12. Das Hogwarts-Fest

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12. Das Hogwarts-Fest

Am Tag des Festes war Elenora früh aufgewacht, um ihrer Tante mit den letzten Vorbereitungen zu helfen. Obwohl es Samstag war, waren auch viele der älteren Schüler schon wach, um sich ebenfalls nützlich zu machen. Es herrschte bereits ein geschäftiges Treiben in der großen Halle, als Elenora sie betrat. Die langen Tische der Häuser waren durch unzählige kleinere Standtische ersetzt und mit Sektgläsern bestückt worden, die nur noch gefüllt werden mussten. Elenora klatschte in die Hände und eine kleine Hauselfin erschien. „Miss McGonagall hat gerufen, Miss?" „Polly, würdest du mich bitte kurz auf den neuesten Stand bringen?" Die Hauselfin nickte und antwortete: „Das macht Polly gerne. Es ist fast alles bereit, Miss. Es fehlen nur noch die Dekorationen im Vorhof", beendete sie ihren Bericht und sah erwartungsvoll zu der jungen Professorin hoch. „Danke, Polly. Sag', hast du Minerva irgendwo gesehen? Es ist unmöglich, sie in diesem Treiben ausfindig zu machen." Polly legte den Kopf schief. „Polly ist sich nicht sicher, aber Polly glaubt, sie hat Mrs. McGonagall zuletzt in der Eingangshalle gesehen." Lächelnd dankte Elenora der Hauselfin, die sich verbeugte und mit einem Puff verschwand. Elenora begab sich auf den Weg zur Eingangshalle, aber von ihrer Tante war weit und breit nichts zu sehen. Seufzend passierte Elenora die Halle und betrat den Schlosshof, der mit ähnlich vielen Standtischen besetzt war wie die Große Halle. Ein paar Siebtklässler stellten gerade die Letzten auf und wurden von Professor Flitwick dann gleich weiter zur nächsten Aufgabe dirigiert. Elenora hatte also den gesamten Vorhof für sich und konnte ihn in Ruhe dekorieren. „Hm." Sie legte den Kopf schief und betrachtete die weiß gedeckten Tische. Vielleicht sollte ich es mit etwas herbstlichen Farben probieren, dunkelgrün oder braun zum Beispiel, dachte sie bei sich und strich sich nachdenklich über das Kinn. Da fiel ihr Blick auf ein paar gelbe Blätter, die vor ihr auf dem Boden landeten. Gelb. Das ist es. Elenora zückte ihren Zauberstab und zeigte auf einen der Tische. Sofort erschien in der leeren Vase ein Strauß aus Sonnenblumen und Goldglöckchen. Zufrieden mit der Farbwahl begann Elenora, den Zauber bei jedem der anderen Tische zu wiederholen. Während sie arbeitete, genoss sie die ungestörte Ruhe, die ihr Zeit gab, über das bevorstehende Fest nachzudenken. Minerva hatte beschlossen, dass es keine Gästeliste geben sollte und jeder willkommen war, der kommen wollte. Elenora fragte sich, ob wohl auch einige ihrer alten Schulkameraden auftauchen würden, schließlich hatte sie von den meisten seit ihrem Abschluss nichts mehr gehört. Von Minerva hatte sie erfahren, dass auch viele Ministeriumsleute ihr Erscheinen angekündigt hatten, wie zum Beispiel der Minister selbst. Natürlich, denn das war eine einmalige Gelegenheit in den Angelegenheiten der Schule herumzuschnüffeln, was eine Chance war, die sich viele Ministeriumsmitarbeiter nicht entgehen lassen wollten. Schließlich hatte das Ministerium in Dumbledores Zeiten fast keinen Zugang zur Schule erhalten, weil der ehemalige Schulleiter mit den Politikern nie gut ausgekommen war. Zwar war Minerva auch kein Freund der Politik, aber sie konnte ja schlecht ein Zugangsverbot für das Ministerium aufstellen. Elenora hatte gerade den letzten Tisch dekoriert, als sie einen freudigen Ausruf hinter sich vernahm: „Oh, wie wunderschön!" Die Gryffindor drehte sich zu Pomona Sprout um, die freudestrahlend ihre Arbeit begutachtete. „Das hast du wunderbar gemacht, Elenora! Und dabei sagst du immer, du hättest keinen grünen Daumen", lobte die Kräuterkunde-Lehrerin sie. Elenora lief etwas rot an und grinste verlegen. „Danke, Pomona. Gibt es noch irgendetwas anderes zu tun?" Pomona schüttelte den Kopf. „Nein, alles fertig. Du kannst dich jetzt ausruhen gehen, bevor das Fest anfängt", meinte sie augenzwinkernd und verschwand wieder im Inneren. Elenora besah noch einmal ihr Werk, dann folgte sie Pomona wieder ins Schlossinnere. In der Eingangshalle traf sie jetzt doch tatsächlich auf Minerva, die bereits ihn einer festlichen Robe steckte und ein paar Lampions zur Decke schweben ließ. „Tante Mina! Endlich