erblickte Severus, der versuchte, sein Unwohlsein zu verbergen. „Darf...ich dich zum Tanz bitten?", kam es dann stockend von ihm und Elenora musste ein wenig lächeln. „Severus, du musst das wirklich nicht machen, ich-" Sie stockte, als der Slytherin ihr die Hand hinhielt und sie auffordernd ansah. Elenora blinzelte ein paar Mal schnell; er schien es wirklich ernst zu meinen. Mit einem schüchternen Blick zu ihrem Tanzpartner erhob sie sich schließlich und ließ sich auf die Tanzfläche führen. Als die Schüler sahen, wer da zu ihnen stieß, machten sie große Augen und ein paar traten sogar einige Schritte zurück. Elenora ignorierte das Getuschel gekonnt und legte Severus eine Hand auf den Arm, er ergriff sanft ihre Hüfte und machte den ersten Schritt nach hinten. Elenoras Atem stockte für eine Sekunde, als sie jedoch den Takt gefunden hatte überließ sie ihrem Gegenüber gänzlich die Führung. „Du bewegst dich erstaunlich leichtfüßig für jemanden, der nicht gerne tanzt", zog die Gryffindor ihren Kollegen auf. Der hob nur eine Augenbraue und erwiderte: „Wer sagt denn, dass ich nicht trotzdem gut tanzen kann?" Elenora musste lachen und lächelte Severus jetzt glücklich an. „Nochmal vielen Dank, dass du das für mich machst", sagte sie leise und strich sich verlegen eine Haarsträhne hinters Ohr. „Keine Ursache.", antwortete Snape kurz und sah sie dann einen Augenblick lang nachdenklich an. „Du siehst übrigens sehr schön aus... das habe ich vergessen dir in der Eingangshalle zu sagen.", brummte er dann. „Danke, Severus..." Elenora war sich sicher, dass ihr Kopf mittlerweile einer Tomate glich, denn sie wurde bei Komplimenten immer schnell rot. Der Walzer ging seinem Ende zu und Severus drehte sie ein letztes Mal, bevor sie zeitgleich mit der letzten Note zum Stehen kamen. Lauter Applaus und Pfiffe wurden laut, und als Elenora sich umdrehte, hatten die Schüler einen Halbkreis um die beiden Professoren gebildet. Ein paar der älteren Gryffindors johlten begeistert und sogar das Lehrerkollegium schien von den beiden angetan zu sein. Elenora senkte peinlich berührt den Blick und zog ihren Kollegen schnell von der Tanzfläche zurück zu ihrem Tisch, wo Minerva, Rolanda und Poppy ganz begeistert zu klatschen anfingen. „Ihr wart großartig!", rief die Heilerin und Severus murmelte irgendwas, das sich verdächtig wie „Hör auf damit, Poppy" anhörte. Auch Elenora wollte die ganze Aufmerksamkeit so schnell wie möglich loswerden und war deshalb mehr als froh, als der nächste Walzer erklang und die Schüler sich wieder dem Tanzen widmeten. „Snape, ich wusste gar nicht, dass Sie so gut tanzen können! Das war doch jetzt hervorragendes Training für den Vater-Tochter-Tanz später einmal", witzelte Rolanda und sowohl Severus als auch Elenora starrten sie kurz perplex an, bevor die junge Gryffindor ihr Gesicht in den Händen verbarg und Severus die Quidditch-Schiedsrichterin anzischte, endlich Ruhe zu geben. Minerva hielt sich eine Hand vor den Mund, um ihr Lachen zu verbergen, was aber kläglich scheiterte, als sie das Gesicht ihrer Nichte sah. „Nun gut, wir hören schon auf. Lasst die beiden in Frieden!", ermahnte sie ihre Freundinnen jetzt, um den beiden Hauslehrern weitere Peinlichkeiten zu ersparen. Elenora fühlte eine plötzliche Hitzewelle in sich aufsteigen und sie griff nach ihrem Glas. „Ich brauche kurz frische Luft", erklärte sie entschuldigend und stöckelte dann schnellen Schrittes zur Eingangshalle.
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A Hogwarts Love Story
Fanfiction(ABGESCHLOSSEN) Nach dem Sieg über Voldemort wird Hogwarts wiederaufgebaut und eine neue Ära beginnt, doch was wird sie bringen? Dies ist eine Geschichte aus der Sicht der jungen Lehrerin Elenora, eine Geschichte über familiäre, freundschaftliche un...