Das Licht der Mittagssonne schien warm auf Elenoras Gesicht und sie öffnete langsam die Augen. In ihrem Kopf herrschte eine absolute Leere und deshalb benötigte sie ein paar Minuten, bis sich motivieren konnte aufzustehen. Sie wunderte sich nicht, dass sie bis jetzt geschlafen hatte, schließlich war sie während der letzten Nacht öfters von Alpträumen und Weinanfällen geweckt worden. Kurz vor Sonnenaufgang wurde sie dann endlich wieder von der Müdigkeit übermannt und hatte wohl bis jetzt durchgeschlafen, denn es war es schon Zeit fürs Mittagsessen. Ihr Magen grummelte und Elenora erinnerte sich, dass sie gestern ja absolut nichts gegessen hatte. Eigentlich hatte die junge Frau keine große Lust, sich zu den anderen in die Große Halle zu gesellen, aber sie wollte Minerva nicht noch mehr beunruhigen und so tapste sie müde ins Bad. Tiefe Augenringe zeichneten sich unter ihren Augen ab, die vom vielen Weinen gerötet waren. Als auch das Wasser, was sich Elenora jetzt ins Gesicht spritzte, nichts half, setzte sie ihre eigentliche Morgenroutine einfach fort und trat wenig später fertig angezogen aus ihrer Tür. Sie ignorierte jeden Gruß ihrer Schüler und Kollegen, die auch auf dem Weg zum Mittagessen waren, denn sie war einfach nicht in der Stimmung mit irgendjemandem zu reden. So schritt die Gryffindor an den Tischen vorbei bis zu ihrem Platz am Lehrertisch und ließ sich nieder. Minerva strich ihr nur über den Arm; sie schien zu spüren, dass ihre Nichte nicht zum Reden aufgelegt war. Elenora übergab ihrem routinegewohnten Körper die Führung und ließ ihre Gedanken abschweifen. Die Schüler lachten, unterhielten sich und genossen das Essen, denn für sie war heute einfach ein gewöhnlicher Schultag. Das war es für alle, außer für Elenora, denn für sie war vor zwei Tagen eine Welt zusammengebrochen. Nichts war mehr normal. Die junge Frau fühlte sich einerseits schuldig, weil sie im Moment zu nichts zu gebrauchen war und Minerva sie freistellen musste, und zum anderen fragte sie sich, wie lange sie diesmal für die Verarbeitung ihres Herzschmerzes brauchen würde. Ihre Wut auf Damien kam wieder hoch und Elenora ballte ihre Faust um die Gabel in ihrer Hand. Mit einem tiefen Atemzug brachte Elenora ihre Emotionen unter Kontrolle, denn sie wollte nicht riskieren, wieder etwas zerspringen zu lassen. Stumm aß sie ihren Kartoffelsalat auf, dann schob sie ihren Stuhl zurück und stand auf. Ihre Augen trafen plötzlich auf die von Severus, der sie von der Seite ansah, aber nichts sagte. Deine Kommentare kann ich mir jetzt sparen, dachte Elenora und schritt erhobenen Hauptes an ihm vorbei zur Tür. Plötzlich hörte sie einen Schüler rufen, „Professor, ihr Freund ist da!" und sie erstarrte. Dann drehte sie sich langsam zu dem Schüler um, der gerufen hatte und fragte so ruhig wie möglich: „Wo ist er?" „Er kommt gerade die Brücke entlang!" Die Schüler wichen erschrocken zurück, als die Professorin ihren Zauberstab zückte und an ihnen vorbeirauschte. Energischen Schrittes überquerte sie den gepflasterten Hof und ging Damien entgegen, der auf dem letzten Stück der Brücke lief. Er lächelte ihr zur Begrüßung zu und wollte den Vorhof betreten, da schlug Elenora ihm plötzlich einen Abwehrzauber entgegen, der ihn einige Schritte zurückweichen ließ. Sein Lächeln verschwand und er