habe ich dich gefunden", rief Elenora freudig und machte sich daran, ihrer Tante zur Hand zu gehen. „Polly hat mir schon erzählt, dass du mich suchst. Gibt es irgendetwas bestimmtes?" „Nein, eigentlich wollte ich dir nur aushelfen. Du warst die letzten Tage immer so gestresst." Ohne ihre Konzentration von den Lampions zu lassen, antwortete die Schulleiterin: „Ich will doch, dass alles perfekt ist. Schließlich ist es jetzt mein Ruf, der hier in Gefahr schwebt..." „Das wird schon, Mina. Hogwarts sah seit meiner Einschulung nicht mehr so gut aus! Und du bist eine ganz wunderbare Schulleiterin! Nicht mal das Ministerium wird etwas zum Bemängeln finden", versicherte die junge Frau ihrer Tante und ließ den letzten Lampion zur Decke schweben. Zufrieden stemmte sie die Hände in die Seiten und sah zu Minerva, die murmelte: „Na hoffentlich." Aufmunternd legte Elenora ihrer Tante eine Hand auf die Schulter, dann erklärte sie: „Ich gehe mich jetzt mal besser umziehen. Bis nachher!" Sie eilte schnellen Schrittes in den Korridor ihrer Gemächer und betrat diese stürmisch. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit, sich für eine Festtagsrobe zu entscheiden, also machte sie sich daran, ihre Kommode nach etwas Passendem zu durchwühlen. Während sie sich fertig machte, dachte sie an die Worte ihrer Tante. Da sie selbst auch zum Hause McGonagall gehörte, musste sie heute selber achtgeben, ihren Ruf zu bewahren und die alt-schottische Familie gut zu repräsentieren. Dieser Gedanke steigerte ihre Nervosität noch mehr und sie trat zu ihrem Wandspiegel. Elenora besah sich darin und begutachtete ihr festliches Outfit. Sie hatte sich für ein langes, blaues Kleid mit weiten Ärmeln und eine Hochsteckfrisur entschieden, jedoch gefiel der jungen Professorin ihr Aussehen nicht ganz. Nachdem sie sich selbst noch ein paar weitere Sekunden angestarrt hatte, zog sie kurzerhand die Klammern und Nadeln, welche ihre Haare zusammenhielten, aus ihrer Frisur. Die langen, dunklen Haare fielen sogleich in Wellen auf ihre Schultern und bildeten einen starken Kontrast zu dem hellblauen Oberteil ihres Kleides. Immer noch nicht ganz zufrieden seufzte die junge Hexe, sie hatte jetzt keine Zeit mehr, sich um ihre Haare zu kümmern. Minerva erwartete sie bestimmt schon, um ihr eine Aufgabe zuzuteilen. Sie schnappte sich kurzerhand ihren Zauberstab und zog den Siegelring ihres Vaters auf ihren Finger, dann machte sie sich auf zur Eingangshalle, wo sich bereits das gesamte Kollegium versammelt hatte und aufmerksam Minerva lauschte, die den Ablauf des Festes noch einmal durchging. Unauffällig stellte sie sich neben Pomona und fragte sie im Flüsterton: „Was habe ich verpasst?" „Oh, nicht wirklich viel. Minerva macht nur noch ein paar letzte Ansagen", kam es von der Hauslehrerin Hufflepuffs zurück. Elenora lauschte den Anweisungen ihrer Tante und konzentrierte sich darauf, ob ihr Name auch genannt wurde. „... wird Pomona übernehmen, zur Begrüßung der Gäste im Vorhof habe ich Elenora und Aurora eingeteilt." Elenora nickte ihrer Tante zu, dagegen hatte sie nichts. Sie freute sich sogar, alte Bekannte und Schulfreunde wiederzusehen und willkommen zu heißen. „Ein frohes Fest euch allen!" beendete die Schulleiterin ihre Ansprache und begab sich sogleich mit Filius und Severus an ihrer Seite zurück in die große Halle. Aurora Sinistra kam auf sie zu und zusammen gingen sie die Einzelheiten ihrer Aufgabe durch. „Ich muss sagen, ich bin doch etwas aufgeregt", gab die Astronomie-Professorin zu und rieb sich die Hände. Zustimmend nickte Elenora und sah auf, als ein paar Schüler durch einen Seiteneingang gestürmt kamen. „Sie sind da! Die Gäste kommen!", riefen sie aufgeregt und rannten gleich weiter, um jedem die Botschaft zu übermitteln. „Also dann, gehen wir's an.", sagte Aurora und zusammen schritten sie durch den Seiteneingang hinaus auf den Vorhof, der sich langsam füllte. Während die Tische nach und nach besetzt wurden, ließ Elenora ihren Blick über die Menge streifen. Das erste was ihr auffiel, war eine Gruppe rothaariger Leute, die unverkennbar die Weasleys sein mussten. Gleich dahinter hatte sich eine Traube von Menschen um einen jungen Mann gebildet, welcher dann wohl Harry war. Weiter vorne entdeckte sie die violette Robe des