sah seine Freundin fragend an. „Ist alles in Ordnung, Schatz?" Elenoras Wut wallte mit einem Mal in ihr hoch und sie pfefferte noch einen Abwehrzauber auf den Slytherin. Damien schien langsam zu verstehen, dass die Gryffindor sauer auf ihn war und er hob beschwichtigend die Hände. „Hey, ganz ruhig. Was ist denn los?" Elenora lachte kalt auf. „Was los ist?" Sie starrte Damien wütend an und zischte: „Wieso fragst du das nicht deine kleine Freundin aus der Bar?" Damien sah zuerst verwirrt drein, dann kam die Erkenntnis und seine Augen wurden groß. Doch bevor er etwas sagen konnte, musste er sich vor dem nächsten Zauber ducken, der knapp über ihn hinwegschoss. „Wie konnte ich so unglaublich dumm sein und dir vertrauen? Dir wirklich glauben, dass du nicht wieder fremdgehst?" Elenoras Wut vermischte sich mit Schmerz und Tränen benetzten ihre Wangen. Sie hob ihren Zauberstab erneut, doch Damien gebot ihr einzuhalten. „Warte, du verstehst das falsch-" „Ich verstehe das FALSCH? Was ist denn daran falsch zu verstehen, wenn du deine Zunge einer anderen in den Hals steckst?" „Nein, so war das nicht, ich schwöre, ich wollte das nicht!" „Du sahst aber ziemlich glücklich aus, Durant! So glücklich, dass du nicht einmal bemerkt hast, dass deine Freundin drei Meter weiter weg steht!", spie Elenora ihm entgegen. Damien ließ seine Hände sinken und sah sie bittend an. „Ich war betrunken, El. Ich weiß nicht einmal mehr, wie sie heißt... es war nicht meine Absicht." „RICHTIG, denn deine Absicht war es ja eigentlich, mit dem Zug nach London zu einer wichtigen Versammlung zu fahren, war es nicht so?" Damien fühlte sich sichtlich unwohl. „Elenora, bitte lass mich erklären- " „Dasselbe hast du letztes Mal auch gesagt und ich habe dir geglaubt! Aber du hast mich schon wieder belogen und mir das Herz gebrochen, also NEIN, ich lasse dich nicht erklären!" Elenora stieß zitternd den Atem aus und schaffte es nicht mehr, ihrer Stimme Kraft zu verleihen. „Wie konntest du mir das schon wieder antun?", flüsterte sie und sah Damien tief verletzt an. Der Slytherin mache einen Schritt auf sie zu, doch die junge Frau wich sofort zurück. „Mach, dass du wegkommst, und komm ja nicht auf die Idee, dich hier jemals wieder blicken zu lassen", sagte Elenora kalt und starrte ihren Exfreund so lange böse an, bis er endlich ein paar Schritte rückwärts machte. Damien sah sie noch ein letztes Mal flehend an, dann seufzte er resigniert und drehte sich um. Elenora beobachtete, wie er die Brücke zurücklief und stieß einen verzweifelten Seufzer aus, sobald er außer Hörweite war. Selbst als der Slytherin hinter der Appariergrenze verschwand, stand sie noch da und starrte ihm nach. Dann drehte sie sich ebenfalls um und lieg gebeugt zurück zum Schloss. Der Korridor des Vorhofes war gefüllt mit Schülern und alle sahen sie mit großen Augen an, als sie den Pflasterstein betrat. Elenora hob plötzlich den Kopf und starrte stoisch in die Menge. „Müsstet ihr alle nicht längst im Unterricht sein? Los, sonst gibt es Punkteabzug!", rief sie und die Schüler liefen unter ihrem kalten Blick zurück ins Schulhaus. Als der Hof leer war, stand nur noch die Gryffindor etwas verloren in der Mitte, bis sich eine weitere Person aus den Schatten löste und auf sie zutrat. Elenora hob den Kopf und sah Snape an, der sich ihr vorsichtig näherte. „Das mit Durant tut mir leid, Elenora.", sagte er ruhig und blickte sie aus seinen dunklen Augen an. Stumm starrte die Gryffindor den Mann an, der zum ersten Mal seit dem Krankenflügel-Vorfall wieder ihren Vornamen benutzt hatte. Als sie nichts sagte, fügte Severus noch hinzu: „Er hat es nicht verdient, dass du ihm nachtrauerst. Lass dich von so etwas nicht herunterziehen." Elenora fühlte nichts als Kälte in ihrem Inneren und dann hörte sie sich selbst sagen: „Sagt der Mann, der einem Mädchen seit 20 Jahren hinterhertrauert." Mit der Sekunde, als das letzte Wort ihrem Mund entwich, bereute sie es auch schon. In Severus Augen blitzte für den Bruchteil einer Sekunde Schmerz auf und er machte einen Schritt zurück. Elenora biss sich auf die Lippen, dann rannte sie zum Seiteneingang des Schlosses und stürmte quer durch das Gebäude bis zu ihrem Zimmer. Außer Atem und völlig am Ende ließ sie sich auf ihr Bett fallen und begann, heftig zu weinen. Sie hatte das nicht sagen wollen; sie hatte ihren Schmerz nicht an Severus auslassen wollen. Aber der Satz war ihr einfach rausgerutscht und sie wusste, dass sie damit einen wunden Punkt getroffen hatte. Mal wieder hatte sie einen Menschen verletzt, der ihr nur hatte helfen wollen. Du bist ein hoffnungsloser Fall, McGonagall, sagte Elenora bitter zu sich selbst und schloss die Augen. Sie sah den schmerzlichen Gesichtsausdruck von Damien vor sich, als er erkannte, was er angerichtet hatte. Hätte ich ihn anhören sollen? Das war die Frage, die Elenora auch schon auf der Brücke durch den Kopf geschossen war. Aber dieser Mann verdiente keine weitere Chance mehr, jetzt nicht mehr. Sie hatte ihm ohnehin schon zu viele gegeben. Elenoras Augen schmerzten vom vielen Weinen und sie raufte sich die Haare. „Er hat es nicht verdient, dass du ihm nachtrauerst." Die Worte von Severus hallten in ihrem Kopf wider und sie realisierte, dass er Recht hatte. Damien Durant war es einfach nicht wert, auch nur einen weiteren Gedanken an ihn zu verschwenden. Elenora drehte sich auf den Rücken. Severus hatte sich wirklich überwunden ihr beizustehen und sie hatte ihn hart abgewiesen. Diese Freundschaft ist vorbei, sieh es endlich ein, flüsterte eine Stimme in ihr und Elenora wurde schmerzlich bewusst, dass sie recht hatte. Die Gryffindor hatte die Chance, die Distanz zwischen ihnen zu überbrücken, endgültig ruiniert. Diese Erkenntnis ließ die junge Frau Schmerz, Trauer und Schuld gleichzeitig fühlen und ihre Tränen rannen schneller über ihr Gesicht. Elenora weinte nicht mehr wegen Damien, diesen Slytherin hatte sie heute ein für alle Mal aus ihrem Leben gestrichen. Nein, sie weinte, weil sie jetzt auch den Mann, den sie auf eine andere, familiäre Weise geliebt hatte, verloren hatte. Lange lag die Gryffindor einfach nur auf ihrem Bett und versuchte, den Schmerz in ihrem Inneren zu unterdrücken; einzusperren. Doch es gelang ihr nicht und so schloss sie einfach nur kraftlos die Augen.
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A Hogwarts Love Story
Fanfiction(ABGESCHLOSSEN) Nach dem Sieg über Voldemort wird Hogwarts wiederaufgebaut und eine neue Ära beginnt, doch was wird sie bringen? Dies ist eine Geschichte aus der Sicht der jungen Lehrerin Elenora, eine Geschichte über familiäre, freundschaftliche un...