Zaubereiministers und einige seiner Minister, die sich um einen Tisch versammelt hatten. Auch Aurora hatte ihn entdeckt und raffte ihren Rock zusammen. „Dann leg' ich mal los", sagte sie augenzwinkernd zu ihrer Kollegin und schritt geradewegs auf den Ministeriumstisch zu. Auch Elenora richtete sich auf und trat aus der Ecke zur Mitte des Hofes. Nachdem sie ihre anfängliche Nervosität losgeworden war, steifte sie durch die Menge und blieb ab und zu stehen um Hände zu schütteln und bekannte Gesichter zu grüßen. Sie winkte gerade einem alten Schulkameraden zu, als sie eine leichte Berührung an der Schulter spürte. Sie drehte sich um und sah erstaunt in die Gesichter von Lucius und Narzissa Malfoy, die sie anlächelten. „Lucius, Narzissa...welch eine Überraschung!", begrüßte die Gryffindor die beiden etwas perplex. Lucius ließ kurz den Blick umherstreifen, dann antwortete er: „Nun, wir waren uns selbst nicht ganz sicher, ob wir heute hier erscheinen sollten. Schließlich sind wir bei vielen immer noch... unbeliebt", schloss er mit einem etwas geknickten Lächeln. Narzissa hakte sich bei ihrem Mann unter und sah Elenora an. „Die Renovierung hat dem Schloss wirklich gutgetan, alles sieht so neu und frisch aus", kommentierte sie die Aussicht auf die Schlossmauern, um das Thema zu wechseln. „Ja, meine Tante hat sich wirklich ins Zeug gelegt was das anbelangt...", erwiderte Elenora, froh, die unangenehmen Tatsachen umgehen zu können. Während sie sich unterhielten, fiel Elenora etwas auf. Um sie herum hatten sich die meisten Leute zurückgezogen und manche warfen dem Ehepaar böse Blicke zu, was ja durchaus verständlich war. Aber die Reaktion der Malfoys darauf war das, was die junge Frau stutzig machte. Normalerweise hätte zumindest Lucius diese abwertenden Blicke erwidert oder sie mit erhobenem Haupt ignoriert, ganz in der Malfoy-Manier eben. Aber das Ehepaar stand jetzt dicht gedrängt beisammen, schüchterne und fast nervöse Blicke in die Gegend werfend. Beide versuchten möglichst unauffällig zu wirken und verhielten sich überhaupt nicht wie man es von der stolzen und mächtigen Familie gewohnt war. Bestimmt hingen ihnen ihre Taten immer noch hinterher und sie hatten Angst vor einem ähnlichen Ausbruch wie im Ministerium nach ihrer Anhörung. Elenora konnte nicht anders als die beiden zu bemitleiden, auch wenn sie die Verachtung eigentlich verdient hatten. Aber da die junge Professorin auch die andere Seite der kalten Fassade kennengelernt hatte, sympathisierte sie dennoch mit den Malfoys, vor allem nachdem Narzissa den Rebellen zum Sieg verholfen hatte. Leider war diese Tatsache aber nur wenigen bekannt, was die Situation der Malfoys nicht verbesserte. Narzissa schien ihre Gedanken lesen zu können und lächelte traurig. „Wenn es Ihnen unangenehm ist sich mit uns zu unterhalten, Elenora, nehmen wir Ihnen das nicht übel." Elenora starrte die beiden an. „Was? Oh nein, es ist mir ganz und gar nicht unangenehm!" Ein erleichtertes Grinsen huschte über Lucius' Gesicht und er richtete seine Krawatte. „Das freut uns zu hören. Nun..." Er sah seine Frau an, die seinen Blick für einen Augenblick erwiderte und dann tief Luft holte. „Ich weiß, ich habe Ihnen das schon im Anhörungssaal gesagt, aber wir sind Ihnen wirklich unglaublich dankbar, dass Sie Draco vor Askaban bewahrt haben. Allein der Gedanke, dass er jetzt dort anstatt zuhause sein könnte..." Sie erschauderte und Lucius strich ihr über den Arm. „Wenn wir uns irgendwie erkenntlich zeigen können... wir schulden Ihnen viel mehr als einen Gefallen.", beendete er die Rede seiner Frau. Elenora strich sich verlegen eine Haarsträhne hinters Ohr und suchte nach den richtigen Worten. „Das ist doch nicht nötig... ich habe nur getan was getan werden musste." Sie lächelte und drückte Narzissa die Hand. Lucius räusperte sich und sah sich um. „Nun denn, ich bin mir sicher, Sie wollen sich noch mit anderen Gästen unterhalten, deswegen werden wir uns jetzt wohl besser zurückziehen. Aber Sie wissen ja, unsere Tür steht für Sie immer offen!" Lächelnd verabschiedete sich die Gryffindor von dem Ehepaar und beobachtete, wie sie sich entfernten. Dann widmete sie sich wieder ihrer ursprünglichen Aufgabe, dem Begrüßen der Gäste zu. 

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